verrueckt nach dir
wie kein anderer. Dein System ist rein und stark und braucht keine Hilfsmittel, um konkurrieren zu können. Du bist ein wahrer Athlet mit der Chance auf eine großartige Karriere. Du bist wahrlich gesegnet, was das angeht, Sergio! Ich dachte, du weißt das ...?«
Ewa fiel ihm ungeduldig ins Wort: »Vielleicht will Sergio einen ordentlichen Beruf erlernen, Pawel, was weißt denn du und drängst ihn! Er ist nicht Malik! Sergio wird selber wissen, was gut für ihn ist.«
Beide starrten neugierig zu Sergio, der scheinbar ungerührt seinen Kuchen aß.
Er schluckte seinen Bissen herunter und kräuselte die Stirn. »Illegale Kämpfe fordern irgendwann ihren Tribut, Pawel«, sagte er. »Deswegen hab ich aufgehört. Das heißt aber nicht, dass ich euch nicht mehr besuchen komme.«
Das folgende Schweigen zeigte deutlich, dass Pawel und Ewa von Sergios Antwort angetan waren, auch wenn sie seine Begründung nicht wirklich verstanden hatten.
»Na, das will ich doch hoffen«, erwiderte Pawel schließlich und klopfte Sergio auf die Schulter. »Dennoch solltest du dir über eine legale Karriere Gedanken machen ... bevor es zu spät ist.«
Ich war mir sicher, dass Pawels müde alte Augen auf einmal gerötet und feucht waren.
Später zeigte mir Ewa das Fotoalbum ihres Sohnes, während Sergio und Pawel ein »Männergespräch« führten, wie sie es scherzhaft genannt hatte.
Die Bilder berührten mich.
Ich erfuhr, dass Malik bei seinem Tod erst neunzehn Jahre alt gewesen war. Er habe davon geträumt, Profi-Boxer zu werden, sei aber des schnellen Geldes wegen in die illegale Fight-Szene abgerutscht. Ohne ihr Wissen habe er sich mit Anabolika und anderen gefährlichen Mitteln vollgestopft, um Muskeln aufzubauen, aber irgendwann habe er die Kontrolle über die Mengen verloren. Ewa behauptete, dass der Glaube ihr helfe, den Verlust zu ertragen ... und Sergio ... der Malik damals im Krankenhaus jeden Tag besucht habe. Sie sagte, sie wisse genau, wie sehr Sergio mit Gewissensbissen gekämpft hätte, und sie hoffe, dass er sie endlich überwunden habe.
Ich lächelte, doch am liebsten hätte ich geweint ... vor Trauer, Glück, Liebe und all dem Verlangen, das Sergio in mir ausgelöst hatte. So verrückt es auch schien, ich fühlte mich, als wäre ich vor keinem menschlichen Gefühl der Welt mehr sicher, als wäre ich hypersensibel für alles, was von nun an um mich herum und mit mir geschah.
»Wir schauen noch in die Scheune rein«, sagte Sergio und zwinkerte mir dabei kurz zu, als wir allesamt in der Diele standen.
»Aber sicher, wie ihr möchtet!« Pawel grinste merkwürdig. »Und denk dran, was ich dir gesagt habe!«, fügte er mit erhobenem Zeigefinger schnell hinzu.
Das alte Paar verabschiedete uns an der Haustür mit Umarmungen und Küssen, als würde sie uns schon ein Leben lang kennen. Dann verschwanden sie wieder in ihrem Haus.
Sergio nahm meine Hand, und ich drückte mich sicherheitshalber fest gegen seine Seite, als wir zur Scheune rüberliefen. Unruhig schwirrte mein Blick über den Hof.
Ich atmete auf.
Die Hunde schienen das Interesse an uns verloren zu haben, denn sie blieben an ihrem schattigen Platz faul liegen und kümmerten sich nicht mehr um uns.
Das Scheunentor war zweitürig und sehr groß. Sergio schob den verrosteten Riegel zur Seite und öffnete einen Flügel weit genug, dass wir hineinschlüpfen konnten.
Zu meinem Erstaunen roch es in der Scheune weder modrig noch nach Schimmel, so wie ich es erwartet hatte, sondern angenehm holzig und nach frischem Heu. Schummriges Licht umgab uns und kreierte eine lauschige Atmosphäre. Ich sah mich neugierig um, während Sergio mich mit verschränkten Armen schmunzelnd beobachtete.
Wie und mit was, bitte schön, wurde hier denn trainiert? Ich lief ein paar Schritte vor, vorbei an einem Haufen Traktorräder, die übereinandergestapelt waren. Hier und da lagen ein paar Harken und Schaufeln herum, ansonsten war die Scheune einfach nur groß und leer. Weiter hinten entdeckten meine Augen unter dem abgeschrägten Dach einen Heuboden. Durch ein kleines Fenster fiel Sonnenlicht auf das Heu und ließ einen Streifen hell leuchten. Dicht davor baumelte ein dickes Seil von einem Balken herab, als wäre es der einzige Weg hinauf.
Ich lief weiter und drehte mich im Kreis. Mein Blick traf Sergios Augen, die mich mit einer durchdringenden Intensität beobachteten. Etwas in mir drin geriet in helle Aufregung und mein Herz begann wild zu klopfen. Ich riss meinen Blick von
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