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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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konnte derzeit nicht besonders klar denken. Gestern Abend war sie zu später Stunde mit Ryanair zum Aéroport Marseille Provence geflogen. Von der französischen Hafenstadt aus war sie dann jedoch nicht nach Puyloubier weitergereist – dort hätte sie doch mitten in der Nacht nirgends mehr ein Bett bekommen –, sondern hatte sich in einem billigen Hotel für Reisende mit Kreditkarte eingemietet. Erst gegen ein Uhr mittags war sie vom Reinigungspersonal unsanft geweckt worden. Den Wecker in ihrem Handy hatte sie komplett verschlafen.
    Ihre innere Uhr war offenbar völlig durcheinander. »Du übernachtest doch auch immer bei Brigitte, oder? Soll ich sie anrufen? Dann kann sie schon mal ein Zimmer herrichten.«
    »Ach, nicht nötig.« Sie warf noch einen Blick auf die Wohnunterkünfte. Ob Maier nach dem Gespräch mit Flint direkt nach Venelles fahren würde? Es war riskant, das einfach vorauszusetzen. Hinter diesen Mauern dort begegnete er gerade zum ersten Mal seinem Vater, einem Vater, der im Sterben lag. Sie hatte keine Ahnung, wie er darauf reagieren würde.
    »Soll ich ihm etwas ausrichten?«, fragte der Deutsche. »Oder kann ich sonst irgendetwas für dich tun?«
    »Nein, danke.« Sie legte ihm die Hand auf den Unterarm. »Ich gehe jetzt. Ich warte im Auto auf ihn.« Mit einem Nicken deutete sie auf ihren Mietwagen, einen hellblauen Citroën C, der auf dem Parkplatz schräg gegenüber von Maiers Carrera stand.
    Der Mann ergriff ihre Hand. »Du kommst ja nicht besonders oft, aber immer wenn ich dich sehe, erinnerst du mich an eine Freundin, die ich einmal hatte, in Afrika.«
    »War sie hübsch?«
    »Sie war die schönste Frau, die ich je gesehen habe«, sagte er lächelnd.
    Sie grinste und zwinkerte. »Männer wie du, ihr seid eine aussterbende Gattung.«
    »Ich hoffe nicht.«
    »Glaub’s mir ruhig.«
     

40
     
    Es war lange her, dass Maxim sich so beschissen gefühlt hatte. So ohnmächtig vor allen Dingen. Es war ein geradezu körperliches Empfinden – als würde Gift aus jeder Zelle seines eins achtzig langen Körpers triefen. Vor lauter Frustration kratzte er sich am Ellbogen, pulte geistesabwesend an der rauen Haut und riss die alten Schorfe auf, bis er blutete. Starrte seine blutverschmierten Fingerkuppen an und stiefelte in die Küche, um sich die Hände zu waschen.
    Im Vorbeigehen wich er den Blicken Iljas aus, der ihn vom Sofa aus schon eine ganze Weile beobachtete. Im Hintergrund hing Pawel Radostin auf einem Barhocker. Der bekam das Ganze nicht mit. Er trank einen Whisky und rauchte eine Zigarette, während er irgendein Klatschblatt durchblätterte.
    Maxim drehte den Wasserhahn auf und hielt die Hände darunter. Mittlerweile betrieb er diesen Laden seit drei Jahren. Er wohnte sogar hier, im dritten Stock. Dies war immer sein Territorium gewesen, wo nur er etwas zu sagen hatte. Und sonst niemand.
    Bis zum Anruf von Anton. Zwei Tage später hatte der Exkommandant mit dieser niederländischen Tussi vor der Tür gestanden. Einem Mann, dem er noch zwei Riesen schuldete, hatte Maxim nicht einfach ins Gesicht nein sagen können. Anton etwas abschlagen, das ging nicht. Unmöglich.
    Und jetzt hielt die Schlampe den Raum besetzt, der bei einem harten Kern von Stammkunden besonders beliebt war. Sie durfte nicht arbeiten, um zu ihrem Unterhalt beizutragen, und sie musste zu allem Überfluss auch noch gefüttert und gewaschen werden wie eine Preiskuh.
    Anton und Wadim benutzten sein Haus als Abstellkammer und ihn als ihren Knecht. Sie schissen ihm auf den Kopf, und er sollte hinterher noch danke sagen.
    Er drehte den Hahn zu und sah sich nach einem Handtuch um, fand aber keins. Verärgert schüttelte er die Hände in der Luft ab und ging ins Wohnzimmer zurück. Schenkte sich einen Whisky ein.
    Anton war ein steinreicher Unternehmer aus Moskau, der Maxim für den Kauf dieses Hauses ein Darlehen gegeben hatte. Außerdem sorgte er dafür, dass immer genügend Frischfleisch nachgeliefert wurde. Manche der Flittchen kamen über Italien und Deutschland und brachten schon genügend Praxiserfahrung mit, hatten sich bisweilen sogar schon spezialisiert, wie Swetlana – aber die meisten waren Grünschnäbel, die erst noch eingeritten werden mussten. Die erste Runde übernahm er am liebsten selbst, zusammen mit Ilja, dann konnte er zumindest sicher sein, dass es richtig gemacht wurde. Robby war zu seinen Lebzeiten auch mit von der Partie gewesen. Im Ausnahmefall überließ Maxim die Sache auch einem gut zahlenden,

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