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Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Titel: Verschlungene Wege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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und klar. Ich kann die Milchstraße erkennen, zumindest glaube ich, dass das die Milchstraße ist. Und beide Wagen – womit sich mein Wissen über Sternbilder auch schon erschöpft hat.«
    »Sieh mich nicht so fragend an. Ich seh bloß einen Haufen Sterne und einen weißen, abnehmenden Mond.«
    »Ach ja?« Weil er nicht ihre Hand genommen hatte und sie außerdem bezweifelte, dass er ein Typ zum Händchenhalten war, ließ sie die ihre in ihrer Jackentasche verschwinden. »Dann denk dir eben eines aus. Es gehört schließlich zu deinem Beruf, dir Sachen auszudenken.«
    Mit beiden Daumen in den Hosentaschen musterte er die Ansammlung von Sternen. »Da hinten ist der einsame Hermann beziehungsweise der Fette Mann auf einem Bein. Westlich davon sehen wir die Göttin Sally, die über alle Garköchinnen wacht.«
    »Sally? Dabei wusste ich nicht mal, dass ich überhaupt eine Schutzgöttin habe.«
    »Du bist keine Garköchin.«
    »Im Moment schon. Außerdem will ich Sally nur für mich. Sieh nur, wie sie im Wasser funkelt.«
    Sterne schwammen im See, tausend Lichter, die auf der dunklen Seeoberfläche glitzerten, während das Mondlicht ein verträumtes weißes Muster hineinstanzte. Die Luft duftete nach Kiefern, Wasser, Erde und Gras.
    »Manchmal vermisse ich Boston so sehr, dass es wehtut«, murmelte sie. »Dann habe ich das Gefühl, unbedingt zurückkehren zu müssen, will wieder in meine alte Heimat und mich davon überzeugen, was ich dort alles hatte. Mein viel beschäftigtes Leben, meine viel beschäftigten Freunde. Mein Apartment mit den chinarot gestrichenen Wänden und dem schicken schwarzen Tisch im Esszimmer.«
    »Chinarot?«
    »Früher mochte ich es gern ein bisschen gewagt.« Sie war selbst einmal gewagt gewesen. »Und dann stehe ich an einem Ort wie dem hier und denke: Selbst wenn ich alles rückgängig machen könnte, wäre ich mir nicht mal sicher, ob ich das wirklich möchte oder überhaupt wieder etwas damit anfangen könnte. Ich steh einfach nicht mehr auf Chinarot.«
    »Na und? Du machst es dir schön, wo du gerade bist, und wenn es dir dort nicht mehr passt, gehst du eben woandershin. Du verwendest die Farben, die dir gerade gefallen, und damit basta.«
    »Genau das habe ich mir auch gesagt, als ich weg bin. Ich habe alle meine Sachen verkauft. Meinen chicen schwarzen Esstisch und alles andere auch. Ich habe mir eingeredet, das müsse so sein. Ich habe nicht mehr gearbeitet und musste Rechnungen bezahlen. Viele Rechnungen. Aber das war nicht der einzige Grund. Ich wollte sie einfach nicht mehr.«
    »Das liegt ganz bei dir«, bestätigte er sie. Trotzdem ahnte er, wie quälend es für jemanden wie sie gewesen sein musste, sich von allem, was sie besaß, zu trennen. Wie schmerzlich und traurig.
    »Ja. Und die Rechnungen waren damit auch bezahlt. Und nun bin ich hier.«
    Sie ging näher ans Ufer. »Es sieht fast so aus, als könnte man Sterne angeln. Sich eine Angel schnappen und einen nach dem anderen rausziehen wie Elritzen. Und der Halbmond ist in den Berggipfeln hängen geblieben. Die Frau in deinem Buch – diejenige, die du am Ende doch nicht hast umkommen lassen – wie heißt sie?«
    »Madline Bright. Maddy.«
    »Maddy Bright.« Reece ließ sich den Namen auf der Zunge zergehen. »Das gefällt mir – nett, aber zäh. Ich hoffe, dass sie durchkommt.«
    »Genau wie sie.«
    Sie blieben einen Moment stehen, Seite an Seite, und blickten über den See – in die Nacht, auf die dunkle Silhouette der Berge.
    »Damals, auf dem Wanderweg, als du dir überlegt hast, wie sie sterben soll, und ich vorbeigekommen bin – bist du da geblieben, um zu sehen, ob ich auch heil wieder runterkomme?«
    Er starrte weiterhin auf die Tetons. »Es war ein schöner Tag. Ich hatte nichts Besseres vor.«
    »Du bist in meine Richtung gegangen, als ich den Weg noch gar nicht zurückgelaufen bin.«
    »Ich hatte nichts Besseres vor«, wiederholte er, und sie drehte sich um, damit sie sein Gesicht sehen konnte.
    »Das war wirklich nett von dir.«
     
     
    Sie ging auf ihn zu, was für sie nicht einfach war. Fast wie der Sprung von einem Felsen direkt in den Fluss. Sie hob die Hände, um sein Gesicht zu berühren, und ging auf die Zehenspitzen. Legte ihre Lippen auf die seinen.
    »Ich habe Angst, alles zu verderben. Das solltest du wissen, bevor wir zurückgehen. Aber ich will trotzdem zurückgehen. Ich würde gern zurück ins Haus und mit dir ins Bett.«
    »Eine ausgezeichnete Idee, wie ich finde.«
    »Solche Ideen habe ich öfter.

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