Verruchte Lady
würde, wenn du verstehst, was ich meine.«
»Nein, Meredith, ich verstehe nicht, was du meinst. Was willst du damit sagen?«
Die Röte auf Merediths Wangen vertiefte sich. »Die Sache ist die. Nach der Erfahrung, die ich vor acht Jahren mit Wylde gemacht habe, kenne ich sein Temperament. Phoebe, ich habe mir solche Sorgen gemacht, daß er dir gegenüber nicht freundlich oder geduldig genug sein könnte.«
Phoebe runzelte die Stirn. »Er hat mich nicht geschlagen, falls du das meinst.«
»Nicht unbedingt.« Meredith sah sich eilig um und kam offensichtlich zu dem Schluß, daß der Page außer Hörweite war. »Was ich sagen will, ist, daß ich fürchte, daß er sich wahrscheinlich im Schlafzimmer, vorsichtig ausgedrückt, nicht gerade wie ein Gentleman benimmt. Er hatte immer schon viele Ecken und Kanten, und ich hatte Sorge, daß er, wenn er wütend ist, die natürlichen Empfindlichkeiten einer Lady vielleicht nicht berücksichtigen würde.«
Phoebe starrte sie verblüfft an. »Großer Gott, Meredith. Wenn du dir Sorgen darüber machst, wie Wylde sich als Liebhaber aufführt, dann kann ich dich beruhigen. Das ist eines der wenigen Dinge, die er bisher richtig gemacht hat.«
In Laceys Buchladen angekommen, erklärte Phoebe ihrer Schwester, daß sie sich ein bestimmtes Buch ansehen wolle, das im Hinterzimmer des Geschäfts für sie hinterlegt worden war. Weder der Angestellte noch Meredith zeigten sich sonderlich überrascht. Phoebe sah sich häufig irgendwelche besonderen Bücher an, die bei Lacey für sie bereit lagen.
»Ich werde mich hier ein bißchen umsehen, solange du dir deine alten Bücher anguckst«, sagte Meredith. »Aber beeil dich, Phoebe. Ich will heute nachmittag noch zu meiner Handschuh- | macherin.«
»Es wird nicht lange dauern.«
Lacey hatte einen öligen Lappen in der Hand und widmete sich gerade mit der Aufmerksamkeit eines eifrigen Liebhabers seiner großen Druckerpresse. Er blickte auf und blinzelte, als Phoebe das Hinterzimmer betrat.
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»Haben Sie es, Mr. Lacey?«
»Da drüben auf dem Tisch. Kam vor etwa ’ner Stunde.« Lacey zog seine Ginflasche aus der Schürzentasche und nahm einen kräftigen Schluck. Dann wischte er sich mit dem Handrücken über den Mund und sah sie mit einem gierigen Blitzen in den Augen an. »Nehme an, wir werden damit ’n hübsches Sümmchen verdienen, oder?«
»Ganz bestimmt, Mr. Lacey. Ich komme später noch einmal zu Ihnen.« Phoebe schnappte sich das Manuskript und stürzte aus dem Hinterzimmer.
Meredith warf einen kurzen Blick auf das Paket unter ihrem Arm und schnalzte mit der Zunge. »Wie ich sehe, hast du schon wieder ein Buch gekauft.«
»Dies hier ist wirklich einzigartig«, versicherte ihr Phoebe.
Drei Tage später stieß Phoebe auf dem großartigen Ball, den alte Freunde des Grafen und der Gräfin von Clarington gaben, mit ihrer Mutter zusammen.
Lydia sah sie prüfend an. »Da bist du ja, meine Liebe. Ich habe dich schon gesucht. Wo ist dein Mann?«
»Wylde sagte, er würde später kommen. Du weißt ja, er mag Bälle und Soireen nicht besonders.«
»Ja, ich weiß.« Lydia lächelte milde. »Da wir gerade von Wylde sprechen - ich nehme an, es ist noch etwas zu früh, um ihn um ein kleines Darlehen zu bitten? Ich hatte gestern bei Lady Rantley etwas Pech. Natürlich werde ich das Geld bald zurückgewinnen, aber bis dahin fehlt es mir an den nötigen Reserven, um meine geringfügigen Ehrenschulden zu begleichen.«
»Bitte Wylde um alles, was du willst, Mama. Nur erwarte nicht, daß ich das für dich tue.«
»Also wirklich, Phoebe, ich glaube kaum, daß es angemessen wäre, wenn ich mich direkt an ihn wenden würde.«
»Ich wüßte nicht, warum du das nicht tun solltest. Wie
kommt es, daß du bei Lady Rantley so viel verloren hast? Ich dachte, du gewinnst im allgemeinen, wenn du bei ihr spielst.«
»Das tue ich auch«, sagte Lydia nicht ganz ohne Stolz. »Abe gestern gab es einfach viel zuviel herrlichen Klatsch, und irgendwie habe ich mich anscheinend mehr darauf konzentriert als auf meine Karten. Das ist immer ein Fehler.«
»Was für Klatsch?«
Lydia beugte sich weiter vor. »Anscheinend sieht man Lord Prudstone in letzter Zeit häufiger in einem Nobeletablissement mit dem Namen Samthölle. Seine Frau ist dahintergekommen und ist außer sich. Es heißt, sie will sich dafür an ihm rächen.«
»Das sollte sie auch tun«, erklärte Phoebe. »Was ist diese Samthölle ? Davon habe ich noch nie etwas gehört.«
»Das will ich auch
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