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Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Titel: Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edi Graf
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sprichst du?«
    »Er zahlt
für einen Container von Europa hierher 9000 Euro an die Spedition, sagt mein Vetter.
Ich weiß aber, dass es nur die Hälfte ist. Also sagen wir, du bekommst 2000 Euro,
wenn wir ins Geschäft kommen.«
    Alan grinste.
    »Und was
verdienst du bei der Geschichte? Lass mich rechnen. Wie viele PCs kommen mit einem
Container? 100? 500? 1000? Du sagst, du verkaufst sie für 150 Euro? Dann hast du
schon mit 60 Rechnern die Transportkosten hereingeholt.«
    »So darfst
du das nicht rechnen. Ich muss auch für die alten Geräte bezahlen. Und mein Vetter
will auch von etwas leben.«
    »Es wird
schon genug hängen bleiben. Sonst würde der Elektronikmarkt von Lagos nicht solche
Ausmaße annehmen.«
    »Machen
wir nun Geschäfte oder nicht?«
    »Ich muss
vorher die Importwege kennen. Du weißt, dass es eigentlich verboten ist, Elektronikschrott
hierher zu liefern.«
    »Wer spricht
von Schrott? Die Geräte funktionieren!«
    »Aber nur
ein kleiner Teil. Und selbst die müssten in Europa ordentlich entsorgt oder recycelt
werden. Die Ausfuhr ist illegal. Daher muss der Seeweg sicher sein, und die Firma
Vertrauen erweckend. Du weißt nicht, mit welcher Spedition dein Vetter arbeitet?«
    Harley schüttelte
den Kopf.
    Im selben
Augenblick vibrierte das Handy in Alans Hosentasche. Zweimal. Er wusste, was das
hieß: Sie haben eine Mitteilung empfangen .
    Linda?
    Rasch überflog
er die wenigen Zeilen, die ihn grußlos erreichten.
    MV Cayelsa Star, Tin Can Island Port von Lagos, Terminal B, Cargo Vessels.
Container FARG088835 3.
    Alan sah
auf. Das war typisch Linda. Nicht mehr Information als unbedingt nötig.
    »Kennst
du den Hafen Tin Can Island?«, fragte er Ulla auf Deutsch.
    »Ich kenne
Apapa«, sagte Ulla. »Das ist das Hafenviertel. Soviel ich weiß, gibt es dort einen
Containerhafen. Etwa sieben Kilometer westlich vom Zentrum.«
    »Dann sollten
wir uns da morgen früh umsehen!«, meinte Alan.
    Ulla nickte.

46
     
    Als sie in die Nähe von Maghnia,
der letzten algerischen Stadt vor der Grenze zu Marokko, kommen, ist Hadé fast ein
Jahr unterwegs. Hier gibt es wieder Sammelstellen wie in Gao, denn die Wege aller
Flüchtlinge, ob sie über Beni Abbes im Osten, In Salah im Süden oder Haoud el Hamra
im Westen kommen, treffen sich hier.
    Hunderte
von Menschen strömen in die Stadt, die meisten bei Nacht, denn die Grenze ist schon
seit Jahren geschlossen und die Einreise nach Marokko verboten. Wer hier auf einen
Transit nach Europa wartet, tut dies illegal, und so stauen sich Tausende hoffnungsvoller
Flüchtlinge aus ganz Nord- und Westafrika in den äußeren Bezirken der nordalgerischen
Grenzstadt, zusammengepfercht in Lagern, versteckt in engen Gassen, leeren Scheunen
und verschmutzten Höfen, ausgezehrt, von Hunger und Durst geplagt, nur auf die Gelegenheit
wartend, endlich Afrika entfliehen zu können.
    Die Boote
warten jenseits der Grenze, an der Küste von Marokko, nur die skrupellosen Trolleys
haben Kontakte zu den Kapitänen in Tanjah und kennen den Weg. Ohne Akpan würden
sie in Maghnia zurückbleiben, wieder einmal sind sie ihm ausgeliefert.
    »Ihr braucht
Geld für die Überfahrt!«, fordert Akpan. »Ihr wisst, wie ihr es verdient, also schafft
es herbei!«
    Das Uringeld
haben sie für Brot und Wasser ausgegeben, und der Boss des Camps kassiert wie schon
in Gao für den Schutz der Flüchtlinge. Wer nicht bezahlt, riskiert die Ausweisung
durch die Polizei.
    So verkauft
sich Hadé erneut. Und wenn sie erschöpft von den Algeriern ins Lager zurückkehrt,
steht Akpan grinsend mit geöffneter Hose vor ihr, um sich, nachdem sie ihm das Geld
abgeliefert hat, auch noch bedienen zu lassen.
    Diesmal
hat Hadé die Tage gezählt. Als sie die 214. Kerbe in ihren Zählstock geschnitzt
hat, gibt Akpan endlich das Zeichen zum Aufbruch. Sie und Sema haben es geschafft
und das Bootsgeld verdient. Dazu das, was Akpan für sich behält. Insgesamt 4.000
Euro – für jede.
    In jener
Nacht verlassen sie Maghnia.
    Es gibt
keine Lampen, kein Licht, kein Feuer, das wäre zu gefährlich. Wachen patrouillieren
bei Tag und Nacht, die Lichtkegel der Scheinwerfer, Richtmikrofone, die jedes Geräusch
wahrnehmen, auf die marokkanische Seite gerichtete Wärmebildkameras und scharfe
Hunde erschweren das Überwinden der Grenze.
    Akpan, der
sie selbst führt, hat eine Neumondnacht abgewartet, und nur die Sterne leuchten
über ihnen. Hadés Augen sind an die Dunkelheit gewöhnt, und sie sieht Felsen und
Palmen, die sich mit ihren

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