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Verschleppt

Verschleppt

Titel: Verschleppt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Verhoef & Escober
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und drei .22er. Die andere .9er nehme ich lieber selbst. Also wirst du wohl damit auskommen müssen.«
    Er warf einen Blick auf das Brett in dem Tresor. »Und diese Walther P5?«
    »Ein Scheißteil, aber ich bin dran gewöhnt.«
    »Was ist dran auszusetzen?«
    »Auf dem Schießstand kriege ich davon Blasen an den Händen, und ich finde sie unpraktisch groß.« Sie schnallte sich ein Schulterholster um und steckte die Walther hinein. »Aber gut. Es ist die Standard-Handfeuerwaffe bei der Polizei, man kann sich’s nicht aussuchen. Und sie ist zumindest ein bisschen leichter als die Sig.«
    »Wo hast du sie her? Von einem Kollegen?«
    »Nein. Ein Beutestück von einer Razzia, aus einem illegalen Waffendepot. Die Sig übrigens auch. Und diese hier.« Sie zeigte ihm die Walther TPH. »Superpraktisch, das Teil.« Sie setzte sich auf den Boden und krempelte das eine Hosenbein hoch. Legte sich ein schwarzes Holster mit Klettverschluss um die Wade, steckte die TPH hinein, zog den Klettstreifen darüber fest und stand wieder auf. »Du auch noch eine kleine, für den Notfall?«
    »Kann nicht schaden.«
    »Such dir eine aus.«
    Während Maier die beiden Kleinkaliber in Augenschein nahm, tippte Joyce auch bei dem zweiten Tresor einen Zahlencode ein und entriegelte die Tür.
    »Ich kann mir vorstellen, dass du das nicht besonders gern machst, dir Waffen leihen«, murmelte sie. »Dass du lieber dein eigenes Material benutzt.«
    »Ich besitze keine Waffen«, sagte er matt. »Nicht mehr«, fügte er hinzu. »Ich hätte nicht gedacht, dass ich sie noch mal brauchen würde.«
    Allmählich taute er auf. Das Verbrennen seines Dossiers hatte ihm Vertrauen eingeflößt. Joyce konnte ein Lächeln nicht unterdrücken.
    Seine Wahl fiel schnell auf eine kleine Pistole eckigen Formats, silbern mit schwarzem Griff. Er hielt sie in der Rechten und testete, wie viel Spiel der Schlitten hatte.
    »Eine AMT Backup«, sagte sie. »Ich hatte noch nie davon gehört, aber ein Hersteller, der eine kleine .22er als ›Backup‹ bezeichnet, ist mir sympathisch. Dafür, dass sie so klein und leicht ist, ist sie übrigens ziemlich gut zu handhaben, finde ich. Auch für dich, nehme ich an.«
    Maier gab ein unverständliches Brummen von sich.
    Auf dem zweiten Brett lagen ein Waden- und ein Schulterholster. Er nahm sie beide und zog das Letztere über sein T-Shirt. »Hast du auch an Messer gedacht?«, fragte er.
    »Unter anderem, ja.«
    Maier blickte über die Schulter in den Schrank, den sie gerade geöffnet hatte. »Mein Gott«, murmelte er. »Was hast du denn noch alles vor?«
     

55
     
    Ihr war schwindlig vor Schmerzen, von den Schlägen, die sie bezogen hatte. Sie spürte das beißende Salz der getrockneten Tränen auf ihren Wangen. Sie konnte nicht mehr. Körperlich war sie völlig erledigt.
    Angespannt lauschte sie. Waren die Polizisten noch da? Sie konnte es nicht sagen. Sie hatte bloß noch ein Pfeifen im Ohr.
    Sie war ein schreckliches Risiko eingegangen. Hatte sich Iljas Wut zugezogen, indem sie mit dem Kopf auf den Boden gehämmert hatte, immer wieder, so heftig, dass sie fast bewusstlos geworden wäre.
    Und es war alles umsonst gewesen.
    Sie hatte sich selbst zum Narren gehalten. Gekämpft und verloren.
    Die Laborrattenhoffnung.
    Durch ihre geschwollenen Lider starrte sie vor sich hin, auf das Erbrochene, das sich keine Handbreit von ihrem Gesicht entfernt auf dem glatten Linoleum ausgebreitet hatte. Den säuerlichen Gestank, der davon ausging, nahm sie schon nicht mehr wahr. Dass sie sich übergeben hatte, hatte sie schon so gut wie vergessen.
    Sie hatte immer mit der Seite ihres Schädels auf den Boden geschlagen, denn nur so hatte sie genügend Lärm machen können, um gehört zu werden. Sie hatte gewütet wie eine Besessene, doch nicht das hatte ihr das Bewusstsein geraubt.
    Sondern der Tritt, den Ilja ihr versetzt hatte, als er zum zweiten Mal nach oben gekommen war.
    Als sie wieder zu sich gekommen war, war sie allein gewesen, mit dieser Lache von Erbrochenem vor sich. Ihre Hände waren wieder auf dem Rücken zusammengebunden statt vorne. Und sie hatte jedes Zeitgefühl verloren.
    Eines aber wusste sie: Wadim würde sie holen und irgendwo hinschaffen, um sie umzubringen. Das wusste sie einfach. Sil hatte es ihr so oft gesagt: dass man sich nie woanders hinbringen lassen sollte, dass es woanders niemals besser wurde –man solle das nie glauben, wenn sie es behaupteten –, sondern nur schlimmer. Dass man kämpfen sollte, solange man noch

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