Verrückt nach Emma
sich seufzend auf ihr Bett fallen. »Keine Ahnung. Vielleicht Klaus?«
Ich überlegte. »Glaub ich nicht. Klaus spinnt zwar manchmal ein bisschen, aber warum sollte er dein Tagebuch mitgehen lassen?«
»Weiß ich doch nicht.« Monas Stimme zitterte. »Was soll ich denn jetzt machen? Wenn jemand mein Tagebuch liest, springe ich aus dem Fenster. Da stehen total persönliche Sachen drin!«
»Wir müssen systematisch vorgehen«, sagte ich. »Wann hast du es denn zuletzt gehabt?«
Mona dachte nach. »Vorgestern, glaube ich. Ja, genau. Ich hab was hineingeschrieben und es dann wieder im Bücherregal zwischen den Heftchenromanen versteckt.«
Ich schluckte. »Zwischen welchen Heftchenromanen?«
»Na, du weißt schon,
Der Bergdoktor
und
Krankenhaus Sankt Anna
.« Mona wedelte ungeduldig mit der Hand. »Aber das ist doch jetzt ganz egal. Jedenfalls war das Tagebuch vorgestern noch da, und jetzt ist es weg. Wenn du mich fragst, gibt es dafür nur eine Erklärung: Es ist geklaut worden.«
»Warte doch erst mal ab.« Ich räusperte mich. Meine Stimme war belegt. »Dein Tagebuch taucht bestimmt wieder auf.«
»Und wenn nicht?« Mona stöhnte. »Dann hab ich ein riesengroßes Problem.«
Ich antwortete nicht. Eins war mal ganz sicher: Wenn hier jemand von uns ein riesengroßes Problem hatte, dann war ich das.
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9 . Kapitel
Emma in geheimer Mission
N achts bekam ich kein Auge zu. Ich überlegte hin und her, aber für das verschwundene Tagebuch gab es eigentlich nur eine Erklärung: Es musste zwischen den Heftchenromanen gelegen haben, die ich aus Monas Regal genommen und gestern auf dem Flohmarkt verkauft hatte. Und das bedeutete, dass Monas Tagebuch vermutlich bei Simone gelandet war. Sie war die Einzige gewesen, die gleich einen ganzen Stapel mitgenommen hatte. Bei dem Gedanken wurde mir ganz schlecht. Ausgerechnet Simone, die Superklatschtante! Was, wenn sie das Tagebuch inzwischen entdeckt hatte? So neugierig, wie sie war, hatte sie es garantiert schon dreimal von vorne bis hinten durchgelesen und war gerade dabei, Monas Geheimnisse in ganz Dederstadt herumzutratschen. Das würde Mona mir nie verzeihen …
Morgens im Schulbus saß Mona mit hängendem Kopf neben mir und sagte keinen Pieps. Normalerweise finde ich ihr morgendliches Gequatsche furchtbar nervig, aber an diesem Tag wäre es mir tausendmal lieber gewesen als dieses traurige Schweigen.
Gut, dass sie nicht wusste, was sie vielleicht gleich erwartete. Ich malte mir aus, wie wir aus dem Bus stiegen und auf dem Schulhof von lauter grinsenden Gesichtern empfangen wurden. Bestimmt hatte Simone schon ganze Arbeit geleistet und allen von Monas Tagebuch erzählt. Am liebsten wäre ich einfach im Bus sitzen geblieben und direkt wieder nach Hause gefahren. Aber das ging natürlich nicht.
Viel zu schnell waren wir in Dederstadt, und Mona kletterte vor mir aus dem Bus.
»Bis später dann«, murmelte sie und machte sich auf den Weg in ihre Klasse.
Ich folgte ihr unauffällig und beobachtete dabei die Schüler, an denen wir vorbeikamen. Ein paar kicherten, als sie Mona sahen, aber das war nichts Ungewöhnliches. Mona ist nicht gerade beliebt, und an diesem Tag sah sie mal wieder besonders merkwürdig aus. Mir fiel das inzwischen gar nicht mehr so auf, weil ich mich irgendwie an ihre hässlichen Klamotten gewöhnt hatte, aber auf Außenstehende musste sie ziemlich komisch wirken. Zu ihrem braunen Lieblings-Kartoffelsackkleid trug sie eine knallrote Strickjacke mit passender Mütze und ihre ausgelatschten Gesundheitstreter. Außerdem hatte sie wie immer ihren altmodischen Lederschulranzen auf dem Rücken, der aussah, als würde er aus dem vorigen Jahrhundert stammen.
In unserem Klassenraum hielt ich sofort nach Simone Ausschau. Sie war heute nicht mit dem Schulbus gefahren, und jetzt konnte ich sie auch nirgendwo entdecken. Meine Laune besserte sich ein bisschen. Vielleicht war sie ja krank! Doch in diesem Moment stürmte Simone herein und machte meine Hoffnungen zunichte. Sie sah quietschfidel aus.
»Guten Morgen!«, rief sie fröhlich und ging zu ihrem Platz neben Lea. Eigentlich fand ich ja, dass Lea sich so langsam mal wieder neben mich setzen könnte – immerhin hatten wir uns inzwischen so gut wie versöhnt. Aber im Moment hatte ich leider ganz andere Sorgen.
Ich atmete einmal tief durch und ging zu Simone hinüber, die Lea gerade mit einem Küsschen auf die Wange begrüßte. So was Albernes!
»Hey, Simone.« Ich blieb vor ihrem Tisch stehen und
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