Verrückt nach Emma
und zwinkerte mir zu. »Je eher ich fertig bin, desto eher kann ich dir die Hefte leihen.«
»Super.« Ich grinste schief und machte mich aus dem Staub.
Draußen vor dem Haus atmete ich erst einmal tief durch. Mann, war das anstrengend gewesen! Alleine war Simone noch viel nerviger als in der Schule. Ich schwor mir, nie wieder einen Fuß in diese Wohnung zu setzen. Lea musste echt verzweifelt gewesen sein, wenn sie es nötig gehabt hatte, sich mit dieser Nervkuh anzufreunden. Obwohl Lea manchmal auch ganz schön anstrengend sein konnte, so gesehen passten die beiden wiederum ganz gut zusammen.
Ich sah zum zweiten Stock hoch und seufzte. Wie sollte ich es schaffen, Monas Tagebuch aus der Wohnung von Simones Oma zu holen? Schließlich konnte ich ja schlecht dort einbrechen.Ich sah zum zweiten Stock hoch und seufzte. Wie sollte ich es schaffen, Monas Tagebuch aus der Wohnung von Simones Oma zu holen? Schließlich konnte ich ja schlecht dort einbrechen.
Während ich mir noch den Kopf zermarterte, öffnete sich die Haustür, und eine ältere Dame mit weißen Löckchen kam heraus. Sie hatte einen Müllbeutel in der Hand und trippelte auf die Mülltonnen zu, die vor dem Haus standen. Ob das Simones Oma war?
Als die alte Dame gerade ihren Müll wegwarf, kam eine Frau den Bürgersteig entlang. Sie zerrte einen wahnsinnig dicken Dackel an einer Leine hinter sich her. Das Vieh hatte offenbar überhaupt keine Lust zum Spazierengehen, aber das schien seine Besitzerin nicht zu interessieren.
»Guten Tag, Frau Lessing!«, rief die Hundebesitzerin und blieb neben den Mülltonnen stehen. »Wie geht es Ihnen?«
Ich zuckte zusammen. Lessing! Das war Simones Nachname. Die alte Dame war also tatsächlich ihre Oma.
»Es gibt gute und schlechte Tage. So ist das eben, wenn man alt wird.« Simones Oma seufzte. »Heute macht mir mein Rheuma mal wieder zu schaffen. Ich bin gerade kaum die Treppe hinuntergekommen …«
Die Dackel-Frau machte ein mitfühlendes Gesicht. Dann erzählte sie irgendetwas von Bandscheibenvorfällen und Rückengymnastik. Das interessierte mich natürlich nicht die Bohne. Ich schielte zur Haustür hinüber, die sperrangelweit offen stand. Ob Simones Oma die Wohnungstür auch offen gelassen hatte? In meinem Kopf entwickelte sich ein Plan. Was, wenn die Tür tatsächlich offen war? Dann könnte ja rein theoretisch jeder in die Wohnung spazieren. Ich, zum Beispiel. Ich könnte mir Monas Tagebuch schnappen und wieder verschwinden. Ich warf noch einen schnellen Blick zum Bürgersteig hinüber, aber Simones Oma und die Dackel-Frau quatschten immer noch miteinander. Sie sahen auch nicht so aus, als würden sie in absehbarer Zeit damit aufhören. Inzwischen waren sie bei Harndrang und Hammerzehen angekommen. Ich hatte keine Ahnung, was das sein sollte, aber es klang nicht besonders angenehm.
Ich schlich mich an den Mülltonnen vorbei in den Hausflur. Meine Füße liefen ganz von alleine, und in meinem Kopf wirbelten die Gedanken durcheinander.
Lass es sein, Emma, du kriegst nur Ärger!, warnte mich eine Stimme, die sich so ähnlich wie meine Mutter anhörte. Man geht nicht einfach in fremde Wohnungen. Das ist beinahe so etwas wie Einbruch. Wenn du erwischt wirst, hast du ein echtes Problem. Verschwinde, solange du kannst!
Aber meine Füße hörten nicht auf die Warnung. Sie liefen zielstrebig die Treppe hinauf, an der Wohnung von Simones Eltern vorbei bis in den zweiten Stock. Dort blieben sie stehen. Lessing stand in verschnörkelten Buchstaben auf dem Klingelschild. Und die Wohnungstür stand tatsächlich sperrangelweit offen!
Nichts wie rein!
, befahl eine laute Stimme in meinem Kopf.
Worauf wartest du noch? Los, beeil dich, ehe Simones Oma zurückkommt! Das ist deine einzige Chance, Monas Tagebuch zurückzubekommen!
Aber da war noch die andere Stimme, die so ähnlich wie Mama klang. Allerdings wurde sie immer leiser:
Tu’s nicht, tu’s nicht, tu’s nicht
…, murmelte sie irgendwo weit hinten in meinem Kopf.
Ich zögerte – dann liefen meine Füße einfach in die Wohnung, ohne dass ich etwas dagegen machen konnte. Ich fühlte mich wie ein ferngesteuerter Roboter. Ich ging durch einen dunklen Flur und landete im Wohnzimmer. Unter dem Fenster stand eine riesige Couch, die mit lauter selbst gehäkelten Kissen dekoriert war. Offenbar war Simones Oma ein Handarbeits-Fan. Auf dem Couchtisch lagen mehrere Zeitschriften, eine Brille und die Fernbedienung für den Fernseher. Von Monas Heftchenromanen war
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