Verschleppt
diskreten Kunden. Es war ein hervorragender Handel, und zugegeben, ohne Anton wäre er jetzt nicht hier.
Maxim hatte als Mädchen für alles angefangen, aber jetzt, mit zweiunddreißig, konnte er die Früchte seines Einsatzes ernten. Er brauchte nur noch selten mit einer Pistole herumzufuchteln, denn mittlerweile wusste man, wer er war und wofür er stand. Außerdem hatte er für solche Sachen jetzt Ilja. Das machte vielleicht auch was aus.
Aber gegen Anton und Wadim kam er nicht an. Er hatte es versucht, und das war dumm gewesen. Übermütig. Wadim hatte ihn in seinem eigenen Revier gnadenlos heruntergeputzt.
Zum Glück hatte es niemand mitbekommen.
»Ich bin gleich mal kurz weg, übernimmst du den Empfang?« Maxim sah Ilja an, der sich auf dem Sofa ausgestreckt einen Film anschaute. Der blasse Pawel saß immer noch an der Bar und würdigte ihn keines Blickes.
Ilja richtete sich auf und schaltete den Fernseher aus. »Was Wichtiges?«
»Ich hab eine Verabredung mit diesem Wadim.« Maxim nahm einen Schluck aus seinem Glas. Die Flüssigkeit brannte ihm in der Speiseröhre. »Wegen dieser Tussi. Nachdem Robby jetzt tot ist, wird mir das zu bunt, verstehst du? Ich trau mich nicht mehr, sie hierzubehalten.«
»Warum bringst du sie nicht einfach um die Ecke?« Maxim starrte ihn mit aufgerissenen Augen an. »Um die Ecke bringen? Bist du lebensmüde? Die Tussi gehört Wadim.«
Ilja zuckte mit den Schultern. »Wenn man ihm die Kehle durchschneidet, verblutet dieser Kommandant genauso wie jeder andere auch. Vielleicht bist du ein bisschen zu soft geworden.«
»Und was ist mit Anton? Der küsst diesem Arschloch doch quasi den Boden unter den Füßen.«
Ilja warf ihm einen prüfenden Blick zu. »Ein kleiner Unfall kann immer mal passieren.«
Maxim wusste, dass er meinte, was er sagte. Der junge Typ aus Südrussland arbeitete seit drei Jahren für ihn und trug den Spitznamen sobaka , Hund. Er hatte die Treue eines deutschen Schäferhundes, den will to please eines Retrievers und die Erscheinung eines Rottweilers. Seit Robby ausfiel, war Ilja der Einzige, den er noch losschicken konnte, um Schulden einzutreiben. Die anderen Jungs ließen sich schon mal bequatschen, sie sollten am nächsten Tag wiederkommen. Ilja nicht. Der schoss sein Gegenüber erst zum Krüppel, bevor er irgendwelche weiteren Fragen stellte.
Maxim schüttelte den Kopf. »Vielleicht. Aber jetzt noch nicht.« Er kippte den Whisky herunter und stellte das Glas geräuschvoll auf die Bar. »Gut, gib ein bisschen Acht hier, okay? Ich zisch mal ab. Mal sehen, ob ich was geregelt kriege mit diesem Armleuchter.«
41
»Du bist kein Deutscher«, sagte Maier.
Flint saß aufrecht im Bett, drei weiße Kissen im Rücken. In den Händen hielt er einen Becher mit heißem Tee, der gerade gebracht worden war. »Stimmt. Ich bin Amerikaner. Geboren in Phoenix, Arizona. Aber das kannst du sofort wieder vergessen. Da war ich zum letzten Mal …«, er runzelte die Stirn und suchte mit trübem Blick die leere Wand neben Maier ab, »1966, meine Güte. Als ich den Militärdienst angetreten habe. Ich bekam eine Ausbildung als Wartungsmonteur.« Er blickte auf. »Hueys, kennst du die?«
»Die Helikopter, meinst du?«
»Die wurden im Vietnamkrieg eingesetzt. Ich sollte lernen, die Dinger instandzuhalten und zu reparieren. Das war für mich als Jungspund die Hauptbeschäftigung.«
»Wo denn?«
»In Oberschleißheim, im Norden von München. Kennst du das?«
Maier schüttelte den Kopf.
»Ein alter Flugplatz, stammt noch aus dem Ersten Weltkrieg. Heute ein Museum, glaube ich. Ich bin nie wieder dort gewesen. Hab da auch nichts mehr zu suchen.«
Maier hob die Brauen. »Wozu gab’s überhaupt eine amerikanische Armeeeinheit in München?«
»Das war der Kalte Krieg. Die halbe amerikanische Armee saß irgendwo außerhalb von Amerika. Allein in München und Umgebung waren, glaube ich, sechs oder sieben amerikanische Kasernen. In Oberschleißheim gab es die einzige Fliegerschule der US-Armee außerhalb der Landesgrenzen. Zu meiner Zeit wurden da junge Soldaten für Vietnam getrimmt. Am laufenden Band, kann ich dir sagen.«
Maier richtete sich im Sitzen auf. »Warst du auch in Vietnam?«
»Nein. Als sie in Oberschleißheim den Laden dichtgemacht haben, war meine Zeit abgelaufen. Ich hatte die Wahl, mich entweder freiwillig zu verpflichten – dann wäre ich nach Vietnam geschickt worden –, oder nach Hause zu gehen.« Flint nahm einen Schluck von seinem Tee und
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