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Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition)

Titel: Verschleppt: Linda Roloffs sechster Fall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Edi Graf
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Silhouetten gegen den Nachthimmel abheben. Sand und Steine
knirschen unter ihren Füßen, ab und zu spürt sie Wasser und ahnt, dass Akpan eine
tief eingeschnittene Schlucht als Weg über die Grenze nach Marokko gewählt hat.
Wie Hyänen schleichen sie durch die Nacht.
    Der Trolley
führt sie in einen Unterschlupf und schärft ihnen ein, in dem Versteck zu bleiben
und auf ihn zu warten. Er will Essen besorgen. Zwei Nächte später brechen sie erneut
auf. Zu Fuß, hungrig und in den kalten Nächten frierend, bei Tag schlafend in Verstecken
zwischen Felsen, die Füße voll Blasen, die Haut aufgeschürft, die Lippen aufgeplatzt,
der Körper matt und der Geist unwillig, etwas anderes zu tun, als tags zu ruhen
und nachts zu laufen. Fünf Nächte, zehn, 15, 16, und weitere, ohne sie zu zählen.
    Ihr letztes
Ziel in Afrika ist Tanjah oder Tanger in Marokko.

47
     
    Der Lastwagen, der am frühen Abend
eingetroffen war, stand als Sichtschutz mit seiner Längsseite zum Tor. Im Innenhof
wurde – von der Straße aus nicht einsehbar – der Container beladen.
    Reiter beobachtete,
wie ein Rechner nach dem anderen in dem gigantischen Stahlsarg verschwand, es war
der zweite Transport innerhalb des Monats, das Geschäft lohnte sich.
    »Wo steckt
denn eigentlich dieser Penner?«, fragte er, als ihm Zoto über den Weg lief.
    »Pulle?«
    »Ja, genau
der. Passt mir irgendwie nicht, dass der sich bei uns versteckt, wo ihn doch die
Polizei sucht.«
    »Ich weiß.
Aber es ist gar nicht so schlecht für uns, wenn er sich noch nicht stellt. Das macht
ihn nur noch verdächtiger für die Bullen. Er schläft seinen Rausch aus. Drüben auf
dem Dachboden überm Werkzeugschuppen. Hab ihm zwei Flaschen von seinem Lieblingstropfen
gegeben, das wirkt bei dem wie Schlaftabletten.«
    »Du weißt,
dass wir keine Zeugen gebrauchen können!«
    »Schon klar.
Ich werde ihn im Auge behalten, und bei passender Gelegenheit verschwindet er.«
    Reiter nickte
zustimmend. »Aber mach’s besser als bei der Alten!«
    »Wieso?
Solange sie Pulle verdächtigen, geht unser Plan doch auf!«
    Reiter ignorierte
seine letzte Bemerkung.
    »Wie weit
sind wir?«, fragte er mit Blick auf den Container.
    »In einer
Stunde fährt der Truck«, antwortete Zoto. »Das Material unter den Planen ist verladen.
Jetzt kommen nur noch die alten Rechner von der Realschule dran.«
    Zoto lachte.
22 gebrauchte, aber funktionstüchtige Pentium-III-PCs, gespendet für ein Schulprojekt
in Benin. Kostete sie keinen Cent. Brachte aber auf dem Schwarzmarkt von Lagos locker
100 Euro pro Rechner. Das waren die Geschäfte, die er liebte.
    Zwar war
der Export von Elektroschrott in Entwicklungsländer verboten, doch hatte Reiter
kein Problem damit, den angelieferten Müll, anstatt ihn fachgerecht zu entsorgen,
einfach nach Nigeria zu verschiffen. Zwei bis drei seiner Container mit offiziell
als Handelsgüter deklarierter Ware warteten pro Monat an den alten Quais von Bremerhaven
auf den Transport nach Süden.
    Kein Mensch
kontrollierte die Funktionstüchtigkeit der Monitore, Rechner und Handys, so etwas
wie eine Tauglichkeitsbescheinigung für Elektrogeräte gab es nicht. Und wenn doch
einmal die Umwelthilfe auftauchte, gab es immer eine Handvoll Vorzeigemodelle, die
wirklich noch funktionierten.
    Reiters
Hand strich über die rostige Außenseite des Containers. Um die 800 Computer würden
in dieser Nacht wieder auf die Reise gehen. Allein 40 davon genügten, um die Transportkosten
zu decken. Und Reiter hatte mit den Händlern in Lagos einen klaren Deal gemacht:
die Hälfte der Ladung war noch in gutem Zustand und somit auch gut zu verwerten,
die andere Hälfte war Schrott, der sich in Afrika jedoch immer noch gewinnbringend
recyceln ließ. Diese Geschäfte liefen vor Ort unter der Hand ab. Keine Kontrollen,
das Geld bar bei Übernahme der Ware.
    Hier vor
Ort galt Reiter als Wohltäter. Längst hatte es sich herumgesprochen, dass man seinen
Elektroschrott gebührenfrei bei ihm loswerden konnte. Kein Mensch störte sich daran,
dass zwischen den Halden von Kies, Bauschutt und Sand Computerteile lagerten, kein
Mensch interessierte sich dafür, was wirklich damit passierte. Hauptsache, man wurde
den Schrott los, ohne dafür zu bezahlen.
    Reiter lancierte
immer wieder Berichte in der Presse, die glückliche afrikanische Schulkinder mit
ihren Rechnern aus Deutschland zeigten. Oder Bilder von Wildhütern im Ruwenzori,
die die Überwachung der Berggorillas endlich am PC verfolgen konnten. Dass es weniger
als

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