Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Titel: Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edi Graf
Vom Netzwerk:
ein Prozent seiner Exporte war, der diesen Weg ging, verschwieg er natürlich.
Die Menschen glaubten an das Gute, wenn sie ihm ganze Kofferraumladungen alter Fernseher,
Radios oder Computer anlieferten.
    »Das Zeug
steht bei mir jetzt schon seit Monaten im Keller«, hörte er dann. »Da dachte ich,
das können Sie doch sicher für Afrika gebrauchen. Und die alten Kabel und Röhren
nehmen Sie doch sicher auch mit?«
    Höher und
höher türmte sich dann der Elektroschrott unter den dunklen Planen, bis wieder der
Container im Hof stand und gefüllt wurde. Was Reiter betraf, liefen diese Geschäfte
besser denn je, die Kosten hielten sich in Grenzen, die Gewinne waren sensationell.
Bis die Alte eines Tages bei ihm auftauchte und ihm einen Bericht der Deutschen
Umwelthilfe unter die Nase hielt.
    Die Zahlen
über illegal nach Afrika exportierten Elektroschrott hatte sie mit gelbem Leuchtstift
markiert und ihn gefragt, ob er ihr die Funktionstüchtigkeit seiner Ware belegen
könne oder sie Greenpeace, bei denen sie Mitglied sei, auf seine Container in Bremerhaven
ansetzen solle.
    Sie hatte
ihn beobachtet, hatte sie ihm erzählt, und festgestellt, dass nur ein geringer Teil
der Geräte, die er nachts in die Container laden ließ, einen guten Eindruck machten.
Rechner mit zerstörtem Gehäuse, offene Platinen, Monitore mit gesprungenen Scheiben,
Fernsehgerippe und losen Computerschrott hatte sie ihm vorgeworfen.
    Er könne
ihr nicht erzählen, dass die Ausfuhr dieser Teile legal sei. Sie habe sich erkundigt
und sogar mit einer Mitarbeiterin der Basler Konvention telefoniert. Reiter hatte
ihr geduldig zugehört, bedauernd von den vielen schwarzen Schafen in der Branche
gesprochen, die ihm selber ein Dorn im Auge seien.
    »Sehen Sie«,
hatte er gesagt, »die armen Kinder in Afrika können sich nun einmal keine Computer
leisten. Die Geräte, die wir ihnen schicken, haben bei uns zwar ausgedient, weil
der Markt sich rasend schnell entwickelt, doch in Afrika sind sie besser als nichts.
Außerdem unterstützen wir die Wartung der Geräte vor Ort durch zusätzliche Spenden,
und meine Mitarbeiter in Nigeria überwachen persönlich, dass die Geräte am richtigen
Bestimmungsort ankommen.«
    Es war ihm
nicht schwer gefallen, der alten Dame einige hübsche Märchen aufzutischen, die er
noch durch die Fotos von glücklich an ihrem PC lachenden Schulkindern unterstrich.
    »Und damit
Sie sehen, wie wichtig mir diese Angelegenheit ist, mache ich Ihnen einen Vorschlag«,
hatte er gesagt und ihr eine monatliche Summe angeboten, die sie einer gemeinnützigen
Umweltschutzorganisation spenden könne. Dafür müsse sie ihm aber versprechen, nicht
weiter an der Legalität seiner Exporte zu zweifeln.
    »Sie müssen
wissen«, hatte er zum Schluss betont, »wir legen bei diesen Geschäften eigentlich
drauf. Wenn wir jetzt auch noch der Umwelthilfe und anderen Organisationen Rechenschaft
ablegen müssen, können wir es gleich bleiben lassen. Das kostet mich und meine Leute
einfach zu viel Zeit. Dann müssten die Schulen in den Dörfern Afrikas eben auf unsere
Unterstützung verzichten.«
    Das hatte
gewirkt. Die Alte hatte ihm geglaubt und war auf seinen Vorschlag eingegangen. Er
müsse die Spenden allerdings über die Schweiz abwickeln, da sich sonst wieder Banken
und Staat unnötig daran bereicherten, hatte er noch angefügt und sich so schließlich
ihr Schweigen für 500 Franken monatlich erkauft.
    Zwei Jahre
lang hatte er bezahlt. 12.000 Franken.
    Dann war
die Alte eines Abends wieder bei ihm aufgetaucht. Und hatte ihm illegalen Menschenhandel
vorgeworfen. Diesmal war es ihm nicht möglich gewesen, ihr Schweigen zu erkaufen.
Sie wolle auch die 500 Franken nicht mehr, hatte sie gesagt.
    »Wie viel
dann?«, hatte er gefragt. Er wusste aus seiner Erfahrung heraus, dass alle Menschen
käuflich waren. Es kam nur auf die Summe an.
    »Wie viel
ist Ihnen mein Schweigen denn wert?«, hatte die Alte zurück gefragt.
    »Das Doppelte?«
    Die listigen
blauen Augen hatten geflackert, doch sie hatte den Kopf geschüttelt.
    »100.000!«
    Er hatte
gelacht und im selben Moment beschlossen, dass sie sterben musste.
    »100.000
Euro? Sie wissen, was Sie da sagen?«
    »100.000!«,
wiederholte sie. »Oder ich gehe zur Polizei!«
    Reiter hatte
geschwiegen.
    »Wer außer
Ihnen weiß noch davon?«
    »Bisher
niemand. Und ich habe kein Problem, weiter zu schweigen. Wenn diese Frauen das machen,
ist das deren Sache.«
    »Ich biete
Ihnen 50.000. Mehr ist nicht drin.«
    Lene

Weitere Kostenlose Bücher