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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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immer noch.«
    Maier zählte in Gedanken bis zehn. Dann bis zwanzig. Bis dreißig. Vierzig. »Und wird das in absehbarer Zeit behoben sein?«
    »Das wissen wir leider nicht.«
    Er fixierte Hesselbach genau. Wahrscheinlich log der Mann. Aber falls er doch die Wahrheit sagte, war die Chance, dass Maier das System wieder zum Laufen brachte, ziemlich groß. Er hatte sich zwar bereits vor einer ganzen Weile aus der Computerbranche verabschiedet, und seither hatte sich unglaublich viel verändert. Aber an die nötigen Informationen würde er schon noch herankommen, davon war er überzeugt, so marode und korrupt das System auch sein mochte.
    Das konnte er später noch in Angriff nehmen. Heute Nacht. Die Idee geisterte ihm kurz durch den Kopf. Im nächsten Augenblick hatte er sie schon wieder verworfen.
    Die vergangenen Nächte hatte er in Grübeleien versunken wach gelegen, an die Decke seines merkwürdigen Hotelzimmers gestarrt und sich gefragt, was er eigentlich bislang übersehen hatte. Viele Erinnerungen waren wieder hochgekommen, an Dinge, die er lange weggestopft hatte. Die Armut. Die Kälte. Die Männer, die seine Mutter besucht hatten. Die Blicke, die sie ihm zugeworfen hatten. Die Art und Weise, wie sie seine Mutter berührt hatten. Heute war Maier schon beim Aufstehen in einer besonders reizbaren Stimmung gewesen. Er wollte es wissen, jetzt. Nicht heute Abend, nicht morgen. Sondern jetzt. Er war es mehr als leid, sich von diesem Hanswurst schikanieren zu lassen.
    Maier fixierte Hesselbachs vor Ärger straff angespannte Miene, und erst jetzt wurde ihm richtig bewusst, dass es nur eine einzige Sprache gab, die dieser Mann verstehen würde.
    »Vielleicht habe ich mich nicht deutlich genug ausgedrückt.« Maier ergriff Hesselbachs Schlips, schlang ihn einmal um seine Faust und zog den Mann dann mit einem Ruck zu sich heran. Hesselbach hing nun halb über dem Marmortresen, mit verdrehtem Kopf. Mit der einen Hand versuchte er, seinen Schlips zu fassen zu bekommen, mit der anderen krallte er sich an der Steinplatte fest. Seine Füße zappelten in der Luft.
    Aus dem halbdunklen Gang hinter Hesselbach waren Schritte zu hören, die sich hastig entfernten. Schätzungsweise blieben Maier sechs bis sieben Minuten, um die Adresse aufzutreiben, bevor er zusehen musste, dass er hier wegkam.
    Er kletterte über den Tresen und packte den Kerl an den Haaren. Das Knacken des Nasenbeins wurde von dem lauten Rumms übertönt, mit dem Hesselbachs Gesicht auf dem Marmor landete. Und von dem Gebrüll aus seiner Kehle.
    Maier riss ihm den Kopf in den Nacken. Es war noch mehr gebrochen als bloß das Nasenbein. Zum Beispiel fehlte auch einer der Schneidezähne. Aus Mund und Nase strömte sauerstoffreiches, hellrotes Blut. Es rann Hesselbach in schnellen Strömen übers Kinn und landete in Spritzern auf seinem Hemd, der Hose und dem Fußboden.
    »Hoch jetzt, los!« Er hievte den Kerl auf die Füße.
    »Marsch, nach hinten durch!«
    Er hörte die Blondine am Telefon voller Panik die Ortsangabe durchsagen. Noch fünf Minuten, höchstens sechs, dann stünde hier ein Polizeiwagen vor der Tür. Eins war sicher: Eine offizielle Anfrage beim Kreisverwaltungsreferat konnte er jetzt vergessen.
    Er drehte Hesselbach den rechten Arm auf den Rücken und zog ihn nach oben. Seine andere Hand krallte sich in den grauen Schopf. »Los jetzt!«
    Prustend und schwankend, als ob er betrunken wäre, setzte der Mann sich in Bewegung.
    »Schneller!«, brüllte Maier.
    Fünf Minuten.
    Der Flur entpuppte sich als kleiner Vorraum, und die Tür zum Büro stand offen. Dort sah es noch trauriger aus als vorne im Verkauf. Ein brauner Fliesenboden mit grauen Metalltischen, die je ein Viertel des Raums in Anspruch nahmen. Ansonsten war das Büro leer. Von der Blondine keine Spur.
    Maier zählte vier PCs. Auf den Flachbildschirmen flimmerten unterschiedliche Screensaver. Aus den Gehäusen summte es leise vor sich hin, ein mechanisches Geräusch kleiner Ventilatoren, das sich völlig gesund anhörte. Vier einzelne Computer. Kein Netzwerk.
    »Welcher ist es?«, brüllte Maier. »Verdammt, welcher Computer?«
    »Nein, kein Computer. Mappe … Schrank.«
    Maier drückte Hesselbach sein Handgelenk kräftig zwischen die Schulterblätter und verstärkte den Griff ins Haar.
    »Wo?«
    Hesselbach jammerte, stöhnte und spuckte Blut, in einem fort.
    Vier Minuten .
    »Da drüben … am Fenster.«
    Ein Archivschrank aus Metall. Drei Schubladen übereinander.
    Maier gab Hesselbachs Arm

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