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Verrückte Zeit

Verrückte Zeit

Titel: Verrückte Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kate Wilhelm
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sieht wie eine Falle aus, nur in eine Richtung offen. Ich weiß es einfach nicht.« Als sie plötzlich schwer atmete, fügte er hinzu: »Vergiß nicht, daß ich immer wieder zurückgekommen bin. Das ist doch nur eine Zeichnung, eine Landkarte.«
    »Die Landkarte ist nicht die Landschaft«, sagte sie mit der gleichen positiven Überzeugung. »Es ist wie eine Darstellung von Zeit und Raum. Jeder Schnörkel kann in einer Zeichnung irgend etwas bedeuten und im wirklichen Leben völlig unerheblich sein.« Sie wandte sich mit einer schnellen Bewegung vom Tisch ab und rannte hinaus. »Ich ziehe mich an. Bin gleich wieder da.«
    Sie mußte rennen, damit er nicht sähe, daß sich ihre Augen mit Tränen gefüllt hatten. Eben noch himmelhoch jauchzend, im nächsten Moment zu Tode betrübt, dachte sie. Wenn sie ihn schnappen würden und er an diesen Ort flüchten müßte, dann könnte er vielleicht niemals mehr zurückkommen. Er wußte nicht, wie er dorthin geriet, wie er es bewirken konnte, zu bleiben oder umzukehren, und einmal würde er vielleicht nicht mehr umkehren können. Sie mußte ihn von sich wegschicken, an einen sicheren Ort, von dem sie nichts wußte, wo sie ihn nicht durch sie finden könnten. Wenn sie der Meinung waren, er hätte etwas für sie übrig, dann würden sie diesen Umstand ausnützen. Und wenn sie der Meinung waren, sie hätte etwas für ihn übrig, dann würden sie ebenfalls einen Weg finden, sich das zunutze zu machen. Sie mußte ihn dazu überreden, wegzugehen, ihn davon überzeugen, daß sie mit ihm fertig war, daß das Ganze nur ein Spiel gewesen war. Sie durfte nicht mit ihm ins Bett gehen, denn im Bett konnte sie ihm nichts vormachen. Ein ausgiebiger Spaziergang, dann Abendessen, dann … Rommé oder Siebzehnundvier oder Mensch-ärgere-dich-nicht oder irgend etwas. Es gab Karten- und andere Spiele in der Hütte, Sachen, mit denen man sich beschäftigen konnte. Sie würden so lange spielen, bis es Zeit für ihn wäre, zum Boot zu gehen. Sie blinzelte, um die Tränen zu vertreiben, während sie sich anzog und sich bereits einsam und verlassen fühlte.
     
    »Was sagen Sie dazu?« fragte Trigger Happy Drissac.
    Der Captain sah an diesem Nachmittag erschöpft aus. Er hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. »Sie ist weggegangen«, sagte er kraftlos. »Fragen Sie mich nicht, wie das geschah, aber wenn sie noch dort oben ist, dann freß ich einen Besen.«
    »Sie sind uns beide durch die Lappen gegangen«, sagte Trigger Happy mordlüstern. Jetzt sah er sogar seinen alten Gesinnungskameraden in einem verdächtigen Licht, genauso wie jeden anderen Menschen im Land.
    »Irgend etwas stinkt an der Sache«, murmelte Drissac, während er auf und ab wanderte. Er konnte nicht stillsitzen, wenn er müde war. »Warum diese spezielle Straße? Es ist eine Sackgasse, die bei einem Park endet. Ringsum steile Hügel und Wälder. Das ergibt keinen Sinn. Warum hat sie ausgerechnet diese Richtung gewählt, obwohl sie wußte, daß sie irgendwann zu Fuß weitergehen müßte?«
    »Vielleicht ist sie nicht zu Fuß weitergegangen«, gab Trigger Happy mit finsterer Miene zu bedenken. »Während unsere Jungs dort oben aufpassen wie die Luchse, schippert sie seelenruhig über die Grenze. Nachdem sie von einem anderen Wagen wieder die Straße zurück mitgenommen worden war. Haben Sie alle Fahrzeuge, die von dort kamen, überprüfen lassen?«
    »Daran wurde gedacht«, sagte Drissac müde. »Jedes sich bewegende Objekt wurde durchleuchtet. Sie war zu Fuß unterwegs. Falls sie überhaupt dort hinaufgegangen ist.«
    Trigger Happy beobachtete ihn aus zusammengekniffenen Augen, die zuckten, als ob sie erwarteten, daß etwas zuschlagen würde, etwas geworfen oder ein Schuß fallen würde. Irgend etwas, das diese Spannung lösen würde. Früher am Tag hatte er Besuch vom Marinenachrichtendienst gehabt. Zwei Männer, kühl, arrogant, verschlossen, die Fragen gestellt und keine beantwortet und überhaupt nichts preisgegeben hatten. Sie würden wiederkommen, hatten sie gesagt. Sie wollten diese ganze Operation an sich reißen, das wußte er; sie wollten ihn ins Abseits stellen. Wenn es irgendwo Lorbeeren zu ernten gab, dann waren sie zur Stelle. Und wenn irgend etwas schieflief, dann würde man ihm die Schuld zuschieben. Nach dieser Methode handelten sie, daran hatten sie keinen Zweifel gelassen, und auf Hilfe von Amateuren könnten sie verzichten, sie brauchten keine abgehalfterten Colonels der Armee, deren Aufgabe es eigentlich war,

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