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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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des Bootsmotors nicht mehr zu überschreien. »Deine Handtasche.« Er reichte sie ihr. »Ich vermute, du hast nicht zufällig eine Taschenlampe dabei?«
    Ihr fiel ein, daß sie eine kleine Taschenlampe als Schlüsselanhänger hatte, und wühlte in ihrer Tasche, bis sie sie gefunden hatte. Das Licht war schwach, doch hell genug, daß sie sein lachendes Gesicht sehen konnte. Die Haare klebten ihm an der Stirn; Regen rann ihm an der Nase entlang. Sie wußte, daß sie nicht viel anders aussah, außer daß sie Kleider anhatte, die ihr am Körper klebten.
    »Jetzt haben wir es gleich geschafft«, sagte er und grinste vergnügt. Er deutete etwas nach oben, und sie ließ den winzigen Lichtstrahl in diese Richtung schweifen. Er durchdrang die Dunkelheit und den Regen keinen halben Meter weit. Er nahm ihre Hand, und sie setzten sich in Bewegung.
    Stolpernd, an Steine stoßend, rutschend legten sie den Weg bis zu der felsigen Klippe zurück; dort fanden sie einen großen Stein und einen Baumstamm und anschließend einen sandigen Pfad weiter aufwärts. An der höchsten Stelle, von der Kante zurückgesetzt, stand eine Hütte. Corky öffnete die Tür, und sie traten ein. Ihr Licht enthüllte nur, daß es sich um eine grobgezimmerte Hütte aus rohem Holz handelte, mit einem Tisch und einigen Stühlen darin.
    »Es gibt Kerzen«, sagte Corky. »Trockne dich ab, und versuch dich ein wenig aufzuwärmen. Ich bin so schnell wie möglich zurück.« Dann nahm er sie in die nassen Arme und küßte sie.
    Sie stand zitternd in dem kleinen Haus auf einer Insel irgendwo im Ozean und lauschte auf den Regen, der auf das Blechdach prasselte, und die Wellen, die irgendwo weit unten gegen die Felsen donnerten. Sie brauchte Licht, ein Feuer, trockene Sachen zum Anziehen. Sie stand da und hatte Angst, sich zu bewegen, Angst vor den schwarzen Schatten um sie herum. Die winzige Taschenlampe war sehr schwach und drohte jeden Augenblick, ganz den Geist aufzugeben. Bei der Vorstellung, hier vollkommen ohne Licht zu sein, drehte sie sich von Panik ergriffen blitzschnell hierhin und dorthin und untersuchte die Schatten nach Kerzen, einem Kamin, einem Herd.
     
    Der Rückweg dauerte nicht so lang. Die Lichter am Ufer dienten Corky mehr oder weniger als Anhaltspunkte, um zu der Stelle zurückzufinden, von wo sie mit dem Boot losgefahren waren, und er schaffte es in weniger als einer Stunde ab dem Moment, da er Lauren verlassen hatte, in die kleine geschützte Bucht zu gelangen. Er machte die richtige Anlegestelle aus und schaltete den Motor ab, um mit einem oder zwei Ruderschlägen hinzugleiten. Er war gerade dabei, das Boot festzubinden, als ein Wachmann vorbei stapfte, ohne einen Blick in seine Richtung zu werfen. Dann war er weg, und er schwebte zurück zu der Insel und zu Lauren.
     
    Trigger Happy wußte, daß sie der Überwachungsmaschinerie, die bereits seit drei Uhr in der Früh auf Hochtouren lief, nicht entkommen sein konnte. Weitere Radartastgeräte waren nach Bellingham geflogen worden und noch mehr Männer. Die Grenze war geschlossen worden, bis die Überwachungskameras angebracht waren; jeder Wagen, alles was rollte, wurde einer Überprüfung unterzogen. Bis jetzt waren ihnen drei Katzen und zwei Hunde ins Netz gegangen, alle beim Umgehen der Quarantänevorschriften oder bei dem Versuch dazu. Highways waren gesperrt, Straßensperren aufgebaut und überall Männer mit Radar und Kameras postiert worden. Drissac als Leiter der Operation hatte sein Quartier in Bellingham eingerichtet. Und Trigger Happy wußte, daß er sich auf Drissac verlassen konnte, ebenso wie auf Sergeant Carroll; ansonsten hatte er zu keinem der anderen, die an der Operation beteiligt waren, echtes Vertrauen. Hatte sie jemand durchschlüpfen lassen? Wie? Ein Fehler, oder vielleicht, weil es die andere Seite so verlangt hatte? So war diese Sache von Anfang an gelaufen, stümperhaft, voller Fehler und Entschuldigungen. Er verfluchte das Wetter, die Berge, die tiefen Wälder, in denen sich jemand tagelang verstecken konnte, indem er von einem Baum zum anderen huschte. Sie hatten einen dichten Ring gebildet, mit einem Überwachungsgerät auf jeweils elf Mann; im Umkreis um diesen Ring einen zweiten Ring mit weiterem Überwachungsgerät. Sie könnte sich eine Zeitlang zwischen den verdammten Bäumen verstecken, aber irgendwann müßte sie hervorkommen und fliehen, und dann hätten sie sie. Das wußte er, dennoch fluchte er und schritt unruhig auf und ab und trank Scotch und rauchte

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