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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Mann ja doch nicht nur wegen ihres Berufs eifersüchtig.
    »Ist kompletter Unsinn, es war bei der Zehnjahresfeier des ›Magazins‹, er ist ziemlich … zutraulich geworden, und ich hab ihn wohl nicht schnell genug abgewehrt, ich hätte ihn zwischen die Beine treten sollen.«
    »Hätte mir gefallen«, knurre ich. Ich war auch auf der Feier, sehr lange kann er es nicht bei Gerda probiert haben, sonst wäre es mir aufgefallen. »Und wer ist dein Lover?«
    »Er ist … für alles offen, wir können miteinander lachen, wir sind auf derselben Wellenlänge. Es ist einfach schön mit ihm. Unbeschwert. Ohne Verpflichtung. Du kennst ihn: Peter Königsberger.«
    Der Drehbuchautor. Sie hat fotografiert und ich habe die Reportage gemacht: Menschen, die hinter den erfolgreichsten TV-Serien stehen. Da ist er vorgekommen, sympathisch, ich kann mich erinnern. »Weiß er schon von den Fotos?«
    »Nein.«
    »Was wird er sagen?«
    »Ich weiß nicht – er ist verheiratet. Aber er sagt, es sei eine völlig offene Beziehung. Ich wollte nie so genau wissen, ob das stimmt. Ich wollte einfach … endlich wieder eine schöne Zeit. Verstehen, Anerkennung für meine Arbeit.«
    Mir ist das alles etwas zu viel Rosamunde Pilcher. »Und Sex«, füge ich trocken hinzu.
    Gerda blickt zu Boden. »Ja, und guten Sex«, sagt sie dann beinahe trotzig.
    Oskar sieht mich etwas irritiert an. Dann meint er: »Alles sollte sein wie früher, war es das?«
    Man nennt es Midlifecrisis, will ich schon einwerfen, lasse es aber bleiben.
    Gerda schüttelt den Kopf. »Vielleicht habe ich zu jung geheiratet, so unbeschwert war es bei uns nie, es hat eine Menge aufzubauen gegeben und dann die kleinen Kinder. Wir haben so viele Pläne und Träume gehabt, ich habe auch schöne Zeiten mit Helmut erlebt, aber ganz anders.«
    »Und jetzt will er sich scheiden lassen«, komme ich wieder auf das Thema zurück.
    »Ja. Vielleicht ist es ohnehin das Beste, insgeheim hab ich immer wieder darüber nachgedacht. Aber die Kinder … Und vielleicht will ich mich auch nicht von so viel Gewohntem trennen. Da ist die schöne Wohnung und all das, was wir gemeinsam aufgebaut haben. Was ist, wenn ich plötzlich allein dastehe?«
    Oskar räuspert sich. »Er hat einen Scheidungsgrund, der im Gesetz steht: Untreue.«
    »Glaubst du nicht, dass eine einvernehmliche Scheidung möglich ist?«, werfe ich ein.
    Beide schütteln den Kopf.
    »Kann ich Sie engagieren?«, fragt Gerda beinahe flehentlich.
    »Ich bin auf Wirtschaftsrecht spezialisiert, und dabei sollte ich bleiben. Ich überlege … Ich kenne eine junge Kollegin …« Er wirft mir einen eigenartigen Blick zu. »Geben Sie mir bis morgen Zeit, wenn in der Zwischenzeit etwas passiert oder Sie Rat brauchen, rufen Sie mich ruhig an.«
    Am selben Abend lädt er mich ins pur ein. Wenn man den Gourmetführern glauben darf, eines der neuen Toplokale Österreichs. Ich kenne allerdings auch Menschen, die darüber schimpfen. Zu teuer, zu lange Wartezeiten, die Menügänge würden zu schnell hintereinander serviert, das Essen sei auch nicht besser als anderswo, der Besitzer bevorzuge Promi-Gäste, das Service sei von oben herab. Aber wer jemals auch nur eine Spur mit der Gastronomieszene zu tun hatte, weiß, dass so etwas üblich ist. Je bekannter und je besser bewertet ein Lokal, desto mehr wird genörgelt. Ich will mir mein eigenes Bild machen, ich will schon seit Wochen ins pur.
    Gestylte Fassade in einer Seitenstraße nahe der Inneren Stadt. Glasfenster von der Decke bis zum Boden, der Eingang eine schlichte Doppelglastür, aber mit grünem und orangefarbigem Neonlicht so geschickt ausgeleuchtet, dass man meint, in einen Hollywood-Tempel zu treten. Orangerotes Neonlicht umkränzt auch die ewig lange Bar im ersten Raum, ich zähle mindestens sechzig Sitzplätze an der Bar, davor einige kleinere Tische. Chillout-Musik, dezent. Wände aus schwarzem hochglänzendem Material, Spiegelglasdecke. Geschäftige Ober und Barkeeper, keiner älter als dreißig, alle in schwarzem Hemd. Man könnte sagen, das ist alles etwas zu viel, zu sehr gestylt, wo bleibt da die Wiener Gemütlichkeit? Aber mir gefällt es, gebe ich zu. Und etwas mehr internationales Styling kann Wien nicht schaden.
    Ich weiß, dass Oskar hier schon einige Male mit Klienten zum Mittagessen war. Der Oberkellner erkennt ihn wieder, führt uns weiter in den Restaurantteil. Quadratische Tische aus dunklem poliertem Holz, Tischläufer aus weißem Leinen, schlicht und elegant, Ledersessel mit

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