verrueckt nach mehr
Verwundert schüttelte er den Kopf. »Hast du ... hast du keine Lust, wenigstens ein paar Tage bei mir zu wo h nen? ... Hab ich dich gekränkt? Ich entschuldige mich für a l les. Ich weiß, ich war in letzter Zeit nicht besonders cool. Ve r zeih mir, an ð ele moj.«
An ð ele moj! Als hätte er mir das Stichwort gegeben, b e gann ich plötzlich zu weinen. Ganz leise und widerstandslos, mit heißen Tränen, die ich zu lange zurückgehalten hatte.
Ich kramte ein Taschentuch hervor und schnaubte meine Nase.
»Lexi ... verdammt nochmal, was ist denn los? Jetzt sag es doch einfach.« Sergio war so beunruhigt, dass ich nicht mehr umhin konnte, als mit ihm offen zu reden.
»Meine Mutter ...«, sagte ich schniefend, »... möchte mit mir nach München ziehen.«
»Was?«
Ich nickte. »Sie befürchtet, dass ich hier unter schlechtem Einfluss stehe und am Ende nicht mal mein Abi schaffen we r de. Außerdem lebt mein Vater jetzt in München ... und ... Ach, ich weiß nicht ... vielleicht hofft sie, dass wir als Familie wi e der zusammenkommen.«
»Das ist Bullshit!«
Sergio knallte eine Hand auf das Lenkrad und sah auf die Straße. »Ihr könnt nicht wegziehen. Unmöglich! Du ... kannst nicht wegziehen. Du gehörst zu mir, Lexi ... Sie macht das, um uns zu trennen? Ich kann kaum glauben, was du da e r zählst.«
»Doch, Sergio, es ist, wie ich es sage«, seufzte ich.
»Okay, wir fahren jetzt los.«
»Was hast du vor?«
»Was ich vorhabe? ... Ich werd ihr klarmachen, dass du nirgendwo hingehst. Das hab ich vor! ... Als hätten wir nicht genug Scheiß durchzustehen gehabt in den letzten Wochen. Muss das auch noch sein?«
Ich lehnte mich in meinem Sitz zurück und fühlte mich kraftlos.
»Ich kann nicht hier bleiben, wenn meine Mutter we g zieht, Sergio. Ich bin noch nicht volljährig. Ich hab kein Geld, und ich würde auch keins bekommen, von nirgends.«
»Du brauchst kein Geld. Ich hab genug Geld, und bevor es alle ist, verdien ich noch mehr dazu.«
»Das klingt bei dir alles so simpel, aber leider ist es viel komplizierter.«
»Was soll daran kompliziert sein?«
»Meine Mutter ist kompliziert.«
»Ist mir egal ... Sie soll mir ins Gesicht sagen, was sie von mir hält ... Was ist denn mit diesem Derek? Hat der nichts zu melden?«
»Er hat versucht, sie umzustimmen, aber er hat‘s aufgeg e ben. Derek ist auch ziemlich runter mit den Nerven.«
Sergio startete den Wagen und diesmal fuhr er los. »Schnall dich an, Lexi ...«, sagte er entschieden. »Nie im L e ben ziehst du irgendwohin, wo ich nicht bin!«
Mit Sergio an meiner Seite zuhause aufzutauchen, war vielleicht nicht die beste Idee, und im Geiste sah ich meine Mutter schon im Dreieck springen, aber wenn sie denn En t scheidungen für mich traf, sollte sie die Folgen hautnah mite r leben.
Und Sergio? ... Ich sah ihm an, wie ihm der Schrecken in die Glieder gefahren war. Mit zusammengezogenen Brauen und einem starren vielsagenden Blick, den Kiefer so hart z u sammengepresst, dass seine Kaumuskeln hervortraten, fuhr er uns durch den Stadtverkehr.
»Seit wann weißt du davon?«, fragte er mit tiefer, ernster Stimme.
»Hm?«
»Seit wann weißt du, dass deine Mutter umziehen will?«
»Seit fast einer Woche«, antwortete ich leise.
»Und erzählst mir erst jetzt davon?« Er warf mir einen verständnislosen Seitenblick zu.
»Ich wusste nicht, wie«, gestand ich.
»Schon gut. Ich hab‘s dir auch nicht leicht gemacht, ich weiß.«
Als meine Mutter uns die Wohnungstür öffnete - ich hatte lieber geklingelt, statt hereinzuplatzen - und Sergio neben mir stehen sah, ließ sie ihrer offensichtlichen Empörung sofort die entsprechenden Worte folgen: »Alexa, sag mal, das ist doch nicht dein Ernst, dass du mit ihm hier aufkreuzt? Wir haben was Familiäres zu besprechen!«
Bevor ich etwas erwidern konnte, trat Sergio vor und sa g te: »Ich weiß nicht, was Ihr Problem mit mir ist, Frau Lessing. Vielleicht wollen Sie es mir erklären?« Er stand kerzengerade da und redete mit ruhiger, freundlicher Stimme.
Meine Mutter sah ärgerlich zu ihm hoch: »Ich muss dir nichts erklären, mein Lieber! Du weißt selber am besten, was du meiner Tochter antust!«
»Mama, hör auf damit und lass uns bitte rein«, rief ich u n gehalten und knallte sofort die Hand vor den Mund.
Wir waren viel zu laut.
Das ganze Haus musste uns hören. Zum Glück wurde meiner Mutter diese Tatsache schnell bewusst, denn ihr Blick wanderte besorgt ins Treppenhaus, und sie ließ uns
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