verrueckt nach dir
kleinere Gebäude, die nach Stall und Scheune aussahen, sofern ich das beurteilen konnte, aber alles in allem wirkte der ganze Hof ziemlich still und verlassen.
»Die haben paar Kühe und Hühner, nur für den Eigenbedarf. Kein Betrieb, der was erwirtschaftet, wenn du das meinst. Ist hier mehr so ein Liebhaber-Besitz.«
»Aha, und gehört wem? Woher kennst du die Leute?«
»Ich hab letztes Jahr gegen ihren Sohn gekämpft ... Malik Kowalsky ...« Sergios Gesichtsausdruck wurde ernst. »Er ist gestorben.«
Erschrocken sah ich zu ihm hoch.
»Nicht wegen mir, Lexi.« Er hielt kurz inne, dann sagte er: »Ich hab ihn zwar in der dritten Runde k.o. geschlagen, aber gestorben ist er Monate später an Nierenversagen.«
»Oh, tut mir sehr leid«, sagte ich bekümmert. Auch wenn ich den Jungen nicht gekannt hatte, machte mich diese Information doch sehr betroffen.
»Mir auch.«
Sergio atmete tief durch und lächelte wieder. »Seine Eltern sind toll, stammen aus Polen. Lernst sie gleich kennen, komm.«
Das Bauernhaus war ein schönes altes Gebäude mit einem imposanten Reetdach, das ihm ein uriges Aussehen verlieh.
Sergio klopfte mit der Faust gegen die schwere Holztür und rief: »Pawel!«
Wenig später wurde die Tür von einem älteren Mann mit schlanker Statur geöffnet. »Ah, Sergio, ihr kommt genau zur richtigen Zeit. Ewa hat gerade den Nusskuchen aus dem Ofen geholt.« Die blassblauen Augen des Alten sahen mich neugierig an. »Und du bist dann die Lexi ...?« Er reichte mir eine große raue Hand.
»Ich liebe Nusskuchen«, sagte ich prompt aus der momentanen Verlegenheit heraus, und Pawel sah zwinkernd zu Sergio und lächelte stumm. Mindestens tausend Lachfältchen bildeten sich in seinem alten Gesicht, das tief gebräunt und ledrig wirkte. Er hatte kaum Haare auf dem Kopf und lief ein wenig gebeugt, als hätte er einen leichten Buckel. Die Herzlichkeit jedoch, die von ihm ausging, zauberte ein Strahlen auf unsere Gesichter. Hand in Hand folgten Sergio und ich ihm in die Wohnküche.
Pawels Frau Ewa war eine kleine runde Person mit kurzen hellbraunen Haaren und roten Wangen, die uns mindestens genauso warmherzig begrüßte wie ihr Mann und sofort an den Tisch bat. Sie schnitt den duftenden Nusskuchen, reichte jedem einen Teller mit einem Riesenstück und befüllte unsere Blechtassen mit Kaffee.
In diesem Moment musste ich Sergio ansehen, um mich davon zu überzeugen, dass ich nicht träumte. Er lächelte mich schief an und nickte, als würde er ahnen, was in mir vorging. Aber wie sollte er wissen, dass er mich mit jedem Tag mehr beeindruckte, als ich es je für möglich gehalten hätte? Jeder neue Einblick in sein Leben, den er mir gewährte, machte ihn für mich wertvoller, und ich fragte mich, wohin das alles führen würde? Hinter all seiner physischen Schönheit, die so offensichtlich war, schien ein riesengroßes Herz zu stecken, das so schmerzvolle Lebensereignisse erdulden musste und dennoch mitfühlend geblieben war. Ein Herz, das für ungewöhnliche Menschen Platz hatte.
Und für mich.
Wieder betrachtete ich ihn, von meinen Gefühlen für ihn überschwemmt, und sah, wie seine Augen funkelten und blitzen, als würden sie dasselbe fühlen.
»Hast du deiner Freundin schon die Scheune gezeigt, Sergio?« Pawel hob fragend die Brauen und wandte sich mir zu. »Er hat dort für seinen letzten Kampf trainiert.«
»Wirklich?« Ich sah Sergio überrascht an. »Du hast in einer Scheune trainiert?«
Sergio nickte. »Nicht irgendeiner Scheune ...« Ein leicht trauriger Zug legte sich um seinen Mund.
»Die Scheune war immer schon Maliks Trainingslager gewesen«, sagte Pawel. »Wir brauchen sie nicht, also haben wir sie nach seinem Tod einfach so gelassen, damit Sergio sie nutzen kann, wann immer er will.«
Ewa hatte die ganze Zeit still den Worten ihres Mannes gelauscht. Jetzt lächelte sie bewegt und sagte: »Sergio ist wie ein zweiter Sohn für uns.«
In ihrem Blick lagen so viel Liebe und Vertrauen, dass ich ihr jedes Wort glaubte.
Sergio wurde verlegen.
Er senkte den Kopf und betrachtete stirnrunzelnd den Kuchen auf seinem Teller, nahm ihn hoch und biss ein ordentliches Stück ab. »Ich hab mit dem Fighten aufgehört«, sagte er mampfend und sah anschließend schweigend in die Runde.
Pawel lachte prompt los, doch dann machte er eine ernste Miene. »Ach was, mein Junge!«, rief er energisch aus. »Du bist fürs Fighten geboren! Du bist ein verdammtes Naturtalent! Dein Körper spricht auf Training an,
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