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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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wieder in den Flur und glitt mit dem Rücken an der Wand entlang, an den Leichen vorbei in die Küche. Er knipste das Licht an. Niemand.
    »Der Dritte«, rief er nach oben, »wo ist der Dritte?«
    »Tot.«
    Er zog sich am Geländer die Treppe hinauf. Oben sah er Joyce an der Wand lehnen. Sie hatte Prügel bezogen, das war nicht zu übersehen. Ihre Nase war blutverklebt.
    Forschend sah er sie an. »Geht’s?«
    Joyce nickte und stieß sich von der Wand ab. »Geht schon.«
    »Drei Mann?«
    Sie nickte noch einmal. »Ja. Kalojew liegt oben. Hast du die Schüsse nicht gehört?«
    »Schüsse?«
    »Fünf Schuss. Er war schon beim ersten tot, vermute ich.« Flach atmend deutete sie auf die Tür. »Wir müssen uns beeilen. Es dauert keine Viertelstunde mehr, bis hier eine Polizeieinheit vor der Tür steht.«
    »Ist sie da drinnen?«
    Joyce nickte. Senkte den Blick. »Tut mir leid.«
    Mit wenigen Schritten war Maier bei der Tür. Er drückte die Klinke herunter und stemmte die Schulter dagegen. Den Schmerz, den dieser leichte Druck verursachte, spürte er nicht, als sein Blick auf Susan fiel.
     

63
     
    Maxim Kalojew hätte längst anrufen sollen. Es war sieben Uhr, und die Polizei musste schon vor Stunden wieder abgezogen sein. Dass Maxim noch nichts von sich hatte hören lassen, war ein schlechtes Zeichen.
    Wadim fragte sich, ob es überhaupt mit der Polizeivisite vom Nachmittag zu tun hatte. Es war nur ein einziger Wagen gewesen, mit zwei Mann. Genug für ein Gespräch über Robby Faro, aber zu wenig, um den Laden gründlich auf den Kopf zu stellen.
    Also kein Hausdurchsuchungsbefehl.
    Trotzdem war irgendetwas faul. Lag es an Maxim? Hatte der die Sache versaut? Er war ziemlich gestresst gewesen, als er ihn zuletzt gesprochen hatte. Eine fast schon paranoide Angst hatte Kalojew gehabt. Hatte er jetzt irgendwelche Dummheiten gemacht? Waren ihm die Sicherungen durchgebrannt?
    Das Telefon klingelte. Das musste er sein. Wadim drückte eine Taste und hielt sich das Handy ans Ohr. »Da? «
    »Zdraste.«
    Es war nicht Maxim. Es war der Düsseldorfer. Mit der Begrüßung entfuhr ihm ein tiefer Seufzer. »Wo bist du?«
    »Niederlande«, antwortete Wadim.
    »Unterwegs hierher?«
    »Noch nicht.«
    Ein Fluchen am anderen Ende. »Wir hatten sieben Uhr abgemacht, also genau jetzt.«
    »Höhere Gewalt«, erklärte Wadim. »Ich melde mich, wenn ich losgefahren bin.« Er drückte den anderen weg und wählte sofort die Nummer von Maxim.
    Er ließ es dreimal klingeln. Viermal, sechsmal, achtmal.
    Dann sprang die Mailbox an.
     

64
     
    Der Subaru rumpelte über eine Bodenschwelle. Susan stöhnte. Sie lag auf der Rückbank, den Kopf auf Maiers Schoß. Er strich ihr unablässig übers Haar, zwanghaft, als ob sie eine Katze wäre. Sie hatte seine Hand schon zweimal weggeschoben.
    Er war ihr unerträglich. Seine Berührungen, sein Geruch, seine Stimme, sein Atem, sogar seine Bewegungen und sein Herzschlag riefen lediglich Aversionen in ihr wach. Wenn sie dennoch liegen blieb, so nur, weil sie keine Kraft mehr hatte.
    Hinter dem Lenkrad saß eine dunkelhäutige Frau, Ende zwanzig oder Anfang dreißig. Hübsch, schlank und genau wie Maier ganz in Schwarz gekleidet. Sie sprach mit leicht surinamischem Akzent.
    Sil schien sie gut zu kennen. Zumindest ging er vertraulich mit ihr um.
    »Wir müssen in ein Krankenhaus«, hörte Susan ihn sagen, mit mehr Gefühl in der Stimme, als er in ihrer Gegenwart je gezeigt hatte. »Ich glaube nie im Leben, dass es … dass es gut wird, wenn du es …«
    »Solche Fälle werden registriert. Wenn eine Frau mit derart typischen Verletzungen in der Notaufnahme auftaucht, nachdem es am selben Abend ein Gemetzel bei Maxim gegeben hat, halten meine Kollegen das schon für einen ziemlich sonderbaren Zufall.«
    »Kannst du das nicht irgendwie abfangen? Indem du im Krankenhaus mit deiner Dienstmarke wedelst und sagst, dass die Sache diskret behandelt werden muss?«
    »Du guckst zu viele Filme.«
    Er strich Susan übers Haar. »Du siehst doch, wie sie …«
    »Sorry, du hast recht.« Das Auto bog nach rechts ab. »Ich lass mir was einfallen.«
    Susan nahm Maiers Hand – warm und kräftig, von der Anspannung leicht feucht – und schob sie weg.
    Sie hatte kein Wort gesprochen, seit die beiden sie gefunden und aus diesem Haus des Schreckens weggeholt hatten. Nicht, dass sie nicht mehr hätte sprechen können , sie wollte nicht mehr sprechen. Nein, es war noch schlimmer, es ging noch viel tiefer: Sie wollte nicht mehr

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