Verschlüsselte Wahrheit - Inspektor Rebus 05
hervor.
»Geben Sie mir wenigstens einen Anhaltspunkt, Eddie. Dann belastet es nicht mehr Ihr Gewissen.«
»Ich hab mein Gewissen schon vor langer Zeit verloren, Inspector. Willie, komm, wir schmeißen eine neue Ladung an.«
Der junge Mann hielt eine Hand wie eine Klappe über sein unverletztes Auge. »Ich kann nichts sehen«, jammerte er. »Die Netzhaut ist bestimmt gerissen.«
»Und die Hornhaut geschmolzen. Nun mach schon, ich will das heute Abend auf die Speisekarte bringen.« Er wandte sich zu Rebus und tat ganz erstaunt. »Immer noch hier? Ein eindeutiger Fall von zu vielen Köchen.«
Rebus sah ihn unverwandt an. »Nur einen Anhaltspunkt, Eddie.«
»Verpiss dich.«
Rebus ging langsam auf die Tür zu und stieß sie auf.
»Inspector!« Er drehte sich um. »In Cowdenbeath gibt es ein Pub namens The Midtown. Die Einheimischen nennen es The Midden. Essen würd ich dort allerdings nicht.«
Rebus nickte. »Danke für den Tipp.«
»Dafür sollten Sie mir eigentlich einen ›tip‹ geben!« Rebus hörte Ringan schallend lachen, während er die Küche verließ. Er stellte sein leeres Glas auf die Theke.
»Betreten der Küche verboten«, informierte ihn der Barmann.
»Da haben Gäste auch nichts verloren.«
Doch Rebus wusste, dass er schon bald eine Gegend aufsuchen würde, wo er schon lange nichts mehr verloren hatte — die Stätten seiner Jugend.
13
Er wollte nur kurz in St. Leonard’s vorbeischauen, um ein paar Sachen von seinem Schreibtisch zu holen, doch der Dienst habende Sergeant hielt ihn an.
»Hier wartet ein Herr, der Sie sprechen möchte. Scheint ein bisschen nervös zu sein.«
Der fragliche »Herr« hatte bisher in einer Ecke gestanden, sich nun aber direkt vor Rebus aufgebaut. »Erkennen Sie mich nicht?«
Rebus betrachtete den Mann etwas genauer und spürte, wie ein tiefer Abscheu in ihm hochstieg. »Ich erkenne Sie durchaus.«
»Haben Sie meine Nachricht nicht bekommen?«
Das war die andere Nachricht gewesen, die man ihm ausgerichtet hatte, als er von der Gorgie Road aus anrief. Er nickte.
»Und, was werden Sie jetzt tun?«
»Was sollte ich denn Ihrer Meinung nach tun, Mr McPhail?«
»Sie müssen ihn aufhalten!«
»Wen aufhalten? Und wobei?«
»Sie haben doch gesagt, Sie hätten meine Nachricht bekommen.«
»Mir wurde nur gesagt, jemand namens Andrew McPhail hätte angerufen und wollte mich sprechen.«
»Ich verlange Polizeischutz, verdammt noch mal!«
»Jetzt beruhigen Sie sich erst einmal.« Rebus sah, dass der Dienst habende Sergeant bereit war, jederzeit dazwischenzugehen, wenn es nötig wäre.
»Was muss ich denn tun?«, fragte McPhail. »Wollen Sie, dass ich Sie schlage? Das würde mir wohl eine Nacht in der Zelle einbringen, oder? Da wär ich jedenfalls sicher.«
Rebus nickte. »Aber nur so lange, bis wir Ihren Zellengenossen von Ihren früheren Eskapaden erzählen.«
McPhail reagierte, als hätte man einen Kübel Eiswasser über ihn gekippt. Vielleicht erinnerte er sich an gewisse Zwischenfälle während seines Aufenthalts in dem kanadischen Gefängnis. Vielleicht hatte ihn aber auch eine eher diffuse Angst überkommen. Was auch immer es war, es funktionierte. McPhail sprach nun mit leiser, klagender Stimme. »Aber er wird mich umbringen.«
»Wer?«
»Hören Sie endlich auf, sich dumm zu stellen! Ich weiß, dass Sie ihn mir auf den Hals gehetzt haben. Das müssen Sie gewesen sein.«
»Helfen Sie mir auf die Sprünge«, bat Rebus ihn.
»Maclean«, sagte McPhail. »Alex Maclean.«
»Und wer ist Alex Maclean?«
McPhail sah ihn empört an und antwortete mit gedämpfter Stimme. »Der Stiefvater des kleinen Mädchens. Melanies Stiefvater.«
»Ah«, sagte Rebus und nickte. Er wusste sofort, was Jack Morton, Schweinehund, der er war, getan hatte. Kein Wunder, dass McPhail hier auftauchte. Und da Rebus bei Mrs MacKenzie gewesen war, glaubte er, dass Rebus hinter der ganzen Geschichte steckte.
»Hat er Sie bedroht?«
McPhail nickte.
»In welcher Weise?«
»Er kam ins Haus, als ich nicht da war, und hat Mrs MacKenzie gesagt, er würde wieder kommen und mich fertig machen. Die arme Frau ist völlig außer sich.«
»Sie könnten doch umziehen, ganz von Edinburgh weg.«
»War das etwa Ihre Absicht? Haben Sie mir deshalb Maclean auf den Hals gehetzt? Aber ich bleibe.«
»Sehr heroisch von Ihnen, Mr McPhail.«
»Hören Sie, ich weiß, was ich getan habe, aber das liegt hinter mir.«
Rebus nickte. »Und alles, was Sie vor sich haben, ist die Aussicht aus Ihrem
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