verrueckt nach mehr
trommelte gegen meinen Brustkorb.
Wir sahen, dass ein kleiner Golf auf das Cabrio aufgefa h ren war. Allerdings konnte der Aufprall nicht allzu schlimm gewesen sein, denn der Fahrer stieg aus und schien unverletzt. Bojan wandte sich mit aller Willenskraft, wie es schien, wi e der ab und lief weiter. Etwa fünfzehn Meter vom Unfallg e schehen entfernt legte er mich auf dem Rasen ab.
»Du musst hier bleiben!«, sagte er mit einer Miene, die mir Schauer über den Rücken jagte.
Ich blickte zur Straße. Unter der strahlenden Sonntagsso n ne spielte sich eine furchtbare Tragödie ab.
Aus manchen Autos kamen Schreie. Insassen waren ei n geklemmt und konnten sich nicht von selbst befreien. Einige Personen liefen orientierungslos am Straßenrand umher.
Es war alles so schrecklich, aber ich konnte nicht wegs e hen. Ich war wie gelähmt.
Das Schlimmste jedoch war, dass ich Sergio nirgends en t decken konnte. Und Yvo!
Bojan ging neben mir in die Hocke, packte meine Schu l tern und sah mich eindringlich an. »Ist mit dir so weit alles okay?«
Ich nickte schwach. Immer noch konnten meine Lippen kein einziges Wort formen.
»Ich muss Sergio finden«, schrie er mir verzweifelt ins Gesicht, als wolle er sichergehen, dass ich ihn auch wirklich verstand, »... er ... er sucht ... sucht nach ...« Er sprach nicht zu Ende.
Was sollte das heißen?
Mir wurde plötzlich klar, dass der Albtraum weiterging. Bojan sah nicht umsonst so panisch aus.
»Ich muss ihn von der Fahrbahn holen, Lexi. Bleib bitte hier. Geh nicht weg. Komm mir nicht hinterher, hörst du!«
Er lief weg.
Ließ mich einfach zurück.
Allein.
»Nein«, schrie ich plötzlich. Mein Körper wurde immer wieder von einem heftigen Zittern durchgeschüttelt. »Nein!«
Mühsam richtete ich mich auf, mein Blick wie gebannt auf Bojan gerichtet, damit ich ihn ja nicht aus den Augen verlor. Meine steifen Beine wollten mir nicht gehorchen, aber ich zwang sie einen Schritt nach dem anderen zu machen ... mich voranzubringen ... taumelnd ... stolpernd ...
Ich blendete alles aus. Verschwommen sah ich, wie Bojan an unserem Wagen vorbeilief und aus voller Kehle nach Se r gio rief. Mitten im Chaos blieb er stehen. Er schien die Umg e bung abzusuchen. Bevor ich ihn erreichen konnte, lief er we i ter, verließ die Fahrbahn und stapfte diesmal auf die gegen ü berliegende Wiese. Dann, schlagartig, rührte er sich nicht mehr, als wäre er erstarrt. Seine Schultern hingen schlaff he r ab, sein Blick war nach vorn gerichtet, aber ich konnte nicht erkennen, worauf. Ich war zu weit weg.
Mit lauten Sirenen kamen Polizeifahrzeuge, Feuerwehr und Krankenwagen aus beiden Fahrtrichtungen. Hilflos drehte ich mich im Kreis, hielt mir die Ohren zu und wusste nicht mehr, was ich tun sollte. Ich wollte zu Sergio. Wo war er nur?
Etwas weiter entfernt entdeckte ich den Land Rover. Er war auf die Seite gekippt und sah ziemlich demoliert aus. Vo l ler Schauder wandte ich mich ab. Vermutlich hatte er das ga n ze Unglück, in das so viele Unschuldige mitverwickelt worden waren, verursacht.
Als ich sah, wie ein Sanitäter mit einer glänzenden Decke eilig auf mich zu kam, bekam ich Angst. Ich fürchtete, er wü r de mich von hier fortbringen. Dabei konnte ich unmöglich mitgehen.
Ich sah wieder zu Bojan. Er stand noch an derselben Stelle mit dem Rücken zur Straße.
Bevor der Sanitäter mich packen konnte, rannte ich los, lief von der Fahrbahn herunter und auf Bojan zu. Als ich ihn erreichte, griff ich keuchend nach seinem Arm und hielt mich an ihm fest, um nicht zusammenzusacken.
Und dann sah ich Sergio ... wie er vor dem kleinen Yvo kniete und ihn stumm und bewegungslos anstarrte ...
Es war seine Miene, die mir verriet, was passiert war, aber mein Verstand weigerte sich, es zu glauben.
Yvo lag auf dem Bauch. Das konnte ich sehen. Seine Be i ne sahen merkwürdig verdreht aus. Nichts von dem, was ich sah, kam mir real vor. Ich wollte aus diesem Albtraum endlich aufwachen.
»Verflucht ...«, hörte ich Bojan leise vor sich hinschluc h zen. »Verflucht ... nein, nein, nein ... das ist nicht wahr ...«
Sanitäter und Notfallärzte rannten dicht an uns vorbei, um Hilfe zu leisten. Zwei der Männer zogen Sergio von Yvo weg, ohne dass er protestierte. Sein Blick ging nur noch ins Leere.
Reglos verharrte er auf dem Fleck, wo man ihn hingezerrt hatte.
Jetzt platzierten sich alle vier Helfer um Yvo herum, schirmten ihn ab. Taten ihre Arbeit , ohne dass wir sehen kon n ten, was genau vor sich
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