Verschieden - ein Mira-Valensky-Krimi
Menschen aus«, stöhnt Vesna.
Was soll das?
»Sie müssen aber noch etwas warten, nehmen Sie bitte Platz.«
»Kann ich … vielleicht schon in einen Behandlungsraum? Meine Freundin passt auf mich auf.«
»Soll ich Ihnen nicht doch lieber einen Krankenwagen rufen? Oder ich sehe nach, ob Sie Dr. Weißgerber vielleicht vorziehen kann.«
»Nein«, stöhnt Vesna, »besser, ich fange mich ein wenig, das sind so Anfälle, wissen Sie. Ist nicht Zimmer mit Ruhe und Liege wo frei?«
»Ja, das zweite Behandlungszimmer, das hat jetzt Frau Dr. Zeilinger übernommen, aber die ist nicht mehr da.«
»Danke«, sagt Vesna und strebt mit gekrümmtem Rücken auf die Tür zu, neben der ein provisorisches Pappschild mit der Aufschrift »Dr. Zeilinger« angebracht ist. Die Sprechstundenhilfe starrt uns ratlos nach.
»Ich passe auf sie auf, wenn es kritisch wird, rufe ich Sie sofort«, flüstere ich der Sprechstundenhilfe zu, »aber es wird schon gehen, meine Freundin ist zäh.«
Vesna hat die Tür geöffnet, ich eile ihr nach, wir schließen die Tür hinter uns.
Der Computerbildschirm ist dunkel, mit einigem Pech braucht man ein Passwort. Und: Wir haben keine Ahnung, wie lange wir Zeit haben.
Ich streife an der Maus. Glück gehabt. Der Bildschirm war bloß im Standby-Modus – wenn ich auf den Knopf gedrückt hätte, hätte ich den Computer ausgeschaltet. Vesna ist in der Nähe der Tür stehen geblieben und lauscht.
Ich gehe in den Explorer und dann auf »Suchen« – jetzt kommt es mir sehr zugute, dass ich immer wieder Dateien falsch ablege und später suchen muss. Ich gebe »*.jpg« ein und beobachte, wie die Festplatte durchsucht wird. In rasender Geschwindigkeit rennen Dateinamen an mir vorbei.
Vesna zuckt zusammen.
Kommt jemand?
»Ist weitergegangen«, flüstert sie dann, »hast du es?«
Die ersten gefundenen Dateinamen erscheinen auf dem Bildschirm. Er hat zum Glück nicht viele Fotos gespeichert. Ein paar sind mit »Ärztekongress 04« benannt und fortlaufend nummeriert. Ich kann mir nicht alle ansehen, so viel Zeit ist nicht, also lasse ich die einmal beiseite. Zwei heißen »Wohnung1« und »Wohnung2«, interessant, vielleicht Bilder von der Wohnung, die er, für Gerda überraschend, aber wohl doch geplant, gemietet hat. Aber ich darf keine Zeit verschwenden. Die anderen Fotos haben keinen Namen, nur eine Nummer. Wenn ich die alle einzeln öffnen muss … Aber stopp, es geht anders. Ich gehe auf »Ansicht« und klicke »Miniaturansicht« an. Eine Datei nach der anderen verwandelt sich in ein kleines Bildchen.
»Komm her«, flüstere ich Vesna zu.
Sieben Fotos hat Dr. Hofer von seiner Sprechstundenhilfe im Steinbruch gespeichert. Ins Regal hat sich Nicole das gestellt, auf dem sie am meisten anhat. Der Drucker ist eingeschaltet. Ich drucke das uns bereits bekannte Foto aus sowie zwei, auf denen sie, nackt über einen Felsen gebeugt, dem Betrachter zulächelt.
Vesna steht wieder an der Türe und lauscht. Ich falte die Ausdrucke, stecke sie in meine Tasche und sehe noch nach dem Dateipfad. Dr. Hofer hat sie unter »Krankheitsverläufe zur wissenschaftlichen Bearbeitung« gespeichert, da schaut so schnell keiner rein. Die Bilder sind zwei Monate alt.
Vesna gibt mir aufgeregt ein Zeichen. Ich springe auf, der Bildschirm ist zum Glück von der Tür aus nicht zu sehen. Vesna öffnet die Tür, stößt beinahe mit der Sprechstundenhilfe zusammen.
»Sie können jetzt zu Dr. Weißgerber.«
»Wir haben anders überlegt. Ich muss ins Krankenhaus«, sagt Vesna und stürmt mit einer in den Magen gepressten Faust davon. Ich hinter ihr drein.
Vesna fährt. Ich versuche Zuckerbrot zu erreichen. Er hebt nicht ab, unter keiner Nummer. Es ist halb acht am Abend, irgendwo muss er doch sein, verdammt noch mal. Droch. Vielleicht weiß er, wo sein Freund steckt.
Üblicherweise hat er sein Mobiltelefon außerhalb der Dienstzeit ausgeschaltet, ich probiere es trotzdem – und lande auf der Mailbox. Ich atme durch und wähle seine Privatnummer.
»Droch«, sagt eine Frauenstimme.
»Mira Valensky vom ›Magazin‹, kann ich Ihren Mann sprechen?«
»Ich weiß nicht, ob ich ihn stören kann.«
»Es ist dringend, bitte.«
»Er hat auch eine Privatsphäre – und er muss sich entspannen.«
Was er nicht alles muss. »Sagen Sie ihm, dass ich dran bin!« Das war schon eher ein Befehl als eine Bitte, aber darauf reagiert sie offenbar und meint, sie werde nachsehen, einen Moment.
»Droch«, sage ich erleichtert, als ich seine Stimme
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