Verscharrt: Thriller (German Edition)
Gus– erinnern Sie sich an Ihren alten Kumpel, Charlie Faulk? Was ist aus dem geworden? «
» Hat sich umgebracht « , sagt Gus. » Schon lange her. «
» Das ist traurig. Darf ich fragen, wie er das gemacht hat? «
» Er ist mit dem Zug nach Rockaway gefahren und ins Meer gegangen. Hat vorher groß angekündigt, dass er’s tun wird. «
» Seine Mutter hat gesagt, Sie hätten ihr erzählt, er wäre von der Staten-Island-Fähre gesprungen. Was denn nun, Gus– Rockaway Beach oder Staten Island? «
» Was macht das für einen Unterschied? Bevor er los ist, hat er mir seine Plattensammlung geschenkt. Tolle Platten hatte der– Rollins, Monk, Clark Terry. «
» Haben Sie die noch? «
» Hab sie noch am selben Tag verscherbelt. Und war danach eine Woche lang high. Das waren die guten alten Zeiten. «
» Waren Sie nicht sauer auf ihn, weil er Sie nach dem Raubüberfall verpfiffen hat? «
» Wieso? Hätte ich an seiner Stelle genauso gemacht. «
KAPITEL 16
Am nächsten Tag werden die Ermittlungen auf ein halbes Dutzend kleinere Einheiten verteilt. O’Hara und Jandorek verbringen den Vormittag damit, sich mit allen in Verbindung zu setzen, Räder zu schmieren und in die Spur zu setzen.
Die 22er-Kugel, die dem Opfer aus der Schulter fiel, befindet sich im ballistischen Labor in Queens. Nach Abschluss der Tests werden die Ergebnisse an alle Polizeipräsidien des Landes übermittelt, um zu prüfen, ob die Waffe schon einmal im Zusammenhang mit einem Verbrechen verwendet wurde, was in Anbetracht ihrer geringen Durchschlagskraft eher unwahrscheinlich ist.
Das kleine Tütchen Gras mit den Buchstaben » GMS « wird von den Kollegen vom Drogendezernat untersucht, und im kriminaltechnischen Labor werden die anderen Gegenstände und die Kleider des Jungen verschiedenen Tests unterzogen. Unter anderem werden sie auf Haare, Fasern und DNA abgesucht, die möglicherweise einer weiteren Person, nicht dem Opfer, zugeordnet werden können. Um das festzustellen, muss aber zunächst das Ergebnis der DNA -Tests des Opfers abgewartet werden, und kurz vor Mittag erhält O’Hara eine SMS von Bradley, in der er ihr mitteilt, dass die an einem winzigen Knochensplitter durchgeführten Tests abgeschlossen sind und bestätigt haben, dass es sich bei dem Toten um einen weißen Jungen handelt.
Zeitgleich klappern Ferguson, Hernandez und Detectives aus anderen Bezirken sämtliche Schulen in Manhattan, Brooklyn und der Bronx ab, befragen Verwalter, gehen die Anmeldelisten und alten Jahrbücher durch und erkundigen sich nach einem blonden, hinkenden Jungen in der dritten, vierten oder fünften Klasse, der plötzlich nicht mehr zum Unterricht erschienen ist, oder dessen Eltern der Schule mitgeteilt haben, dass sie umziehen. Bis zum Mittag jedoch ohne Ergebnis. Ebenso Fehlanzeige bei den Vermisstmeldungen und dem Jugendamt. Das Einzige, was auch nur entfernt einer Spur ähnelt, ist eine Information aus der überregionalen Datei für vermisste Kinder. 2003 wurde das Jugendamt in Alameda, einem Bezirk in Oakland, mehrfach wegen eines fünfjährigen Jungen mit langen blonden Haaren und einer leichten Gehbehinderung eingeschaltet, weil er häufig stundenlang alleine im Hof war. Als die Sozialarbeiter die Eltern kontaktieren wollten, hatte die Familie aber bereits die Stadt verlassen.
Um Kelsos wütenden Blicken zu entgehen, fährt O’Hara wieder an die Ecke Thirtieth and First Avenue und schaut bei Ken Ashworth vorbei, dem beleibten und leicht stotternden Leiter des kriminaltechnischen Labors im zweiten Stock des Gerichtsmedizinischen Instituts. » Ich wollte dich gerade anrufen « , sagt er.
Sämtliche im Grab gefundenen Kleidungsstücke hängen ordentlich aufgereiht an fahrbaren Kleiderständern in der Mitte des Raums, aber Ashworth führt O’Hara in eine Ecke ganz hinten, wo der zerknüllte Papierballen unter einer Wärmelampe trocknet. » Zur Kleidung sage ich gleich im Einzelnen noch was. Erst mal möchte ich dir zeigen, was wir in der Hosentasche des Jungen gefunden haben. Vieles davon hat sich bereits aufgelöst, aber ein paar Fetzen konnte ich doch noch voneinander lösen. « Ashworth reicht O’Hara eine Lupe und zeigt mit seiner Pinzette auf ein Stück Papier von der Größe einer Briefmarke. Sie entziffert:
» …665, Juni 2007, DC Comics, 17000 Broadway, NY 10019. « Während O’Hara die winzigen Druckbuchstaben betrachtet, macht Ashworth Geräusche, die sie zuerst für Symptome seines Stotterns hält– » nah nah nah nah nah
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