Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
einen?«
Mecklanburg runzelte die Stirn. »Jetzt, wo Sie mich danach fragen – ich glaube eigentlich nicht, dass sie einen hatte. Aber es gibt hier jede Menge Internetcafés und so was.«
»Komisch eigentlich«, warf Reece ein, »dass sie sich die Mühe gemacht hat, Sie zu verfluchen. Warum nicht einfach verschwinden?«
»Na ja, sie hat schon immer gern herumgezickt und geflucht.«
»Sie hatte während der letzten Monate einen Freund.«
»Kann sein. Aber vor den Weihnachtsferien hat sie aufgehört … Besuch zu empfangen.«
»Haben Sie den Mann je gesehen, mit dem sie befreundet war?«
»Einmal vielleicht. Die meisten ihrer Freunde waren nicht besonders diskret. Wir haben einen Waschkeller im Haus. Einer der Mieter hatte sich beklagt, dass was mit der Waschmaschine nicht stimmt. Also bin ich runtergegangen, um zu sehen, ob ich das selbst hinkriege oder einen Handwerker rufen muss. Ich kam gerade wieder die Treppe hoch, als er von ihrer Freundin kam. Es war ein Montagnachmittag. Das weiß ich noch genau, weil montags um diese Uhrzeit alle Mieter bei der Arbeit sind.«
»Ein Montag«, setzte Reece nach. »So um die Feiertage herum.«
»Ja, kurz nach Neujahr, glaube ich. Ich weiß noch, dass es über Nacht mehrere Zentimeter geschneit hatte und ich morgens Schnee schippen musste. Normalerweise erledige ich meinen Hausmeisterjob immer vormittags oder zwischen vier und sechs, Notfälle ausgenommen. Mittags lese ich gern und mache dann ein Schläfchen. Aber an jenem Vormittag hatte ich die Waschmaschine vergessen und musste mich dringend darum kümmern.«
Er fuhr sich mit einem Finger über den Schnurrbart, schwieg einen Moment und schürzte nachdenklich die Lippen. »Er wirkte überrascht, mich zu sehen – oder gesehen zu werden. Er hat sein Gesicht abgewendet und seine Schritte beschleunigt. Und sein Wagen stand nicht auf dem Parkplatz. Ich war so neugierig, in meine Wohnung zu huschen und aus dem Fenster zu sehen. Er ist nicht zum Parkplatz gegangen.«
»Vielleicht wohnt er hier im Ort«, schlug Reece vor.
»Oder aber er hatte woanders geparkt. Aber danach hat ihn Deena nur noch an anderen Orten getroffen. Falls das überhaupt ihr Freund war. Soweit ich weiß, ist er anschließend nie mehr hier aufgetaucht.«
»Er wollte nicht gesehen werden, glaubst du nicht auch?«
»Scheint so«, stimmte Brody zu. »Das heißt, er ist verheiratet oder bekleidet eine wichtige Position.«
»Du meinst wie ein Politiker, ein Minister?«
»Das wären schon gleich zwei Positionen.«
Als sie seinen Wagen erreichten, drehte sie sich noch einmal um und musterte das Gebäude. »Das ist kein Loch, sondern eine einfache Wohnanlage, aber sauber und gepflegt. Und anscheinend nicht gut genug für Deena Black. Sie wollte mehr. Was Größeres, Besseres, Schickeres.«
»Sie dachte, jemanden gefunden zu haben, der ihr all das geben konnte. Einen dicken Fisch an der Angel«, wiederholte Brody, als ihn Reece stirnrunzelnd ansah.
»Das heißt: Entweder er gab ihr nicht, was sie von ihm wollte, oder er hat sie sitzen lassen. Ich würde sagen, er hat sie sitzen lassen – eben weil er verheiratet ist oder ein öffentliches Amt bekleidet. Aber wenn er Angst hatte, erkannt zu werden, was bedeutet das dann in Hinblick auf unsere Theorie, dass er aus Angel’s Fist ist? Dass er mir an seinem Wohnort nachstellt.«
»Gar nichts.« Er öffnete die Beifahrertür und ging dann zur Fahrerseite. »Vielleicht ist es jemand, der geschäftlich in Jackson Hole zu tun hat. Oder jemand, der Angst hat, erkannt zu werden, weil er Geschäfte in Angel’s Fist macht. Oder aber er hatte bloß ein schlechtes Gewissen.«
Wie Reece blieb auch er stehen und lehnte sich gegen die offene Wagentür. »Aber nur, weil sie nicht akzeptieren konnte, verlassen zu werden, hat er sie nicht umgebracht. So was ist zwar unangenehm, aber dann heißt es: Tut mir leid, Süße, das war’s. Aus und vorbei.«
»Männer sind wirklich Schweine.«
»Ihr macht das mit Männern doch ganz genauso.«
»Ja, aber wir sagen zumindest: Es tut mir leid. Es liegt nicht an dir, sondern an mir.«
Er schnaubte herablassend, während sie in den Wagen stiegen. »Da lasse ich mir ja noch lieber mit der Gabel ein Auge ausstechen, als dass ich mir das anhören muss. Nein, der Punkt ist der, dass sie was in der Hinterhand hatte. Ihn mit irgendwas erpresst hat. Das wird er mir teuer bezahlen, hat sie zu Marlie gesagt. Meiner Meinung nach wollte er nicht zahlen.«
»Deshalb hat er sie
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