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Verrueckt nach Brause

Verrueckt nach Brause

Titel: Verrueckt nach Brause Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Groger
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möchte Ihnen nichts schuldig bleiben.“ Damit zücke ich
mein Portemonnaie und halte ihr einen 10-Euro-Schein hin.
    „Ja, danke und
schönen Tag noch“, sagt sie schon im Weggehen.
    Dusselige Kuh, als
ob die auf meine 10 Euro angewiesen wäre, denke ich, als ich ihr hinterher
schaue, wie sie in ihrem teuren Kostümchen auf hohen Hacken davon stöckelt.
    Als ich in die
Kinderbetreuung komme, läuft mir schon die Leiterin, Frau Pröbsting, entgegen.
    „Frau Fischer, ich
muss Sie unbedingt mal kurz sprechen.“
    „Um was geht’s
denn?“
    „Also, ihr Sohn,
sein Verhalten lässt in letzter Zeit sehr zu wünschen übrig. Er ist oft bockig,
befolgt unsere Anweisungen nicht und seine Ausdrucksweise“, dabei rollt sie
theatralisch mit den Augen.
    „Das ist mir neu.
Ich werde mal mit ihm sprechen. Was meinen Sie denn mit Ausdrucksweise?“
    „Er nimmt Worte in
den Mund, die ich nur ungern wiederholen möchte.“
    „Und doch fände ich
es hilfreich, wenn Sie mir sagen würden, um welche Worte es sich handelt.“
    Sie hält die Hand
vor den Mund, während sie mir zuflüstert:
    „Wichser, Nutte,
Hurensohn und so ein Zeugs.“
    „Ach, Du je, zu wem
sagt er denn sowas?“, frage ich.
    „Na, zum Glück nicht
zu den Betreuerinnen, aber zu den anderen Kindern. Bitte unterbinden Sie das.
So einen Jargon wollen wir hier nicht haben.“
    „Na, den hat er
bestimmt nicht von zu Hause. Sowas habe ich ihn noch nicht sagen gehört“,
antworte ich peinlich berührt.
    Den werde ich mir
gleich mal vorknöpfen. Wahrscheinlich redet er das nur wieder irgendeinem Kind
nach.
    Als ich später zu
Hause mit Tom rede, stellt sich raus, dass ihm die Verwerflichkeit dieser Worte
nicht bewusst war.
    „Von wem hast Du denn
solche Ausdrücke?“, frage ich Tom.
    „Na, von Till und
Karla. Wenn die sich streiten, dann sagt Till immer zu seiner Schwester, sie
wäre eine Nutte und sie sagt dann Wichser und Hurensohn zu ihm.“
    Sieh an, sieh an,
die wohlerzogenen Waldorfkinder. Vielleicht sollte ich Margot mal anrufen und
ein paar Rahmenbedingungen zum allgemeinen Umgangston abstecken. So nach dem
Motto: Solche Ausdrücke tun meinem Kind gar nicht gut. Ich lasse es lieber und
nachdem Tom mir versprochen hat, solche Dinge nicht mehr zu sagen, ist die
Sache für mich dann auch erledigt.
    Schließlich habe ich
ohnehin bald einen Termin bei einem Sozialdienst, weil mir Toms Lehrerin, Frau
Schneider, geraten hat, meinen Sohn einmal im Hinblick auf seine
Konzentrationsfähigkeit testen zu lassen.
    Am Abend logge ich
mich ein mit dem festen Vorsatz, Dirk um ein Treffen zu bitten. Irgendwie fühle
ich mich aber nicht gut dabei. Ist das nicht Sache des Mannes?, denke ich ganz
altmodisch.
    Und wenn das jetzt
doch alles Unsinn war, was die Madame Margo gesagt hat? So mit einem Tag
Abstand betrachtet, kommt mir die ganze Sache doch wieder sehr dubios vor.
Obwohl andererseits, wie konnte es sein, dass die Karten so gut zu meiner
Situation passten? Ich bin wieder hin- und hergerissen.
    Aber da Dirk sowieso
nicht online ist, habe ich noch eine Galgenfrist.
    Da klingelt mein
Telefon. Es ist meine italienische Freundin Francesca, die auf Sizilien lebt.
Sizilianische Freundin müsste man wohl richtigerweise sagen. Ich glaube, die
Sizilianer betrachten sich nicht als Italiener, oder wie war das da noch mal?
Geschichte und Erkunde waren schon zu Schulzeiten nicht meine Stärke. Außerdem
wurde Francesca in Rom geboren, also ist sie doch Italienerin. Wie auch immer,
ich freue mich unbändig über ihren Anruf. Leider sind unsere Telefonate viel zu
selten. Seit sie vor drei Jahren mit ihrer Familie zurück nach Italien/Sizilien
gegangen ist, beschränkt sich unsere Freundschaft leider meist nur auf
Mailkontakt.
    Kennengelernt haben
wir uns damals im Kindergarten. Sie ist mir gleich auf dem Kennenlernfest
aufgefallen. Eine wunderhübsche zierliche Frau mit glattem schwarzem Haar und
lustigen Sommersprossen. Wir machten eines dieser mir total verhassten Spiele,
die das Eis zwischen den Eltern brechen sollten. Die Mütter, die wie auf den
meisten Kindergartenfesten in der Überzahl waren, sollten sich gegenseitig
einen Ball zuwerfen. Der Fänger musste dann seinen Vornamen nennen und etwas,
was er gerne isst, das mit dem gleichen Buchstaben anfängt wie der Name. Als
ich meinen Ball aufgefangen hatte, sagte ich dann auch brav meinen Spruch auf:
    „Hallo, ich bin die
Birgit und esse gerne Brokkoli.“
    Heute würde ich wohl
eher sagen:
    „Ich bin die Birgit
und esse

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