verrueckt nach mehr
... es geht ihm schlecht, Bo.«
»Mit mir redet er auch nicht«, sagte er seufzend.
Ich kippte ein paar Schlucke von meinem Bier hinunter und spürte ein Kribbeln in meinem Hals.
»Ich hab ihn nicht einmal weinen sehen ...«, sagte ich und legte die Flasche wieder an. Ich begann mich trotz unserer ernsten Unterhaltung zu entspannen und immer wohler zu fühlen.
Bojans Blick lag auf mir. Ich wusste es, obwohl ich ihn nicht ansah. Im selben Moment, als ich den Kopf zu ihm dre h te, streckte er die Hand aus und strich mir eine vorgefallene Strähne aus dem Gesicht.
»Lass uns den Film starten ...«, sagte er. »Ich will endlich wissen, warum den alle so gut finden.«
»Okay«, antwortete ich, schon ein wenig schummrig im Kopf, und drückte auf die Play-Taste .
Ich griff nach einem Schokoriegel und Bojan schnappte sich die Chipstüte.
Wir schauten ‚Dawn of the Dead‘ und mampften dabei g e nüsslich, obwohl in fast jeder Szene Köpfe explodierten und Körperteile durch die Gegend flogen.
»Ich finde langsame, schlurfende Zombies irgendwie b e klemmender«, sagte ich irgendwann.
Bojan lachte. »Die hier sind moderne Zombies, Lexi. Die sind fit und extra fies! Die können rennen und sind nicht ganz so blöde.« Er fischte nach der Fernbedienung. »Ich stopp mal kurz und hol uns Biernachschub.«
Ich wollte eigentlich »Für mich nicht« sagen, aber ließ es kurzentschlossen sein.
Während Bojan in der Küche war, legte ich den Kopf in den Nacken und starrte zur Decke. Ich fühlte mich endlich mal wieder einfach nur gut. Es wurde immer später, und Sergio würde sicher bald zurück sein. Ich schloss die Augen und l ä chelte vor mich hin.
Bojan kam zurück und berührte meine Wange ganz kurz mit der kalten Bierflasche.
»Hey«, schrie ich los und riss schlagartig die Augen auf.
»Du bist doch hoffentlich nicht schon müde?«, fragte er stirnrunzelnd.
»Kein bisschen!« Ich nahm ihm die Flasche ab und stieß mit ihm an. »Auf die nächste Runde!«, sagte ich mit lässiger Miene. Inzwischen breitete sich eine wohlige Wärme aus me i ner Mitte in den Rest meines Körpers aus.
Bojan ließ den Film weiterlaufen.
Wir konnten nichts mehr richtig ernst nehmen und mac h ten Witze über beinah jede Szene. Dann schlossen wir Wetten ab, wer von den Darstellern überleben würde und ob die Zo m bies besiegt werden würden.
Ich musste zwischendurch zweimal aufs Klo, und Bojan holte währenddessen neues Bier. Das Zeug ließ sich zusa m men mit Schokoriegeln problemlos runterspülen.
Da ich schon gut angesäuselt war, saß ich meist im Schneidersitz und machte alberne Kommentare zum Film. Bojan musste ständig »Lexi, schau hin ...« sagen, weil ich bei den richtig üblen Szenen manchmal den Kopf wegdrehte und lieber in seinem Gesichtsausdruck zu erkennen versuchte, wie schlimm es um die Darsteller stand.
Als der Film zu Ende war, schaltete Bojan die Geräte aus und sagte: »Ist dir aufgefallen, dass nicht einmal das Wort Zombie gefallen ist?«
Ohne das ganze Gekreische aus dem Fernseher fanden wir uns in absoluter Stille wieder, die wir nun mit einem Gespräch füllen mussten.
»Stimmt«, sagte ich. »Jetzt wo du‘s sagst!«
»Hat‘s dir gefallen?« Bojan sah mich mit hochgezogenen Brauen eindringlich an. Er saß so nah neben mir, dass ich glaubte, seine Wärme zu spüren. Seine Augen waren ganz leicht gerötet, aber das helle Grün leuchtete dennoch sage n haft.
»Soll ich ehrlich sein?«
»Immer!«
»Das Ende ist doch einfach nur schrecklich«, sagte ich. Ich nahm einen Zug aus meiner Bierflasche und stellte fest, dass sich mein Mund schon etwas taub anfühlte.
»Warum?«, wollte Bojan wissen.
Warum? »Weil es keine Hoffnung für die Menschheit gibt!« Ich schüttelte verständnislos den Kopf.
»Hattest du nicht den Reflex zu denken: Zum Glück ist das nur ein Film , und deswegen konntest du dich wieder gut fü h len?«
»Schon ... aber trotzdem!«, entgegnete ich kopfschüttelnd. »Warum konnte die Geschichte nicht gut für die Menschen enden?«
»Da müsste man den Drehbuchautor fragen ... Ich schätze, er würde sagen: ‚Weil es ein Horrorfilm ist ‘. Oder: ‚Die Me n schen haben es nicht anders verdient‘.«
Ich runzelte unzufrieden die Stirn. »Die Menschen verdi e nen aber Besseres, Bo!«
Bojan sah mich plötzlich mit einem ernsten Gesichtsau s druck an, obwohl er auch schon nicht mehr ganz nüchtern sein konnte. »Das tun sie ... ja, verdammt nochmal! Sie verdienen was Besseres, als von
Weitere Kostenlose Bücher