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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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blickte über die Schulter zur Tür und rührte sich nicht vom Fleck. »Das ist nicht Wadim. Kunden und Bekannte klingeln in einem bestimmten Rhythmus: dreimal kurz, dreimal lang. Grundsätzlich. Damit die Männer Bescheid wissen, wenn Schwierigkeiten auf sie zukommen.«
    Susan reagierte nicht. Sie spitzte die Ohren.
    Auf der Treppe waren Schritte zu hören. Sie kamen die Stufen hinaufgepoltert: schwere, stampfende Schritte. Die Tür wurde fast schon eingetreten.
    Ilja kam in den Raum gestürmt, erfasste blitzschnell die Lage und bellte Olga auf Russisch etwas zu. Die sprang sofort auf.
    »What’s the matter?« , fragte Susan.
    »Polizei. Vor der Tür steht die Polizei«, sagte Olga schnell und lief aus dem Raum.
    Ilja holte eine dicke Rolle Klebeband aus der Tasche seiner Trainingshose, biss ein Stück davon ab, bückte sich und klebte Susan den schwarzen Streifen über den Mund. Er wiederholte die Prozedur zweimal.
    Unten klingelte es erneut, diesmal anhaltend.
    Die Tür wurde geöffnet. Susan hörte Männer miteinander sprechen. Niederländisch. Es schien Ewigkeiten zurückzuliegen, dass sie jemanden Niederländisch hatte sprechen hören.
    Ilja sah sie eindringlich an. Legte den Zeigefinger an die Lippen und hob drohend die Faust, als wollte er sie schlagen.
    Sie kniff die Augen zu und wandte das Gesicht ab, wappnete sich für den Schlag. Der blieb aus, stattdessen zog er an ihrem Pferdeschwanz, zwang sie, ihn anzusehen. »You quiet.« Sein Blick war wüst, er strahlte blanke Aggressivität aus.
    Sie nickte und schluckte sichtbar. Schlug die Augen nieder, um ihm zu signalisieren, dass sie gehorchen würde. Das Herz zuckte ihr im Brustkorb auf und ab, und sie hatte Mühe, durch die Nase genügend Luft zu bekommen. Sie zitterte unkontrolliert am ganzen Leib.
    Ilja ließ ihren Pferdeschwanz los, ging wieder auf den Flur hinaus und schloss die Tür hinter sich.
    Erst als sie seine Schritte auf der Treppe hörte, wurde ihr vollends bewusst, was los war. Polizei.
    Sie musste etwas tun.
     

52
     
    Maier begutachtete die Stadtpläne, Fotos und Computerausdrucke. Joyce hatte nicht zu viel versprochen, sie hatte über die Computer der CIE eine Goldmine an Informationen zusammengesammelt. Es gab sogar Skizzen der einzelnen Stockwerke. Wenn die Angaben stimmten, wurde Susan links im ersten Stock gefangen gehalten, in einem Zimmer zwischen der Treppe und einem der Separees.
    Joyce hatte alles hervorragend vorbereitet, er selbst hätte es nicht besser gekonnt. Sogar wie sie hineingelangen würden, war in groben Zügen schon schriftlich fixiert.
    Innerlich verspürte er ein Prickeln wie schon lange nicht mehr. Genau so hätte er es auch gemacht: in Erfahrung bringen, wie viele Leute sich wann wo aufhielten und welcher Zeitpunkt folglich am besten geeignet war, um in das Gebäude einzudringen. Wo man hineinkam, welchen Fluchtweg man sich möglichst freihalten musste. So viele Daten wie möglich sammeln und auf der inneren Festplatte abspeichern. Den Ablauf immer wieder vor dem geistigen Auge durchspielen, in allen denkbaren Varianten, um dann, wenn der Moment gekommen war, dass man tatsächlich die Tür eintrat, den Rest der eigenen Schnelligkeit und dem eigenen Instinkt zu überlassen.
    Er betrachtete die Skizzen, strich mit den Fingern über die gezeichneten Linien und stellte sich die Flure vor, die Türen, die Zimmer, die Gerüche, Geräusche. Spürte wie von selbst wieder diesen unwiderstehlichen Drang aufkommen, in der Dämmerung in ein unbekanntes Gebäude einzudringen, eine verlässliche Pistole mit Schalldämpfer fest im Griff. Wie das Adrenalin ihm durch den Körper schoss, seinen Geist auswusch und säuberte, bis nur noch dieser pure, fast schon zenartige Zustand übrig blieb, in dem nur eines zählte: zu überleben. Zu gewinnen, so stark der Widerstand, so prekär die Lage auch sein mochte.
    Aber diesmal war es anders. Diesmal war da mehr als nur diese Erregung, nach der man süchtig werden konnte. Maier kochte vor Wut. Und er war extrem unruhig. Nicht gerade die besten Voraussetzungen. Er musste sich am Riemen reißen, konzentriert bei der Sache bleiben. Es durfte auf keinen Fall schiefgehen, verdammt. Diesmal nicht.
    »Hier wäre es ideal gewesen.« Joyce tippte mit einem Stift auf die Raumskizze. »Erster Stock hinten. Ein Separee, und die Wahrscheinlichkeit, mittags jemanden dort anzutreffen, ist eher gering, wir könnten also ungesehen hineingelangen. Von dort sind es nur ein paar Schritte bis zum

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