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Verschärftes Verhör

Verschärftes Verhör

Titel: Verschärftes Verhör Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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iranischen Freund gefunden?«
    »Nein, es geht um den Jungen. Er ist weg.«
    Kurtz versuchte, die Konsequenzen zu erfassen. »Ich dachte, wir hätten ein Team in Madrid.«
    Janson sagte nichts.
    »Allein oder hat ihn jemand geholt?«, fragte Kurtz schließlich.
    »Allein, nehme ich an.«
    »Eine Ahnung, wohin er ist?«
    »Ich tippe auf Casablanca. Da kommt er her.«
    »Und ist schon mal von dort weggelaufen«, erinnerte ihn Kurtz.
    »Trotzdem. Es ist sein Zuhause.«
    »Wo soll ich zuerst hin?«
    »Mit dem Nachtzug nach Madrid.«
    »Und von da aus?«
    Janson räusperte sich. Kurtz wusste aus Erfahrung, dass nun etwas Unerfreuliches folgte. »Jemand vom Geheimdienst der Armee wird sich dort mit Ihnen treffen.«
    Kurtz schwieg.
    »Besondere Umstände«, erklärte Janson, der sein Unbehagen spürte. »Es ist die Verhörspezialistin aus Bagram, die den Jungen am Ende umgedreht hat. Sie standen einander wohl ziemlich nahe. Es kann nicht schaden, wenn jemand dabei ist, dem er vertraut.«
    Sie, dachte Kurtz, Kat, sagte aber nichts.
    »Haben Sie Probleme damit?«, wollte Janson wissen. Er weiß, worauf es hinausläuft, dachte Kurtz, als er das Zögern des Mannes bemerkte, die Ernsthaftigkeit seiner Frage.
    »Nein, hab ich nicht.«
Virginia
    »Major?«
    Kat blickte von den Arbeiten auf, die sie gerade korrigierte, und sah den Dekan der Fakultät in ihrer Bürotür stehen.
    »Herr General«, antwortete sie und erhob sich.
    Spielst du noch immer Soldat?, hörte sie Colin sagen und fand das Getue, das hier herrschte, auf einmal peinlich. Ihr militärischer Rang kam ihr vor wie eine Lüge.
    Der Mann trat von einem Fuß auf den anderen und schaute auf seine Hände. Er war nervös, das hatte Kat schon immer gedacht, und kam mit seiner Autorität nicht zurecht.
    »Und, sind die neuen Kadetten nett zu Ihnen?«, fragte er mit gezwungener Jovialität, die immer auf schlechte Neuigkeiten hindeutete.
    »Alles bestens.«
    »Heute Nachmittag kommt Besuch für Sie«, verkündete der Dekan. »Aus Arlington.«
    Kat deutete auf die Arbeiten. »Ich habe Unterricht.«
    »Das wird geregelt.«
    Keine weitere Erklärung.
    Im Flur gingen einige Kadetten vorbei. Man erkannte sie an der angestrengten Haltung, die von allen neuen Studenten verlangt wurde: Kinn hoch, Rücken gerade, die Hände an den Seiten.
    Arlington, dachte Kat. Das Pentagon. »Werde ich eingezogen, Sir?«
    Der General zögerte. »Ich weiß es nicht«, sagte er schuldbewusst.
    Doch Kat spürte genau, dass er es wusste und dass sie die Wahrheit erraten hatte.

7
Oman, Frühjahr 2002
    »Ihr mögt uns nicht besonders, was?«, hatte Colin gefragt.
    Es war Kats letzter Abend in Oman, und sie war mit dem Taxi in das weitläufige, im amerikanischen Stil erbaute Einkaufszentrum in Muscat gefahren. Sie hatte auf einen Tapetenwechsel gehofft, wollte sich vom uniformierten Einerlei erholen, doch in der einzigen Kneipe, die zu einer amerikanischen Kette gehörte, drängten sich lauter ISAF-Soldaten.
    Zuerst erkannte sie Colin nicht. Er trug Zivilkleidung und sah ohne M16 und seine Kameraden wie irgendein dienstfreier Soldat oder Geschäftsmann aus.
    »Der Flug von Bagram nach K-2«, erinnerte er Kat und setzte sich neben sie auf einen Barhocker. »Ich war der Typ gegenüber, der grün im Gesicht war und versuchte, die letzte Einmannpackung bei sich zu behalten.«
    Kat nahm einen tiefen Zug aus ihrer Budweiser-Flasche und stellte sie wieder auf die Theke. Eine Gruppe Marines hatte die Musikbox beschlagnahmt und grölte zum dritten Mal in Folge »Sweet Home Alabama«. »Ich dachte, ihr Jungs von der SAS hättet vor gar nichts Angst.«
    »SBS«, berichtigte Colin grinsend. »Special Boat Service. Von Flugzeugen war keine Rede.«
    Er hatte sich den Bart abrasiert, wovon die blasse Haut am Kinn zeugte. Er war schmal gebaut, kaum größer als sie, und wirkte gewandt wie ein Akrobat.
    »Und Sie? Was bringt Sie an unser paradiesisches Fleckchen?«
    »Geheimdienst der Armee«, erwiderte Kat. »Ich war in Kandahar.« Die Versetzung nach Bagram erwähnte sie nicht. Sie hatte bereits beschlossen, mit ihm zu schlafen, falls sich die Gelegenheit ergab, und wollte die Lage nicht unnötig komplizieren.
    Colin lachte. »Kein Wunder, dass ihr uns so hasst. Ich wäre auch eifersüchtig, wenn man mich derart an der kurzen Leine hielte.«
    »Das ist eben Gesetz«, konterte Kat. »Ohne das sind wir nicht besser als die anderen.«
    »Erzählen Sie mir nicht, dass Sie diesen Mist tatsächlich glauben.«
    »Erzählen Sie

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