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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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Kichern.
    »Ich muss sehen, wo meine Fotografin bleibt«, murmle ich und mache mir Sorgen. Was, wenn ihr Mann doch irgendwie in die Gästewohnung eingedrungen ist? Oder wenn er den Ausgang verbarrikadiert hat? Allerdings: Gestern hat Gerda nicht so gewirkt, als hätte sie Angst. Vielleicht bin ich es, die das alles viel zu dramatisch sieht. Ich kenne so etwas eben nicht. Zum Glück.
    Er sieht mich für einen Moment verunsichert an: »Haben Sie genug Informationen? Haben Sie mein neues Buch gelesen? ›Lächelnd zum Gipfel‹?«
    Klingt irgendwie nach einem Kamasutra-Verschnitt, aber ich nicke brav, und tatsächlich liegt das Buch bei mir auf dem Schreibtisch, ich werde das Cover abdrucken, das war die Bedingung für das Interview. Er sieht auf die Uhr. »In einer Viertelstunde darf ich in die Stadthalle. Ich darf mich mental auf mein abendliches Seminar vorbereiten. Wir sind wie immer ausverkauft.«
    Massenhysterie, ich schüttle mich. Und dann sein »darf«. Er hat mir erklärt, dass er das Wort »müssen« abgeschafft und durch »dürfen« ersetzt hat. Ob er den Schmarren wirklich glaubt, oder ob er uns alle zum Narren hält?
    Ich suche am Mobiltelefon Gerdas Nummer, rufe sie an. Fünf-, sechs-, siebenmal Freizeichen, dann sehr leise: »Gerda Hofer.«
    »Mira da, was ist los? Ich warte seit einer Stunde auf dich, der JanWinter-Termin!«
    »Du liebe Güte. Aber du ahnst nicht, was passiert ist.«
    »Hat er dich verprügelt?«
    »Was? Nein, sozusagen schlimmer. Er hat seit Wochen einen Detektiv hinter mir hergeschickt. Ich brauche einen guten Anwalt. Dein Freund ist doch Anwalt, oder?«
    »Wirtschaftsanwalt in erster Linie.«
    »Trotzdem, bitte, kannst du ihn anrufen?«
    Ich organisiere, dass die Fotoredaktion jemanden in die Stadthalle schickt, es habe ein Terminmissverständnis gegeben. Dann rufe ich Oskar an, der meint, Gerda solle gleich zu ihm kommen, er werde den Fall nicht übernehmen, aber er könne ihr vielleicht ein paar Ratschläge geben.
    Gerda fleht mich an, auch hinzukommen. Wo ist die selbstbewusste Frau von gestern Nachmittag?
    Wir treffen uns in Oskars Kanzlei.
    »Dass es so etwas gibt, da bist du mit einem Mann mehr als zwanzig Jahre zusammen, und dann lässt er dich beschatten. Ich habe geglaubt, das gibt es nur in schlechten Filmen«, meint Gerda.
    Oskar schüttelt den Kopf. »Und«, kommt er auf den Punkt, »hat es etwas zu beschatten gegeben?«
    Gerda starrt auf die Tischplatte. »Das hat doch viel später angefangen, er hat mich schon monatelang mit seiner unbegründeten Eifersucht gequält, mir vorgehalten, ich würde mich von ihm entfernen, dauernd Liebesschwüre verlangt. Und irgendwann einmal hab ich jemanden kennengelernt. Aber das war eben viel später. Und jetzt will er sich scheiden lassen.«
    »Plötzlich?«, sage ich. Offenbar hat mir Gerda nur einen Teil der Wahrheit erzählt.
    »Ja. Wenn ich in den letzten Monaten auch nur von einer probeweisen Trennung gesprochen habe, ist er ausgeflippt. Mich zu verlieren, die Kinder zu verlieren würde heißen, alles zu verlieren, hat er herumgeschrien.«
    »Und gleichzeitig hat er dir nachspionieren lassen«, sage ich.
    Gerda senkt den Kopf. »Ich kapier es nicht, ich kapier es einfach nicht.«
    »So selten ist so etwas auch wieder nicht«, meint Oskar, der Anwalt, »er wollte Gewissheit und …«
    »Heißt das, du findest das in Ordnung?«, fauche ich ihn an. Ich weiß nicht, auf wen ich mehr wütend bin: auf Oskar, der diesen Typen verteidigt, oder auf Gerda, die kein Wort über ihren Seitensprung verloren hat.
    »Heißt es nicht, ich analysiere nur. Er konnte mit seiner Eifersucht wohl nicht umgehen.«
    »Ich habe ihm gesagt, er soll eine Psychotherapie machen, aber er hat nur gesagt, er sei es ja nicht, der verrückt geworden sei. Dabei ist er Arzt, er muss doch wissen, dass eine Psychotherapie …«
    Oskar räuspert sich. »Tatsache ist, dass Sie ein Verhältnis haben, dass er es herausbekommen hat und sich jetzt scheiden lassen will. Was hat er für Beweise?«
    »Fotos«, antwortet Gerda leise, »nicht solche, wie Sie vielleicht denken, aber eindeutig genug. Wir gehen Händchen haltend spazieren, küssen uns, ich betrete seine Wohnung, all so was. Übrigens – wenn es nicht so unangenehm wäre, wäre es zum Lachen: Es gibt auch zwei Fotos, auf denen ich in der Umarmung unseres Chefredakteurs zu sehen bin.«
    Ich kann mir gut vorstellen, dass er versucht hat, sich an die neue Fotografin heranzumachen, aber dass sie … Vielleicht war ihr

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