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Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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seufzt und sieht zum Schachtisch hinüber. Da spielen inzwischen zwei Burschen miteinander, neben ihnen steht ein Viertel Rotwein, aber das gehört wohl eher dem Arzt. »Ich wollte eigentlich Schach …«
    »Ich halte Sie nicht mehr lange auf«, erwidere ich rasch. »Bitte!«
    »Wie war ihre Beziehung? Ich habe mich das in den letzten Tagen selbst immer wieder gefragt. Sie hat sich vor allem in den vergangenen zwei Jahren kaum in der Praxis blicken lassen. Und Dr. Hofer war, was sein Privatleben anging, nicht gerade gesprächig. Mir hat es danach ausgesehen, als wäre alles in Ordnung. Bis … bis vor ein paar Monaten, da sind da und dort Andeutungen gefallen, er war angespannt, hat die Sprechstundenhilfen angeschnauzt, und dann kam der Tag, an dem er diesen Brief verteilt und die Bilder seiner Frau abgenommen hat.«
    »Ich kenne den Brief. Was haben Sie gedacht, als Sie ihn gelesen haben?«
    »Er hat mir leidgetan. Und sie auch. Ich habe an meine Frau gedacht und daran, was ich für ein Glück mit ihr hatte.« Leiser fährt er fort: »Und sie hoffentlich auch mit mir, wer kann das schon so genau wissen?«
    »Gerda Hofer hat Ihnen auch leidgetan?«
    »Aber natürlich, so eine Scheidung ist für alle eine schlimme Sache, in erster Linie für die Kinder. Und eines muss man schon sagen. Er hatte eine Eigenschaft, die da wohl mitgespielt hat: Wenn er Verrat gewittert hat, war er unerbittlich.«
    »Nur dass er es ist, der ermordet wurde.«
    »Ja«, sagt Dr. Weißgerber und steht auf. »Da drüben wartet der österreichische Jugendmeister auf mich, das wird eine harte Partie.«
    Am nächsten Tag steht fest, dass Dr. Weißgerber, zumindest was die Kompetenz seines Kollegen und Arbeitgebers betrifft, Recht hatte: Behandlungsfehler hat es kaum gegeben. Ich fahre nach meiner Arbeit in der Redaktion zu Vesna nach Hause. Zwei Zimmer, Küche, Bad in einem einstöckigen Haus, in dem nur Ausländer wohnen. Oder ehemalige Ausländer. Die meisten Fenster auf die Straße, kein bisschen Grün, wenn man einmal von der mickrigen Birke im Innenhof absieht. Immer wieder heißt es, das Haus soll abgerissen werden, aber dann geschieht doch wieder nichts. Vesna will trotzdem nicht weg von hier. »Da sind Freunde, da trifft man sich im Hof, und Miete ist nicht teuer, und das Haus liegt fünf Minuten zur U-Bahn, dreißig Minuten zu Fuß in die Innenstadt. Was will ich mehr?«
    Im anderen Zimmer hocken ihre Zwillinge, wie fast alle in ihrem Alter, vor dem Computer. Bloß, dass sie sich einen teilen müssen, was immer wieder zu lautstarken Auseinandersetzungen führt. Vesnas Mann ist wie meistens nicht da, Vesna kann damit gut leben. »Ich baue Raum bei Nachbarin zu Büro um, ausgemalt ist schon, nächste Woche legen wir den Boden«, sagt sie mit einem genervten Blick Richtung Nebenraum. Die Zwillinge streiten. Auf Deutsch.
    »Also«, beginnt sie.
    Ich bin nervös, Oskar landet in zwei Stunden, ich will ihn abholen. »Also was?«
    »Behandlungsfehler war es nicht, wie es aussieht. Computer der Sozialversicherung hat nur zwei Fälle in den letzten sechzehn Jahren: Eine Frau hat sich beschwert, dass er ihr falsche Medikamente gegeben hat und sie seitdem immer Kopfschmerzen hat. Aber die Frau beschwert sich über alle Ärzte. Gibt zweiunddreißig Fälle, wo sie Arzt angezeigt hat. Und dann war ein Mann, der nach Sportunfall gesagt hat, Dr. Hofer hat seinen Arm nicht richtig behandelt.«
    »Was ist mit ihm?«
    »Verfahren wurde eingestellt. Dr. Hofer konnte nachweisen, dass er ihm zu absoluter Ruhe geraten hat, aber der Mann hat Sport gemacht, war Rad fahren und joggen. Und ist kein Fall, wo wer den Arzt wegen Fehler ermordet. Aber ich werde trotzdem nachsehen, ich habe seine Adresse.«
    Schön langsam bekomme ich vor ihrer Privatdetektiverei Hochachtung. »Wie bist du in den Sozialversicherungscomputer gekommen? Wie macht ihr das?«
    Vesna lächelt. »Könnte dir jetzt sagen, ist Detektivgeheimnis, ist aber nicht so. War alte bosnische Putzfrauenverbindung. Du kennst meine Cousine zweiter Grad? Draga?«
    Ich schüttle bedauernd den Kopf.
    »Kennst du doch, ist bei allen Festen hier mit dabei, feiert gerne, meine Cousine. Sie ist Putzfrau bei Sozialversicherung. Und sie putzt privat bei Abteilungsleiterin von Sozialversicherung, die mit solchen Beschwerden über Ärzte zu tun hat. Putzt natürlich schwarz, aber ist ganz gut gezahlt, und wie sie krank war, bin ich bei der Abteilungsleiterin daheim eingesprungen. Also war sie mir etwas schuldig. Und

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