Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
Vom Netzwerk:
nicht.
    Als ich dann an Oskar geschmiegt dasitze, über die Wiener Innenstadt schaue und von den Gesprächen mit Dr. Weißgerber und den Kindern von Gerda erzähle, bemerke ich irgendwann, dass Oskar still und friedlich eingeschlafen ist. War wohl auch ein anstrengender Tag für ihn. Ich betrachte lange sein Gesicht, die hohe Stirn, die dichten Wimpern, seinen sinnlichen Mund, und denke mir, was für ein Glück ich habe.
    Warum ich im Traum ein langes weißes Kleid trage und dringend versuchen muss, eine senkrechte Wand in einem Steinbruch nach oben zu klettern, weiß ich nicht. Jedenfalls hänge ich fest, und irgendetwas zieht am Kleid, und oben steht Gerda, oder ist es Oskars Mutter? Schweißgebadet wache ich auf. Kein Mensch verlangt von mir, in einem langen weißen Kleid zu heiraten, tröste ich mich. Neben mir schnarcht leise Oskar.
    »Das ist doch Unsinn«, brüllt der Chefredakteur ins Telefon. »Das kann doch nicht wie ein Krankenstand bewertet werden. Was heißt, Sie wissen das nicht. Wofür bezahlt Sie das ›Magazin‹? Was heißt, Sie sind Medienanwalt und kein Strafrechtler? Sie werden doch wissen, was zu tun ist, wenn ein Arbeitnehmer in Haft sitzt! Das kommt davon, dass ich sie angestellt habe! Nichts als Schwierigkeiten!«
    Ich bin eigentlich da, um mit ihm über eine Beschwerde von Jan Winter zu reden. Unser Lauf- und Motivationsguru hält es offenbar nicht aus, wenn man nicht alles, was er so erzählt, für bare Münze nimmt, und hat mit einer Klage wegen übler Nachrede gedroht. Nur weil die Sportwissenschaftlerin gefunden hat, dass seine Thesen Unsinn sind, und das auch ganz gut belegt hat.
    Jemand sitzt also in Haft. Der Chefredakteur hat nicht von U-Haft geredet, aber so genau nimmt er es wohl nicht. Er sieht mich in der Tür stehen, verscheucht mich mit wütenden Handbewegungen, telefoniert dabei weiter, kommt her und knallt die Türe zu. Aber ich kann ihn immer noch brüllen hören. »Das ist selbst verschuldetes Fernbleiben, wenn nicht überhaupt ein Entlassungsgrund. Wenn Sie sich nicht auskennen, dann machen Sie sich schlau. Anwälte gibt es wie Sand am Meer. Wiederhören.«
    Er reißt die Tür wieder auf und sieht mich nach wie vor da stehen. »Was lauschen Sie an meiner Tür?«
    Zehn Minuten später habe ich es über Droch herausgefunden: Gerda Hofer sitzt in Untersuchungshaft. Sie hat gelogen, was ihr Alibi angeht, sie hat auch uns angelogen. Nach ihrem Fototermin hat sie sich mit ihrem Exmann in einem Café in der Nähe seiner Praxis getroffen, die Kellnerin weiß von einer lautstarken Auseinandersetzung. Danach hätten beide wütend das Café verlassen, man sei darüber sehr froh gewesen, denn solche Streitereien quasi in aller Öffentlichkeit, die seien doch peinlich.
    »Wobei ging es bei dieser Auseinandersetzung?«, frage ich Droch.
    »Offenbar um Geld und um irgendwelche Fotos, hat mir Zuckerbrot gesagt, und dass es besser sei, ihr würdet Gerda nicht schützen und auch sonst mit euren privaten Schnüffeleien aufhören – wobei ich ihm nur zustimmen kann.«
    »Woher weiß er, dass wir …«
    »Er ist ein Profi, und auch er hat die Kinder befragt. Ein Testament ist übrigens immer noch nicht aufgetaucht, sieht so aus, als würden die Kinder tatsächlich alles erben – und sie profitiert davon. Was ist, hast du Zeit für ein schnelles Mittagessen?«
    »Sonst gern«, lächle ich möglichst unbefangen, »aber ich habe eine Menge zu tun, vielleicht morgen?«
    »Ha!«, sagt Droch nur und sieht mich spöttisch an. »Das musst du wohl sofort mit deiner Vesna bereden.«
    Ich mache mich aus dem Staub. Wenn ich wirklich so leicht zu durchschauen bin, wäre ich für einen Detektivjob wohl nicht geeignet. Strebe ich aber ohnehin nicht an.
    Wenn Gerdas Alibi falsch war, dann ist auch das von Peter Königsberger falsch. Sicher hat die Polizei schon mit ihm geredet, und es ist ja auch nicht so schwer verständlich, dass er versucht hat, seine Freundin zu schützen, trotzdem: Ich würde ihn gerne treffen.
    »Besser, du gehst allein, Mira Valensky«, sagt Vesna am Telefon. »Ich habe jetzt keine Zeit, muss mit meinem Mann einkaufen, er fahrt nächste Woche heim nach Bosnien, Verwandten besuchen. Seine, ich habe nicht viele.«
    »Und die Zwillinge?«
    »Haben nein gesagt, sagen, sie sind Österreicher und da unten ist Balkan. Haben sie ja irgendwie Recht, aber ... ist auch traurig. Jeder braucht Wurzeln.«
    »Ihre sind hier und bei euch.«
    »Habe ich meinem Mann auch gesagt, aber bei uns in

Weitere Kostenlose Bücher