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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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Ich kenne ihn etwas länger. Zu lieben reicht nicht. Nicht so, wie Sil jemanden liebt.« Ein bitterer Zug spielte um ihre Mundwinkel, die jetzt leicht zitterten. »Da ist immer jemand anders, den er noch mehr liebt. Nämlich der Typ, den er täglich im Spiegel sieht. Glaub mir. Ich kenne ihn zu gut. Ich kenne ihn besser, als er sich selbst kennt, verdammt. Für ihn ist die Hauptsache nicht ein normales Liebesleben, ja nicht einmal ein normales Leben überhaupt, sondern für Sil Maier ist die Hauptsache Sil Maier. Jetzt will er mir vielleicht gerade das Gegenteil beweisen, aber sobald ich kann, bin ich hier weg. Denn wenn er bleibt, dann aus Mitleid oder Schuldgefühl. Das lässt irgendwann nach, und dann zieht er doch wieder ab, wenn er sich bis dahin nicht von irgendeinem rachsüchtigen Gruseltypen hat abknallen lassen. So ein Leben will ich nicht. Daran gehe ich irgendwann kaputt.« Ihre Augen funkelten. »Siehst du, was ich schon für einen Unsinn von mir gebe? Irgendwann? Ich bin längst kaputt, verdammt! Wie kaputt muss eine blöde Schnepfe wie ich eigentlich sein, damit sie das mal rafft?« Frustriert schlug sie die Augen nieder und brummte: »Und ich fing gerade an, gut mit allem zurechtzukommen.«
    Joyce’ Hände zerdrückten das letzte labberige Stück Brot.
    »Ich hasse ihn«, sagte Susan im Flüsterton vor sich hin. »Ich hasse ihn wirklich.«
    Joyce sah sie stumm an.
    »Sobald ich kann, gehe ich weg, zurück nach Amerika. Zu meiner Schwester und meiner Mutter. Ich will ihn wirklich nie mehr sehen.«
    Es fiel Joyce schwer, sie anzuhören. Es war so unglaublich traurig, zumal wenn man wusste, wie sehr Maier an ihr hing und umgekehrt. »Es braucht Zeit«, legte sie Susan nahe. »Vielleicht denkst du später anders darüber, in ein paar Monaten oder in einem Jahr.«
    »Nein«, entgegnete Susan resolut. »Vergiss es.«
    Eine Weile sagten sie beide kein Wort. Joyce wollte Susan Raum geben, ihre Enttäuschung herauszulassen, aber sie machte von der Gelegenheit keinen Gebrauch. Die Zeit verstrich.
    Joyce stand auf, um ihren leeren Becher in die kleine Küche zu bringen. Holte ihr Handy aus der Tasche und warf einen Blick aufs Display. Voller Empfang. Keine unbeantworteten Nachrichten oder Anrufe.
    Wie lange war Maier jetzt weg? Doch mindestens eine Stunde.
    Vielleicht dauerte es länger, weil er tanken musste, oder er stand im Stau, oder er fand in der Stadt keinen Parkplatz. Es waren jede Menge plausible und völlig harmlose Gründe dafür denkbar, dass er sich verspätete.
    Um sich selbst zu beruhigen, schrieb sie eine SMS.
    WO BIST DU? J.Sie schickte den Text ab und ging zurück in den Raum mit dem Esstisch und den Betten. Sie hatte erwartet, dass Susan eingeschlafen war, aber sie lag da und starrte vor sich hin, mit leerem Blick aus rot umränderten Augen.
    Joyce hätte sie gern aufgemuntert, wusste aber nicht, wie sie das anstellen sollten. Die ganze Situation war nun einmal nicht besonders ermutigend. Das einzig Positive war, dass Susan lebendig aus Maxims Bordell herausgekommen war und gute Chancen hatte, wieder in ihr altes Leben zurückzufinden, zumindest wenn es Maier und ihr selbst gelang, die Gefahr namens Wadim zu eliminieren.
    Susan drehte sich zu Joyce um. Geschmeidig ging es nicht, eher mit bedächtigen, ruckartigen Bewegungen. Sie hatte deutlich immer noch Schmerzen.
    »Soll ich dir noch ein Schmerzmittel holen?«
    Susan schüttelte den Kopf. »Wenn ich mich nicht zu viel bewege, geht es schon.«
    Joyce setzte sich zu Susan ans Bett und ergriff ihre Hand, die sich klamm und kraftlos anfühlte. »Möchtest du darüber sprechen?«
    »Worüber?«
    »Was sie getan haben.«
    Susan erstarrte. »Ich will es lieber vergessen.«
    »Wer war es, Susan?«
    Susan starrte an Joyce vorbei auf einen Punkt in der Ferne. »Maxim«, sagte sie tonlos, »der Boss. Und einer, der Ilja heißt … beide zusammen.« Ihre Lippen fingen wieder zu zittern an, und das Zittern setzte sich fort über ihr Gesicht, über den Hals und den ganzen Körper, bis auch die Hand, die Joyce hielt, leicht bebte.
    »Sie sind tot, Liebes, mausetot«, flüsterte Joyce. »Du lebst. Mach dir das klar. Du hast es überlebt. Und die beiden können dir nichts mehr antun. Dir nicht und auch sonst niemandem. Nie mehr.«
    »Er war schon da, als ich nach Hause kam«, flüsterte sie. »Ich hatte es echt nicht auf dem Schirm … Plötzlich stand er da. Drinnen, im Flur. Hinter mir.«
    »Wer?« Joyce ging davon aus, dass Robby diesbezüglich nicht

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