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Verschärftes Verhör

Verschärftes Verhör

Titel: Verschärftes Verhör Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jenny Siler
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Neuigkeiten vorbehalten war.
    »Tut mir leid, wenn ich dich wecke, Dick«, sagte Peter Janson entschuldigend. »Aber ich dachte, du möchtest es wissen. Wir haben Neuigkeiten aus Madrid.«
    »Na los.«
    »Wie es aussieht, haben Freunde von uns das Telefon der Metzgerei abgehört, über der der Junge gewohnt hat. Sie haben den Laden seit den Anschlägen auf die Züge abgehört.«
    Janson legte eine dramatische Pause ein. »In der Nacht nach dem Treffen in Malasaña hat der Junge von dort aus telefoniert. Rate mal, mit wem.«
    Morrow sagte nichts. Es war früh am Morgen, und er war zu müde, um Spielchen zu treiben.
    »Harry Comfort!«, verkündete Janson und wirkte ein wenig enttäuscht, weil Morrow so wenig Begeisterung zeigte. »Na ja, nicht mit Harry selbst, sondern mit dessen Exfrau. Harry hat sich offenbar nach Hawaii zurückgezogen. Das hätte ich ehrlich gesagt nie von ihm erwartet.«
    Harry und seine gottverdammten Kartenspiele, dachte Morrow. Ihm fiel ein, was Comfort am Vorabend zu ihm gesagt hatte. Ausgerechnet bei seinem letzten Einsatz vor Ort hatte er die größte Todsünde begangen: Er hatte dem Jungen seine Nummer gegeben.
    »Jedenfalls haben sie nicht lange miteinander gesprochen«, fuhr Janson fort. »Zuerst schien sie zu glauben, er habe sich verwählt. Dann erwähnte der Junge den Namen S. Kepler. Vermutlich hat es nichts zu bedeuten, aber ich lasse das überprüfen.«
    »Nicht S. Kepler«, berichtigte ihn Morrow. »Johannes Kepler. Der Astronom. Du weißt doch, Harry und sein blödes Teleskop. Das hat wirklich nichts zu bedeuten.«
    »Dennoch könnte der Junge versuchen, ihn auf anderem Wege zu erreichen«, beharrte Janson. »Sollen wir jemanden auf Comfort ansetzen?«
    Morrow kam der Gedanke unwahrscheinlich vor. Selbst wenn Jamal seinen alten Kontaktmann ausfindig machen sollte, konnte Harry nichts für ihn tun. Er war halb betrunken gewesen, als Morrow ihn angerufen hatte, und das war gewiss kein Zufall. Er stellte wohl kaum eine Bedrohung dar. Andererseits könnten sie vielleicht erfahren, wo sich der Junge aufhielt, falls er noch einmal anrief.
    »Ja«, stimmte Morrow schließlich zu. »Und hört auch die Leitung der Exfrau ab, falls er es dort noch einmal versuchen sollte.«

13
Vietnam 1973
    »Ich dachte, der Krieg sei vorbei«, hatte Harry bemerkt und skeptisch auf das dunkle Land hinausgeblickt, in dem er nun stationiert war.
    Es war Juli, sechs Monate nach Unterzeichnung des Pariser Friedensabkommens und vier Monate nachdem die letzten amerikanischen Truppen Vietnam verlassen hatten. Dennoch war vom Dach des Caravelle Hotel das Artilleriefeuer in der Ferne deutlich zu erkennen.
    »Erzählen Sie das den Vietnamesen«, hatte jemand eingeworfen und die ganze Tischrunde zum Lachen gebracht.
    Es war Harrys erster Abend in Saigon. Davor hatte er fünf Jahre im sogenannten Plumpsklo-Programm zugebracht, eine Anspielung auf die gottverlassenen Stützpunkte Asiens mit verunreinigtem Trinkwasser. Von Vietnam hatte er sich etwas anderes erhofft.
    Das übliche Empfangskomitee hatte Harry zum Abendessen eingeladen: Jack McLeod und Steven Robinson, Verbindungsoffiziere am Stützpunkt Saigon, Peter Janson, stellvertretender Leiter der Niederlassung, und Dick Morrow, der Leiter des Stützpunktes. Dazu zwei hübsche Sekretärinnen, um das Bild abzurunden.
    »Sie werden nicht lange da oben bleiben«, bemerkte Jack McLeod. »Die Südvietnamesen verlieren jeden Monat gut und gern tausend Leute an den Vietcong.«
    Peter Janson spießte mit seiner winzigen silbernen Gabel eine Schnecke auf und steckte sie in den Mund. »Jack hat sein Geld auf nächsten Dezember verwettet«, meinte er augenzwinkernd. »Ich hingegen glaube, dass wir noch das Frühjahr hindurch hierbleiben werden. Es wird zum Kampf um Saigon kommen.« Er deutete auf die Sekretärin, die rechts von Harry saß. »Susan sammelt die Einsätze, falls Sie sich beteiligen möchten.«
    »Mit fünfzig Dollar sind Sie dabei«, erklärte Susan mit gönnerhaftem Lächeln, als spräche sie eine Warnung aus.
    Sie war dünn und unglaublich hübsch und hatte eine Nase, für die viele Mädchen in seiner Highschool in Ridgewood, New Jersey, ein Vermögen bezahlt hatten. Dennoch hatte Harry sich nicht in ihr Aussehen verliebt. Nein, es war ihre Haltung, sie war sich ihrer selbst auf eine Weise bewusst, die Harry noch nie bei einer Frau erlebt hatte.
    »Und was sollen wir bis dahin hier machen?«, fragte er und trank von seinem Côtes du Rhône, wobei er ihrem

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