Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
drei von denen da, mit denen ich mich ganz gut verstanden habe. Ich bin in der Redaktion aufgehalten worden, zu spät weggefahren und daher erst eine halbe Stunde nach dem vereinbarten Termin erschienen.
Birgit – sie hat übrigens ziemlich viele Falten – erzählt gerade, dass es sie mit ihrem Mann, einem Geologen, in die Berge Tirols verschlagen habe. Sie ist Lehrerin, erinnere ich mich. »Viel zu viele Steine rund um mich«, stellt sie mit einem nicht besonders fröhlichen Lachen fest.
Ich frage Monika, die ein Jahr neben mir in der Schulbank gesessen ist, nach der schicken Boutique, die sie gemeinsam mit ihrem Mann betrieben hat. »Kann mich schon kaum mehr daran erinnern«, erwidert sie, ihre laute Stimme hat sich seit der Schulzeit fast nicht verändert, »der Typ hat noch ein paar aufgemacht, und dann ist er pleitegegangen.« Es dauert eine Zeit lang, bis ich dahinterkomme, dass sie mit »der Typ« ihren damaligen Mann meint.
Verena dafür ist schwanger und lässt sich von denen, die ich immer schon für die größten Gänse gehalten habe, hofieren. Von »tapfer« ist da die Rede und von »diesem schönen Optimismus« und natürlich von einer Menge Schwangerschaftserlebnissen zwischen schwerem Leiden für das künftige Leben und »der wirklich wunderbarsten Zeit, die eine Frau nur haben kann«. Ich kann da nicht mitreden. Petra auch nicht, wir sehen einander an und verstehen uns. Sie war einige Jahre Model und hat danach in die PR-Branche gewechselt. Verheiratet ist sie auch nicht.
»Waruuum???«, flötet Sigrid, als die Rede darauf kommt. »Du siehst doch noch immer sooo attraktiv aus!«
»Weil mir meine Männer alle paar Jahre irgendwie abhandenkommen«, murmelt Petra und grinst mir dann zu.
»Ohnehin besser«, mischt sich Karin ein. He, das ist doch die mit dem tollen Uni-Professor. »Bei mir ist es viel zu lange gegangen.« Und sie erzählt, dass ihr göttlicher Gatte auch nach ihrer Hochzeit sein Faible für Studentinnen nicht verloren hat.
Irgendwie seltsam, dass wir nur über Männer reden. »Und was machst du jetzt?«, frage ich sie.
»Ich habe die Scheidung durchgezogen, das war das Mindeste, was ich tun konnte, ihm ist noch immer viel zu viel geblieben.«
»Ich meine, was arbeitest du?«
»Na ja. Ich habe ein Germanistikstudium angefangen, damals. Ich arbeite in einer Buchhandlung. Halbtags.«
»Verkäuferin«, ruft Eva spitz, »das wär wirklich nichts für mich.«
Petra sieht sie einigermaßen spöttisch an. »Du arbeitest als Sprechstundenhilfe bei deinem Mann, nicht wahr?«
Eva beißt zurück: »Wir führen die Praxis gemeinsam, übrigens geht sie sehr gut, und wir haben vor, zu erweitern. Er hat in den USA eine Spezialausbildung in plastischer Chirurgie gemacht.«
Ich grinse. Ein Schönheitschirurg. Er sollte an Eva etwas üben.
»Mein Kind hat sich bewegt«, ruft Verena, gerade als das Essen kommt. Die Aufregung ist groß, und Eva muss ihr tatsächlich die Hand auf den Bauch legen. Ich denke mir, mit dreiundvierzig ein Kind zu kriegen ist irgendwie jenseitig. Vor allem für das Kind. Aber was weiß ich schon.
Nachdem wir einige Flaschen Wein – Verena natürlich Saft, das betont sie auch bei jedem Schluck – getrunken haben, werden die Gespräche direkter, und die Fassaden bröckeln immer mehr.
Birgit erkundigt sich bei mir, was man tun muss, um sich möglichst schmerzlos scheiden zu lassen. Ihr »Alter« hocke nur auf den Bergen bei seinen Steinen und bei Schlechtwetter vor dem Fernseher, und sie habe endgültig genug. Evas Tochter dürfte ein Drogenproblem haben, während Sigrid eindeutig viel zu viel trinkt. Sie ist Apothekerin, wenn ich mich richtig erinnere.
Jedenfalls hat die rosa Mädchenwelt in den vergangenen Jahrzehnten so einige Schatten bekommen.
Noch vor Mitternacht steige ich ins Auto und fahre wieder Richtung Wien. Mit Petra werde ich mich in den nächsten Wochen einmal treffen, das haben wir zumindest vereinbart. Und Verena hat versprochen, via Mail viiiiele Fotos von der kleinen Johanna-Charlotte zu verschicken – sobald sie auf der Welt sei. Kein Problem, ich muss sie mir ja nicht ansehen. Erst jetzt wird mir bewusst: Diesmal sind keine Bilder von attraktiven, erfolgreichen Männern und süßen Kindern herumgegangen. Ich habe das Gefühl, das liegt nicht nur daran, dass in der Zwischenzeit digital fotografiert wird.
Als ich am nächsten Vormittag, irgendwie noch immer mitgenommen von dem eigenartigen Maturatreffen, auf den Lift zu meinem Büro im
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