Verruchte Begierde: Roman (German Edition)
Frau über Jahre hinweg tatenlos mit angesehen hat, wie ihr Mann den Jungen verprügelt hat, bis der zum Mörder geworden ist. Und Sie haben sie auch nicht gefragt, weshalb sie keine psychologische Hilfe für den Jungen in Anspruch genommen hat, als er wegen versuchter Vergewaltigung festgenommen wurde. Damals war er gerade zwölf.«
Ihr war klar, er hatte recht, aber das gestünde sie noch nicht einmal sich selber jemals ein. »Davon habe ich nichts gewusst.«
»Und Sie haben es sich auch nicht zur Aufgabe gemacht, es herauszufinden.«
»Sie brauchen mir nicht zu sagen, wie ich meine Arbeit machen soll!«
»Da haben Sie vollkommen recht. Ich bin nicht Ihr Kritiker, also hören Sie auch bitte auf, sich als meine Kritikerin aufzuspielen, ja?«
Ihnen wurde gleichzeitig bewusst, dass sie ziemlich laut geworden waren. Sie sahen besorgt in Richtung der Männer an der Theke, und einer von den Kerlen zwinkerte und prostete Hunter fröhlich zu.
Hunter blickte wieder Kari an. Das Letzte, was er wollte, war ein Streit mit ihr. Viel lieber wäre er mit einer Hand durch ihre blonde Lockenmähne gefahren, hätte an ihrem Perlenohrstecker geknabbert und sie lächelnd angesehen.
»Ihre Kollegen werden sicher ziemlich sauer sein, wenn wir während der weiteren Verhandlung keine Kameras mehr im Gerichtssaal zulassen«, fuhr er leise fort.
»Und was werden Sie tun, falls ich Sie nicht in Zukunft als edlen Ritter darstelle?«
Er stieß einen Seufzer aus. So viel zu seinem Versuch, an ihre Vernunft zu appellieren und sie freundlich dazu zu bewegen, dass sie ihn endlich in Ruhe ließ. »Das werde ich tun, falls Sie weiter direkt oder indirekt den Beschuldigten als unschuldiges Opfer darstellen.«
»Ihnen ist natürlich klar, dass das Fernsehen ein visuelles Medium ist und es ohne Filmaufnahmen keine Story für mich gibt.«
Er sah sie mit einem charmanten Lächeln an. »Natürlich.«
Genervt wandte sich Kari ab. Er räumte unumwunden ein, dass er alles in seiner Macht Stehende unternehmen würde, um sie zukünftig daran zu hindern, ihm die Arbeit zu erschweren. »Sie haben schon mal versucht, Kameras verbieten zu lassen, ohne dass der Richter diesem Antrag stattgegeben hat.«
»Ich glaube, dieses Mal wird er es tun. Falls nämlich
die Presse zu stark in eine Richtung schwenkt, könnte die Verteidigung wegen fehlerhafter Prozessführung Zeter und Mordio schreien, und ich glaube nicht, dass der Richter einen Mörder wegen eines Verfahrensfehlers laufen lassen müssen will.«
Sie griff nach ihrer Handtasche. »Auch mir liegt nichts daran, dass ein Killer freigelassen wird, Mr McKee.« Sie glitt von ihrem Stuhl, und er machte es ihr nach.
»Dann versprechen Sie also, mich während der Verhandlung nicht mehr derart abzulenken?«
»Ach, lenke ich Sie ab?«
Sie legte ihren Kopf zurück und blickte zu ihm auf. Sie hatte flapsig klingen wollen, nicht flirtbereit. Doch so, wie er ihr in die Augen sah, bekam ihre Frage plötzlich einen völlig anderen Sinn. Sie hätte alles dafür gegeben, sie zurücknehmen zu können. Aber dafür war es eindeutig zu spät.
»Ja. Sie lenken mich ab.«
Noch beunruhigender als sein Blick war der leise, krächzende, intime Ton, in dem er sprach. Obwohl sie einander nicht berührten, kam es ihr so vor, als dränge seine Stimme durch den Stoff von ihrer Kleidung und lege sich weich auf ihre Haut.
»Ich muss zurück zum Sender«, meinte sie und fragte sich, weshalb sie plötzlich nur noch mühsam Luft bekam. »Ich verspreche Ihnen nichts, aber vielen Dank für das Getränk.«
Hunter sah ihr hinterher und überlegte, ob er zu ihr durchgedrungen war. Sie war verdammt nervös.
Und verdammt begehrenswert.
Eine Stunde später saß Kari am Schneidetisch und erforschte ihr Gewissen. Sie hatte sich Mikes Aufnahmen inzwischen zweimal angesehen. Sie waren vollkommen neutral. Von dem, was sie erzählte, oder eher davon, wie sie es erzählte, hinge ab, welches Bild das Publikum von dem jungen Angeklagten und der ihm zur Last gelegten Tat bekam.
Hunter McKee hatte sie tatsächlich zum Nachdenken gebracht. Ihre persönlichen Gefühle für den Mann sollten in ihrem Job nicht die geringste Rolle spielen. Sollten keinen Einfluss darauf haben, welche Richtung ihre Story nahm.
Wohin würde ihr Feldzug sie auf Dauer führen? Was würde sie dadurch gewinnen? Sicher zöge sie sich nur den Zorn der anderen Reporter zu. Bisher war sie bei den Kollegen äußerst angesehen. War ihre Vendetta gegen diesen Typen es
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