Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
gewesen sein, hat sie mir erzählt. Wie hieß er noch gleich?«
»Hat sie mir nie gesagt.« Die Kellnerin hatte sich so gegen die Bar gelehnt, dass Reece sah, wie sehr sie die zehn Zentimeter hohen Absätze quälten. »Sie hat ihn immer nur Karpfen genannt. Er war ihr Fisch an der Angel, kapiert?«
»Ja, verstehe.«
»Zwei kleine und zwei große Bier, Coon. Ein Budweiser und den Hauswhiskey.« Reece wartete auf einen geeigneten Augenblick, während die Kellnerin ihr Tablett füllte und dann zu dem Tisch ging, der direkt vor der Bühne stand. Als sie mit einem weiteren Tablett leerer Gläser und Flaschen zurückkehrte, versuchte es Reece mit einem Lächeln.
»Dann kann es so ernst nicht gewesen sein.«
»Häh?«
»Das mit Deena und dem Typen, diesem Karpfen. Wahrscheinlich war’s sowieso bloß wieder heiße Luft.«
»Nein, da war schon was. Zumindest von ihr aus.«
»Ehrlich?« Reece zuckte die Achseln und nahm einen winzigen Schluck von ihrem Bier. »Das ist aber gar nicht typisch. Seit wann wedelt denn der Schwanz mit dem Hund?«
Die Kellnerin beugte sich grinsend über die Bar und griff nach einer Schachtel Virginia Slims dahinter. »Der war gut. Coon, ich mach mal kurz Pause.«
»Ich heiße Reece.« Sie schenkte ihr wieder ein Lächeln. »Vielleicht hat mich Deena mal erwähnt.«
»Nein, nicht dass ich wüsste. Ich wusste nicht mal, dass sie überhaupt eine Schwester hat. Ich heiße Jade.«
»Freut mich, dich kennen zu lernen. Soso, Deena hatte sich also richtig verknallt?«
»Na ja, zumindest hat sie keine anderen Kerle mehr mit nach Hause geschleppt.« Sie zog ein Streichholzbriefchen aus einer Hosentasche ihrer abgeschnittenen Jeans und zündete sich eine Zigarette an. »Tut mir leid, du bist schließlich ihre Schwester, aber es stimmt nun mal.«
»Das ist mir alles nicht neu. Deshalb war ich ja auch so überrascht, als sie über den Neuen ganz anders redete.«
»Sie meinte, er hätte wirklich Klasse.« Jade legte den Kopf in den Nacken und blies den Rauch an die Decke. »Was ich mir allerdings kaum vorstellen kann, da sie ihn hier kennen gelernt hat.«
»Oh.« Reece versuchte krampfhaft, so normal wie möglich zu klingen. »Du hast ihn also gesehen.«
»Kann sein. Genau weiß ich das nicht mehr. Er war kein Stammgast, denn dann hätte sie ihn mir bei seinem nächsten Besuch gezeigt. Aber er hat ihr Geschenke gemacht. Sie hat unheimlich mit dieser Kette angegeben, die er für sie lockergemacht hat. Hat behauptet, die sei aus achtzehn Karat Gold. Das war wahrscheinlich gelogen, aber hübsch war sie schon. Es hing so ein Mond dran, eine Art kleine weiße Scheibe oder so was. Sie hat gesagt, das wäre Perlmutt und die Glitzersteinchen an der Kette echte Diamanten.«
»Diamanten? Quatsch.«
»Das war bestimmt Quatsch, aber sie hat steif und fest behauptet, dass es welche wären. Sie hat sie ständig getragen, sogar bei ihren Auftritten. Hat behauptet, bei dem Kerl wäre noch mehr zu holen. Der Karpfen hat sie angeblich immer seine dunkle Seite des Mondes genannt. Was auch immer das bedeuten soll.«
»Vielleicht weiß ja der Karpfen, wo sie steckt.« Reece warf Brody einen Hilfe suchenden Blick zu.
Der beschloss, sich weiter an seinem Bier festzuhalten und so zu tun, als interessiere ihn das Ganze nicht die Bohne.
»Glaubst du, jemand anders, der hier arbeitet, kennt ihn? Vielleicht eine von den Tänzerinnen?«
»Deena hat nicht viel gequatscht, wenn du verstehst, was ich meine. Sie hat ganz gern angegeben, aber das mit ihm hat sie schön für sich behalten. Das war kein Biker.«
»Ach ja?«
»Sie meinte, es sei an der Zeit, sich jemanden mit einem anständigen Job zu suchen, der mehr kann als Schweinehüten. Aber wie dem auch sei, sie haben sich getrennt. Dann ist sie abgehauen. Irgendwohin, wo das Gras grüner ist, nehme ich an.«
»Wahrscheinlich hast du Recht.«
Brody sagte kein Wort, bis sie wieder in seinem Wagen saßen. »So kenne ich dich ja gar nicht, Bohnenstange. Du kannst dich in eine Stripteasebar setzen und absolut überzeugend das Blaue vom Himmel erzählen.«
»Das schien mir schlichtweg der einfachste Weg zu sein. Etwas wie: Vor ein paar Wochen habe ich gesehen, wie Deena Black umgebracht wurde, aber so gut wie niemand will mir glauben, klingt nicht gerade glaubhaft. Keine Ahnung, ob es was genutzt hat.«
»Aber klar doch! Alles, was wir über sie erfahren haben, bestätigt ihr Verschwinden, und das passt zu dem, was du am Fluss beobachtet hast. Sie hatte sich mit einem
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