Verrückt bleiben
Bereisen Sie die Gegenden, von denen Sie immer geträumt haben, die Sie aus Büchern, aus Filmen, aus Erzählungen kennen. Was sind Ihre Sehnsuchtsorte? Wollen Sie den Kilimandscharo besteigen? Wollen Sie die Niagarafälle sehen? Über den Mekong schippern? Die Sixtinische Kapelle besuchen? Wollen Sie in alle Weltmeere pinkeln? Los geht’s! Und sagen Sie mir nicht, Sie haben dafür kein Geld. Es müssen ja nicht die Malediven sein. Es muss auch kein Fünf-Sterne-Hotel sein. Vermieten Sie Ihre Wohnung, verkaufen Sie Ihren Plasmafernseher, lösen Sie Ihren Bausparvertrag auf. Reisen Sie weit weg, schauen Sie von dort aus auf Deutschland. Sind wir wirklich so toll? Sind wir wirklich so wichtig?
Reisen Sie mit kleinem Gepäck, halten Sie nicht an Ihren Essgewohnheiten fest. Probieren Sie etwas Neues. Kaufen Sie in Bangkok am Straßenrand gebratene Kakerlaken, und kosten Sie die. Laufen Sie barfuß in Lappland im Schnee. Schließen Sie Freundschaft mit Einheimischen, lernen Sie von ihnen. Lassen Sie sich von einem Inder in einen Sari wickeln, hauen Sie ein Loch ins Eis, und fangen Sie einen Fisch. Essen Sie mit den Händen wie ein Eingeborener. Gehen Sie als freiwilliger Helfer nach Afrika. Lassen Sie sich in Peking im Hotel eine Visitenkarte geben und laufen Sie einfach los, kreuz und quer durch die Stadt, wenn Sie verlorengehen, zeigen Sie einem Taxifahrer die Visitenkarte, er bringt Sie sicher zurück.
Machen Sie es wie Clint Eastwood in »Die Brücken am Fluss«. Er ist ein Fotograf, ein durch und durch freier Mann. Und dann lernt er eine Frau kennen, gespielt von Meryl Streep, eine Farmerin aus Iowa. Streep vertritt ein anderes Lebenskonzept: die Häuslichkeit, das Statische, die Familie. Er fragt sie, woher sie kommt. Sie sagt: »Wir lebten in einer ziemlich kleinen Stadt an der italienischen Ostküste. Niemand hat jemals davon gehört: Bari.« – »Ich kenne Bari«, sagt Eastwood. »Ich hatte mal einen Auftrag in Griechenland, und da fuhr ich durch Bari. Vom Zug aus konnte ich sehen, dass es eine ganz hübsche Stadt war. Ich bin ausgestiegen und für ein paar Tage geblieben.« Meryl Streep ist perplex. »Sie stiegen einfach aus dem Zug, nur weil es hübsch aussah?«, fragt sie. »Ja«, sagt er, »nur deswegen.«
19. Nieder mit dem Glück der Unterwerfung
(Ein Kapitel nur für Frauen)
»Warum zum Teufel! bin ich nur eine Frau geworden? Ich bin verdammt, allein durch mein Geschlecht, niemals eine Freundschaft zu finden, weil kein Mann imstande ist, die Seele vom Körper zu trennen, weil nicht einer versteht, dass ich geliebt werden will um meines Geistes, meiner Begabung, oder, um noch einmal das Wort zu gebrauchen, meiner Seele willen; weil jeder erwartet, dass ich gute Gespräche, die Neigung eines geistreichen Mannes durch Beischlaf erkaufe. Es ist zum Kotzen!«
Brigitte Reimann
Stellen Sie sich vor, alles wäre andersherum gekommen. Die Bibel erzählte nur von mächtigen Frauen, die Kathedralen wären von Frauen erbaut, ausschließlich Frauen stünden an der Spitze von Wirtschaft, Politik und Religion. Sie wären schwammig, röchen nicht gut, hätten Glatzen, Plautzen und haarige Rücken, aber wer Königin ist, der muss ja nun nicht auch noch schön sein. Die Frauen trügen Krawatten, würden fast aus ihren Anzügen platzen, ihre Geschäftsdeals in Callboy-Bars machen und sich von Männern mit Plüschhäschen-Ohren die Drinks servieren lassen. Nur junge natürlich, denn alte Männer sind eklig. Wer will schon alte Männer anfassen. Keine Sau. Und erst recht keine Frau. Unsere Lustknaben müssten mit den Ärschen wackeln, enthaarte durchtrainierte Brüste zeigen und enge, penisumspielende Hosen tragen, die uns scharf machen sollen. Selbst wenn sie in Harvard studiert hätten, 20 Sprachen sprächen und einen IQ von 220 vorweisen könnten – wir würden sie nie Karriere machen lassen, einfach nur, weil sie Männer sind. Wir würden das Gerücht streuen, dass Männer kleinere Gehirne hätten und nur für die Aufzucht von Kindern geeignet seien. Wir würden männliche Models buchen, die in sexy Dessous auf Autohecks herumkröchen. Die Männer würden uns umschwänzeln, sie würden für uns kochen, unbequeme Stöckelschuhe und unpraktische Langhaarfrisuren tragen. Nur einige Männer, größtenteils alte und hässliche, würden sich zusammenschließen und als Maskulinisten die weibliche Herrschaft bekämpfen. Natürlich würden wir sie verlachen, bloßstellen und dafür sorgen, dass sie keinen Fuß mehr
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