verrueckt nach mehr
besten Willen nicht vorstellen! Dennoch hatte ich Bojan deswegen mehrfach ausgequetscht, und er hatte mir hoch und heilig ve r sichert, dass da absolut nichts in dieser Richtung laufe. Dafür war er der Meinung, Sergio verausgabe sich in scheinbar en d losen Trainingssessions und hänge viel mit seinem Trainer und irgendeinem Manager-Typen rum. Er musste Max meinen.
Es war das letzte Wochenende vor den Ferien, an dem Sergio und ich endlich wieder eine Verabredung hatten. Voller Vorfreude auf unser Wiedersehen machte ich mich auf den Weg zu ihm, aber ich war nicht wirklich relaxed. Ich fühlte mich wie eine unangenehme Klette, die er ein weiteres Mal nicht hatte abwimmeln können.
Als er die Wohnungstür öffnete, sah ich gleich, dass es ein sehr mieser Tag für ihn sein musste. Er sah aus, als könnte er eine Dusche und eine Rasur gebrauchen. Seine Begrüßung ging schnell und wenig gefühlvoll über die Bühne, aber i m merhin rang er sich ein kleines Lächeln ab. Kaum hatte ich meine Sachen abgelegt und war ihm in sein Zimmer gefolgt, sagte er, er habe nur wenig Zeit, denn er werde nachher abg e holt. Heute würde er nämlich den Boxer kennenlernen, gegen den er seinen ersten Sparringskampf absolvieren solle. Ich versuchte es zu verbergen, aber mein Herz verspürte elend viele Stiche und schmerzte. Warum hatte er mich nicht bereits am Telefon informiert?
Sein Zimmer hatte - bis auf die Trainingsecke - kaum Fortschritte gemacht. Immer noch standen einige Kartons u n geöffnet herum. Und nirgends hing ein selbstgemaltes Bild von Yvo ... Ich hatte erwartet, dass er in der Zwischenzeit w e nigstens eines davon aufgehängt haben würde.
»Schau mal«, sagte er tonlos und drückte mir eine Karte in die Hand. »Ich hab meine Lizenz!«
Ich setzte mich aufs Bett und drehte die Karte zwischen den Fingern.
»Gratuliere«, sagte ich, während ich sein winziges Pas s bild genauer betrachtete. Er sah so ernst darauf aus. Und selbst jetzt, wo er mir diese begehrte Profi-Lizenz präsentierte, l ä chelte er kaum.
»Sergio ...«, begann ich. Es war wie ein Drang, ihm en d lich das zu sagen, was mir in der Seele brannte und mich nicht zur Ruhe kommen ließ. Ich wusste nicht, ob ich es durfte und was es anrichten würde, aber ich konnte nicht anders.
»Ich würde gerne mit dir zusammen ... ich ...« Meine Stimme kippte weg. Bevor ich weiterreden konnte, musste ich mehrmals schlucken und tief Luft holen. »Lass uns zusammen Yvos Grab besuchen, Sergio. Bitte!«
Er drehte sich abrupt von mir weg und ging zum Fenster. Schweigend blickte er nach draußen. Mein Herz begann zu rasen. »Sergio, du ... du musst dich verabschieden«, versuchte ich ihn zu überzeugen.
Er hielt den Kopf gesenkt. Dann drehte er sich um und sah mich mit einem beängstigend dunklen Blick an. »Ich kann nicht!« Seine Brust hob und senkte sich, als fiele es ihm schwer zu reden . »Ich kann nicht!« Jetzt erhob er sogar die Stimme und ich zuckte kurz zusammen. »Lass mich damit in Ruhe, Lexi, okay! Lass es!«
Darauf konnte ich nichts mehr erwidern. Ich nickte kaum merklich und versuchte, die Fassung nicht zu verlieren.
Sergio lief aus dem Zimmer und kam nach etwa zwei M i nuten zurück.
»Ich muss los«, sagte er und zog sich einen Kapuzenpulli über.
»Holt dich Max ab?«, fragte ich vorsichtig.
Sergio zögerte mit der Antwort. Ich dachte schon, er wü r de nichts mehr erwidern, als er unter halb geschlossenen L i dern meinte: »Nein. Er hat jemanden geschickt.«
Offenbar ging es nicht anders, als ihm jedes Wort aus der Nase zu ziehen. »Wann bist du denn wieder zurück?«
»Ich weiß nicht«, behauptete er achselzuckend. Er sah mich flüchtig an. »Du kannst von mir aus hier bleiben, wenn du willst. Bo müsste bald zurück sein.«
Eigentlich wusste ich die Antwort auf meine nächste Frage bereits, und dennoch stellte ich sie. Woher ich den Mut dazu hatte, weiß ich nicht. »Sergio, kann ich nicht mitkommen?«
»Nein!«, entgegnete er scharf. »Kannst du nicht, Lexi! Das ist sowas wie ein Geschäftstreffen, verstanden?!«
»Ja, schon gut«, gab ich schnell nach.
Mit einer deutlich weicheren Stimme sagte er daraufhin: »Sorry, ich ... ich wollte nicht, dass es so hart klingt ... Ich muss jetzt wirklich los.«
Trotz meines Ärgers begleitete ich ihn noch bis zur Tür. Er gab mir nicht mal einen Abschiedskuss, als er hastig d a vonstürzte.
Was sollte ich jetzt tun?
Meine Unterlippe bebte, aber ich wollte nicht weinen. I r gendwie konnte ich es
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