Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
Leben einzumischen. Meine Füße tun weh, und wenn ich mich heute nicht bei Pete angesteckt habe, grenzt das schon an ein Wunder. Ich bin der Dorfdepp, dem die ach so nette, unerträglich perfekte Debbie Mardson rät, doch mal Lavendelöl gegen Stress zu nehmen. Oh, und außerdem ist es mir gelungen, dich sämtlichen hoffnungsfrohen Frauen in Angel’s Fist wegzuschnappen, weil wir beide aus Großstädten kommen und kreativ sind.«
»Ich dachte, das läge an meiner sexuellen Ausdauer.«
Gereizt riss sie ihre Sonnenbrille aus der Handtasche und setzte sie auf. »So weit sind wir noch nicht, aber das könnte durchaus das Thema unseres nächsten Schwätzchens sein.«
»Nun, falls es zur Sprache kommt, vergiss bitte nicht zu erwähnen, dass du noch nie so guten Sex hattest. Nein, nicht nur guten, sondern auch äußerst kreativen.«
Sie rutschte auf ihrem Sitz hin und her. »Du hattest wirklich einen guten Tag.«
»Einen ausgezeichneten sogar. Und er ist noch lange nicht vorbei.«
Er ließ Angel’s Fist hinter sich, sehnte sich nach den Wiesen, den vielen Wildblumen. Nach Stille und Weite. Interessanterweise wollte er das nicht allein erleben, sondern mit ihr.
Er wurde von seiner eigenen Sentimentalität überrascht, als er hielt, wo sie sich das erste Mal geküsst hatten.
Reece starrte aus dem Fenster und schwieg. Sie streckte wortlos die Hand aus und berührte die seine, bevor sie ausstieg.
Sie betrachtete den farbenfrohen Blütenteppich, der von den blau glänzenden Gipfeln der Tetons gesäumt wurde und den die Sonne, die tief im Westen stand, in ein goldenes Licht tauchte.
Knallrosa, blaue, rote, violette und sonnengelbe Blumen sprossen inmitten des hellgrünen Salbeis. Und dort, wo die Wiesen in Sumpfland übergingen, bildeten Pappeln und Weiden ein grünes Band.
»Ich habe noch nie etwas Vergleichbares gesehen.«
»Und, lohnt es sich?«, fragte er.
»Und ob. Ist das Rittersporn?«
»Ja, und Mauerpfeffer, Glockenblumen und jede Menge scharlachrote Kastillea. Und das …«, er zeigte mit dem Finger darauf, »… ist Flohsamenwegerich, ein Kreuzblütler. Diese knallrote Glockenblume nennt man Ipomopsis.«
»Woher kennst du dich so gut mit Wildblumen aus?« Sie drehte sich zu ihm um. »Männer mit deiner sexuellen Ausdauer interessieren sich normalerweise nicht sehr für Pflanzen.«
»Recherche. Ich habe heute in genau diesem Sumpfland einen Mann umgebracht.«
»Wie praktisch.«
»Siehst du den Vogel da? Das ist eine Grünschwanz-Grundammer.«
Sie musste lachen. »Denkst du dir das aus?«
»Nö. Und was du da singen hörst, ist höchstwahrscheinlich eine Wiesenlerche.« Er holte eine Decke aus dem Kofferraum und warf sie ihr zu. »Wie wär’s, wenn du die mal ausbreitest?«
»Wozu brauchen wir bitte schön eine Decke, wenn ich fragen darf?«
»Diese Frage beweist nur, dass du in der Tat nicht mehr alle Tassen im Schrank hast. Das gefällt mir. Wie dem auch sei, die Decke ist dazu da, um sich draufzusetzen, während wir Wein aus dem Weinkühler trinken, den ich mitgebracht habe. Uns bleibt noch etwa eine Stunde, bevor die Sonne untergeht. Das ist ein hübsches Fleckchen, um Wein zu trinken und sich den Sonnenuntergang anzusehen.«
»Brody?«
Er holte den Weinkühler heraus und warf ihr einen flüchtigen Blick zu. »Ja?«
»Wir müssen deinen ausgezeichneten Tag ganz genau analysieren, damit ihm noch viele weitere folgen.«
Sie breitete die Decke aus, setzte sich darauf und hob erstaunt die Brauen, als sie sah, dass er nicht nur Wein, sondern auch Brot und Käse und dicke blaue Trauben mitgebracht hatte.
Jegliche Gereiztheit, jeglicher Ärger war wie weggeblasen, und alle ihre Sorgen fielen nach und nach von ihr ab. »Wirklich, ich bin sprachlos. Ich hätte nie gedacht, dass dieser Tag mit einem Picknick ausklingen wird.«
»Das wird er auch gar nicht. Er wird mit hemmungslosem, verschwitzem Sex ausklingen. Das hier ist bloß das Vorspiel.«
»Bislang gefällt’s mir.« Sie nahm den Wein, blickte über das Farbenmeer hinweg auf die zarten Blätter der Bäume, die majestätischen Berge. »Wie konnte ich bloß das Grün vermissen.«
»Welches Grün?«
Sie lachte nur und steckte sich eine Traube in den Mund. »Ich war so was von wütend. Dabei wollte sie nur nett sein – zumindest überwiegend. Debbie Mardson. Ich habe versucht, mich an meine Routine zu klammern, das Gehämmer zu ignorieren – alles, was mich an diesen Vorfall erinnert hat. Aber dann kam sie und riss mich raus: ›Komm,
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