Verscharrt: Thriller (German Edition)
hat Porter selbst gebaut, die komplette Karosserie selbst verschweißt. «
» Schade bloß, dass ich damit keine Rennen fahren kann « , sagt er.
O’Hara war so in Gedanken vertieft, dass sie gar nicht mitbekommen hat, dass alle anderen Gäste mittlerweile gegangen sind. Jetzt kommt der Barmann zu ihnen an den Tisch.
» Fahr nach Hause « , sagt Porter. » Ich schließ ab. «
» Sicher? «
» Kein Problem. «
» Ihnen gehört die Bar, oder? « , sagt O’Hara. » Sie haben uns in Ihre eigene verfluchte Bar gelotst. Kein Wunder, dass der Name auf dem Wagen steht. Ich wette, Ihnen gehören auch all die anderen Firmen und weiß Gott was noch alles. «
» Nur noch ein paar Immobilien, mehr nicht « , sagt Porter verlegen.
» Ich hab immer schon gedacht, dass ›Unternehmer‹ nur ein anderes Wort für ›Krimineller‹ ist « , sagt O’Hara und stößt mit ihm an. Dass der Barmann schon Feierabend gemacht hat, erinnert sie daran, wie erschöpft sie ist. » Ich muss auch Schluss machen « , sagt sie.
» Ich hab hier oben eine kleine Wohnung « , sagt Porter, » für den Fall, dass meine Freunde oder ich zu besoffen sind, um nach Hause zu fahren. Ich kann mich schlecht betrunken am Steuer erwischen lassen, oder? Zwei Betten in jedem Zimmer, und ich hab sie gerade erst frisch bezogen. Ich schwör’s bei Gott. «
» Das Angebot nehm ich an « , sagt O’Hara, » vorausgesetzt, ich darf mir Ihren Hund ausleihen. «
» Mabel ist eine erwachsene Frau « , sagt Porter. » Sie kann tun und lassen, was sie will. «
» Ich komme gleich nach « , sagt Wawrinka und steuert wieder auf den Billardtisch zu. » Aber ich will den Abend nicht mit einer Niederlage beenden. «
O’Hara und Mabel steigen die Treppe hinauf in ein Schlafzimmer, das so sauber ist wie Porters Garage. Sie legen sich hin und rühren sich erst wieder, als Wawrinka um zehn Uhr am nächsten Morgen ungeschickt versucht, möglichst leise in das andere Bett zu schlüpfen.
KAPITEL 42
Als die Kollegen von der Spurensicherung die Hintertür des Transporters aufschließen und die blutverschmierten grauen Innenwände zum Vorschein kommen, läuft O’Haras Hirn auf Hochtouren, und sie denkt wieder zurück an die Galerie in Chelsea, wo sie den Jungen zum ersten Mal gesehen hat. Bei dem Gedanken an den halbnackten kleinen Blondschopf, klapperdürr, aber voller Selbstbewusstsein, der den Arm ungeniert auf die Schulter eines ebenfalls halbnackten Mädchens gelegt hatte, als würde er so was ständig machen, muss sie lächeln. Der Fotograf hatte offensichtlich erkannt, dass der Junge ein Naturtalent war, und ganz ohne Zweifel hat der Kleine ihm genau das gegeben, was er von ihm wollte, und sich dabei noch ein bisschen über ihn lustig gemacht.
O’Hara liebt das Funkeln in seinen Kinderaugen und wird es wahrscheinlich nie vergessen, aber als Mutter macht sie vor allem der Anblick seines Bauches, die glatte Haut über den hervorstehenden Rippen und die dünnen Arme wahnsinnig. Es erinnert sie an ein Bild, das sie von Axl gemacht hat, als er drei oder vier Jahre alt war. Ein Freund von ihr ist vorbeigekommen und hat im Garten ihrer Mutter mit Axl gespielt. Er hat ihm einen Baseballschläger hingehalten, und Axl hat sich darangehängt wie an ein Klettergerüst. Auf dem Foto klammert Axl sich gerade an den Schläger, als ginge es um sein Leben. Sein Hemd ist über den Nabel nach oben gerutscht, und immer, wenn O’Hara das Foto betrachtet, erinnert sie sich daran, wie sich die kühle Haut ihres Sohns an ihren Händen und Lippen angefühlt hat. Sie weiß, das alles gehört ebenso zur Evolution wie der süße Duft eines Babykopfes, der dafür sorgt, dass Eltern ihren Nachwuchs abgöttisch lieben, ihn umsorgen und wenn es sein muss sogar für ihn sterben. War’s denn wirklich nötig, Kinder so fantastisch riechen zu lassen? Anscheinend schon, denn manchen Eltern reicht das wohl immer noch nicht.
O’Haras Gedanken springen von der Ladefläche des Transporters zu dem letzten bekannten Bild des Jungen, denn jetzt weiß sie, dass er hier, alleine in dieser fensterlosen Zelle gestorben ist. Während sich die Täter vorne vollgefressen haben, ist der Junge hier direkt hinter ihnen auf einer dünnen Schaumstoffmatratze langsam verblutet. Um die Matratze herum liegen aufgerissene Päckchen mit Mullbinden, Watte und Desinfektionstüchern sowie eine leere Tüte M&Ms, Cheetos und zwei Superman -Comics. Alles ist voller blutiger Fingerabdrücke, sogar der Farbeimer, den der
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