Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschlossen und verriegelt

Verschlossen und verriegelt

Titel: Verschlossen und verriegelt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maj Sjöwall;Per Wahlöö
Vom Netzwerk:
ideologisches Bewusstsein zu haben. Und zweitens, ich meine, der Sache mit den sozialistischen Ländern fehlt doch jedes Fünkchen Logik. Warum zum Teufel sollten die Leute sich selbst berauben?«
    Gunvald Larsson schwieg längere Zeit. Schließlich sagte er:
    »Es gibt also keinen beigefarbenen Renault?«
    »Nein.«
    »Nein? Auch keinen unnatürlich blassen Fahrer in einem weißen T-Shirt oder einen schwarzgekleideten Typen, der wie Harpo Marx aussah?«
    »Nein.«
    Gunvald Larsson nickte vor sich hin. Dann legte er los: »Nun ist es aber so, dass wir den Bankräuber anscheinend gefunden haben. Und er ist kein unbewusster Revolutionär, sondern eine miese Ratte, die am Kapitalismus schmarotzt und davon gelebt hat, Drogen und Pornos zu verhökern, und immer nur an ihren Profit gedacht hat. Will sagen, ihren eigenen Vorteil. Außerdem hat der Kerl auf der Stelle seine Kumpels verpfiffen, um die eigene Haut zu retten.« Sjögren zuckte mit den Schultern.
    »Von denen gibt es auch viele«, meinte er. »Aber wer die Bank ausgeraubt hat, ist auf jeden Fall eine Art Underdog, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
    »Ich verstehe genau, was Sie meinen.«
    »Wie haben Sie das herausgefunden?«
    »Denken Sie nach«, erwiderte Gunvald Larsson. »Versetzen Sie sich in meine Situation.«
    »Wie zum Teufel konnten Sie nur Polizist werden«, sagte Sjögren.
    »Reiner Zufall. Eigentlich bin ich Seemann. Außerdem ist das lange her, und damals machte vieles einen anderen Eindruck.
    Aber das tut hier nichts zur Sache. Jetzt habe ich erfahren, was ich wissen wollte.«
    »War das alles?«
    »Allerdings. Auf Wiedersehen.«
    »Auf Wiedersehen«, sagte Sjögren. »Tschüs.«
    Er sah wirklich verblüfft aus, aber das konnte Gunvald Larsson nicht sehen, da er schon aus dem Haus war, und so hörte er auch nicht Sjögrens abschließende Worte:
    »Ich bin mir jedenfalls sicher, dass es eine Frau war.«
    Am selben frühen Morgen stand Frau Svea Mauritzon in ihrer Küche in der Pilgatan in Jönköping und backte, denn der verlorene Sohn war heimgekehrt und sollte mit frischen Zimtschnecken zum Morgenkaffee bewirtet werden. Sie schwebte in glücklicher Unwissenheit darüber, mit welchen Worten man zeitgleich in einem dreihundert Kilometer entfernten Reihenhaus über ihren Sohn sprach, aber wenn sie gehört hätte, dass jemand ihren Liebling Ratte nannte, hätte sie der betreffenden Person unverzüglich eins mit dem Nudelholz übergebraten.
    Das Schrillen der Türklingel durchschnitt den morgendlichen Frieden, und sie stellte das Blech mit den frischgebackenen Zimtschnecken auf die Spüle, wischte sich die Hände an der Schürze ab und eilte mit kurzen, schlurfenden Schritten in schlappenden Pantoffeln zur Tür. Sie sah auf der Pendeluhr, dass es erst halb acht war, und warf einen ängstlichen Blick auf die verschlossene Schlafzimmertür.
    Ihr Sohn schlief dahinter; sie hatte die Couch im Wohnzimmer für ihn bezogen, aber die Pendeluhr hatte ihn gestört, und mitten in der Nacht hatte er sie geweckt, worauf sie den Schlafplatz getauscht hatten. Er war völlig überarbeitet, der arme Junge, und musste sich mal richtig ausschlafen. Sie selbst war fast taub und hörte die Pendeluhr gar nicht. Zwei großgewachsene Herren standen vor ihrer Tür. Sie verstand nicht jedes Wort, das sie sagten, aber sie waren hartnäckig und verlangten, umgehend ihren Sohn zu sprechen. Vergeblich versuchte sie ihnen zu erklären, dass es noch zu früh war und sie doch etwas später wiederkommen sollten, wenn er ausgeschlafen hatte.
    Sie blieben unerbittlich und behaupteten, die Angelegenheit sei ungeheuer wichtig, und am Ende ging sie widerwillig zu ihrem Sohn hinein und weckte ihn sanft. Er stützte sich auf den Ellbogen, sah zur Uhr auf dem Nachttisch und sagte empört: »Spinnst du? Musst du mich mitten in der Nacht wecken? Ich hab dir doch gesagt, dass ich mich ausschlafen muss.« Sie sah ihn unglücklich an.
    »Da sind zwei Herren, die dich sprechen möchten«, erklärte sie.
    »Was?«, schrie er und sprang aus dem Bett. »Du hast sie doch hoffentlich nicht hereingelassen?«
    Mauritzon begriff, dass Malmström und Mohren von seinem Verrat erfahren und herausgefunden hatten, wo er sich versteckte, und sich nun an ihm rächen wollten. Seine Mutter schüttelte den Kopf und sah ihn verwundert an, als er hastig in seine Kleider schlüpfte, ohne sich die Zeit zu nehmen, vorher den Pyjama auszuziehen, während er gleichzeitig durchs Zimmer rannte, seine verstreuten

Weitere Kostenlose Bücher