Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
Sarg blicken. Er drehte sich zu dem Detective um.
»Wie ist noch mal der Name des Besitzers?«
»Eddie Ringan.«
»Ist er drinnen?«
Der Detective nickte. »Hockt an der Bar.« Das passte. »Ich werd mal ein paar Worte mit ihm reden«, sage Rebus.
Eddie Ringan hatte seit etlichen Jahren das, was man — euphemistisch ausgedrückt — ein Alkoholproblem nennt, also schon lange bevor er das Heartbreak Café eröffnete. Aus diesem Grund vermuteten viele Leute, dass das Unternehmen scheitern würde, wie schon andere Projekte von Ringan gescheitert waren. Doch sie vermuteten falsch, und das aus dem einfachen Grund, weil es Eddie gelungen war, einen Manager zu finden, und zwar einen, der nicht nur ein Finanzgenie war, sondern auch eine starke Persönlichkeit und absolut ehrlich. Er haute Eddie nicht übers Ohr, und er sorgte dafür, dass Eddie während der Arbeitszeit dort blieb, wo Eddie hingehörte, nämlich in der Küche.
Eddie trank zwar immer noch, aber er konnte auch betrunken kochen, das war kein Problem. Besonders wenn noch ein oder zwei Hilfsköche da waren, die die Dinge erledigten, die einen klaren Blick oder eine ruhige Hand erforderten. Und auf diese Weise, so Brian Holmes, florierte das Heartbreak Café. Er hatte Rebus allerdings immer noch nicht dazu überreden können, ihn auf eine Portion King Shrimp Creole oder ein Love Me Tenderloin dorthin zu begleiten. Rebus hatte keine Lust verspürt, das Lokal zu betreten … bis zu diesem Abend.
Die Beleuchtung war noch an. Es schien, als würde man einen Schrein betreten, den irgendein Teenager seinem Idol errichtet hat. An den Wänden hingen Poster und Plattenhüllen von Elvis, eine ausgeschnittene Figur des Sängers in Lebensgröße, und es gab sogar eine Elvis-Uhr, auf der die Arme des King die Zeit anzeigten. Der Fernseher lief. In den Spätnachrichten wurde gerade gezeigt, wie von der Gibson’s Brewery ein überdimensionaler Scheck für wohltätige Zwecke übergeben wurde.
Es war niemand im Lokal außer Eddie Ringan, der zusammengesunken auf einem Barhocker saß, und einem weiteren Mann hinter der Bar, der gerade zwei Jim Beam ausschenkte. Der Barmann stellte sich als Pat Calder vor.
»Ich bin Mr Ringans Partner.« Er sagte das so, dass Rebus sich fragte, ob die beiden jungen Männer mehr als nur Geschäftspartner waren. Holmes hatte nicht erwähnt, dass Eddie schwul war. Er sah sich den Koch genauer an.
Eddie Ringan war vermutlich Ende zwanzig, sah aber zehn Jahre älter aus. Er hatte dünne Haare, die strähnig an seinem ovalen Kopf klebten, der wiederum wackelig auf dem noch größeren Oval saß, das sein Körper bildete. Rebus hatte schon beleibtere Köche gesehen, und Ringan war zweifellos eine lebende Werbung für die Kochkunst. Sein teigiges Gesicht war vom Alkohol gezeichnet, nicht nur von dem Besäufnis an diesem Abend, sondern von Wochen und Monaten beständigen harten Trinkens. Rebus beobachtete, wie er die drei Zentimeter bernsteinfarbenes Feuerwasser genüsslich in einem Zug leerte.
»Gib mir noch einen.«
Doch Pat Calder schüttelte den Kopf. »Nicht wenn du noch fährst.« Dann fügte er in klarem und deutlichem Tonfall hinzu: »Dieser Mann ist von der Polizei, Eddie. Er will mit uns über Brian reden.«
Eddie Ringan nickte. »Er ist hingefallen und mit dem Kopf aufgeschlagen.«
»Glauben Sie das wirklich?«, fragte Rebus.
»Nein, eigentlich nicht.« Zum ersten Mal blickte Ringan von der Theke auf und sah Rebus an. »Vielleicht war’s ein Straßenräuber oder auch eine Warnung.«
»Eine Warnung wovor?«
»Eddie hat heute Abend zu viel getrunken, Inspector«, ergriff Pat Calder das Wort. »Er fängt an, sich Dinge einzubilden …«
»Ich bild mir überhaupt nichts ein, verdammt noch mal.« Ringan schlug zum Nachdruck mit der Hand auf die Theke. Er sah Rebus immer noch an. »Sie wissen doch, wie das ist. Entweder geht’s um Schutzgeld — Versicherung nennen die das —, oder die anderen Restaurants tun sich gegen einen zusammen, weil ihnen nicht passt, dass dein Laden läuft und ihrer nicht. Man macht sich eine Menge Feinde in diesem Geschäft.«
Rebus nickte. »Denken Sie dabei an irgendjemanden, Eddie? Irgendwer Bestimmtes?«
Doch Ringan schüttelte ganz langsam den Kopf. »Eigentlich nicht. Nein, eigentlich nicht.«
»Aber Sie glauben, dass Sie möglicherweise das vorgesehene Opfer waren?«
Ringan verlangte nach einem weiteren Drink, und Calder schenkte ein. Er antwortete erst, nachdem er getrunken hatte. »Vielleicht.
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