Verscharrt: Thriller (German Edition)
Was genau ist das für ein Wagen? «
» Ein GMC Astrovan Baujahr 2004. «
» Wie lange haben Sie ihn schon? «
» Hab ihn vor ungefähr fünf Monaten abgeholt. Abgesehen vom Sohn meiner Schwester, der an ein oder zwei Nachmittagen in der Woche und samstags vorbeikommt, bin ich hier ganz alleine. Der Wagen muss also noch mal zwei Monate im Hof gestanden haben, bevor ich irgendwas damit gemacht habe. «
» Das heißt, bis Sie die Einzelteile ausgebaut haben? «
» Genau. «
» Also, wie lange war er den Elementen ausgesetzt? «
» Drei Monate, und leider muss man um diese Jahreszeit jede Woche mit mindestens einem Gewitter rechnen. «
» Noch eine letzte Frage. Wie heißt der Hund? «
» Mabel. «
KAPITEL 40
O’Hara achtet darauf, die Seiten des Wagens nicht zu berühren und wirft einen Blick hinein. Die Höhe der Öffnung macht es ihr mit ihren knapp eins fünfundsechzig nicht leicht, viel zu sehen, und trotz des grellen Lichts in der Halle bleibt das Wageninnere dunkel. Unaufgefordert schiebt Porter eine Werkzeugkiste an die Fahrerseite, stellt die Rollen fest und hilft O’Hara daraufzusteigen, sodass sie wie von einer Plattform herunter von vorne in den Transporter sehen kann. Dann fährt er den Gabelstapler auf die andere Seite des Wagens, hängt zwei Lampen vorne dran und hebt diese auf Höhe des Wagendachs. Die Lampen, die jetzt durch die fehlende Scheibe des Beifahrerfensters scheinen, erleuchten den gesamten Innenraum.
Drei Monate ohne Windschutzscheibe haben das Armaturenbrett heftigen Luftangriffen ausgesetzt, und es ist mit einem dicken Omelette aus Vogelscheiße überzogen. Man sagt ja, Affen, die man nur lange genug mit einer Schreibmaschine in einen Raum sperrt, werden irgendwann die Stücke von William Shakespeare tippen. Das mag stimmen oder auch nicht, auf jeden Fall bekommt man von einem Himmel voller Vögel in vier Monaten einen Jackson Pollock.
» Ich hab noch nie so viel Taubenscheiße gesehen « , sagt O’Hara.
» Ich auch nicht « , sagt Porter. » Das waren Krähen und Amseln, Fischadler und Habichte und vielleicht sogar ein paar Möwen, die vom rechten Weg abgekommen sind. «
» Ein bisschen so wie Sie, Porter. Für einen Autodieb kennen Sie sich mit Vogelscheiße richtig gut aus. «
Porters einzige Reaktion besteht darin, weiter dasselbe hohe Maß an persönlichem Service zu gewähren, wobei er die Voraussicht eines Dieners mit dem Einfallsreichtum eines Vorarbeiters kombiniert. Er kramt in einer Schublade und holt einen Spachtel. » Soll ich mal versuchen, die Fahrgestellnummer freizulegen? «
» Das wäre wunderbar. « Während sie sich noch einen Überblick über das vermüllte Innenleben verschafft, schabt und kratzt Porter links am Armaturenbrett herum, bis er eine Nummer freigelegt hat. Er wischt mit einem getränkten Lappen darüber, dann diktiert er Wawrinka die Nummer, die sie an das Sarasota Police Department weitergibt. Während O’Hara die beiden betrachtet, fällt ihr auf, dass Wawrinka schließlich doch noch jemandem begegnet ist, der maskuliner wirkt als sie selbst.
O’Hara wendet ihre Aufmerksamkeit wieder dem Wageninneren zu. In den Fußräumen der Fahrer- und der Beifahrerseite steht graues Wasser, und auf den Sitzen ebenso wie auf der Erhöhung dazwischen liegen matschige, fettige Pappschachteln, in denen Speisen verpackt waren, die zu den Hauptverursachern amerikanischer Fettleibigkeit zählen.
Obwohl das Licht gut ist, erfordert es die ganze Kraft und Biegsamkeit eines Schlangenmenschen, um sich ohne etwas zu berühren ins Wageninnere zu beugen. O’Hara gelingt dies nicht länger als dreißig Sekunden am Stück, dann gibt ihr Rücken nach, aber das genügt, um zu sehen, dass da mehr Müll liegt, als sich bei einer zwölfstündigen Fahrt von Florida nach South Carolina angesammelt haben kann. Dies lässt vermuten, dass die Täter den Transporter bereits mehrere Tage oder sogar Wochen vor dem Mord an Levin benutzt haben.
Die Vermutung wird bestätigt, als Wawrinka einen Rückruf aus dem Sarasota Police Department erhält. » Treffer « , sagt Wawrinka. » Der Transporter wurde am 18. Februar bei Alamo am Sarasota Airport gemietet, dreizehn Tage bevor Levin starb. Die Rechnung wurde auf die Mastercard eines Nicholas Adams, wohnhaft in der Parade Hill Road 187, Dearborn, Michigan, ausgestellt, doch als sie nicht bezahlt wurde und sich die Adresse als falsch entpuppte, wurde der Wagen drei Monate später gestohlen gemeldet. Laut Führerschein, der
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