Verschlungene Wege: Roman (German Edition)
verarschen ließe – sie nicht! Und dass er – ich nehme an, der Typ, mit dem sie damals zusammen war – teuer dafür bezahlen würde. Sobald sie mit ihm fertig wäre, würde sie sich was Besseres suchen.«
Marlie zuckte die Achseln. »Und das ist nur die Kurzfassung. Danach ist sie abgerauscht, und ich bin in den Wagen gestiegen. Ich war ziemlich sauer.«
»War das das letzte Mal, dass Sie sie gesehen haben?«, fragte Brody.
»Nein, ich glaube, ich bin ihr danach noch ein paarmal begegnet. Aber ehrlich gesagt, bin ich ihr aus dem Weg gegangen. Ich habe ihr Motorrad noch ein paarmal gehört.«
»Wissen Sie noch, wann Sie es das letzte Mal gehört haben?«, fragte Reece.
»Und ob, denn das war mitten in der Nacht. Ich bin davon aufgewacht. Das war am Tag, bevor mir der Hausmeister erzählt hat, dass sie verduftet ist. Sie hat die Hausschlüssel in einem Umschlag hinterlegt und ist verschwunden. Er hat gesagt, dass er ihre zurückgelassenen Sachen noch eine Weile aufheben würde.« Sie zuckte erneut die Achseln. »Vielleicht hat er’s getan, vielleicht auch nicht. Aber das geht mich auch gar nichts an. Ich bin froh, dass sie weg ist. Lupe und ihr Mann sind wesentlich angenehmere Nachbarn. Serge meinte, ich kann im Salon arbeiten, wenn Rory in der Vorschule ist, aber Lupe passt an den Abenden auf ihn auf, wenn ich im Grill arbeite. Deena hätte ich mein Kind niemals anvertraut.«
Plötzlich runzelte Marlie die Stirn. »Sind Sie etwa von der Polizei? Hat sie Probleme?«
»Wir sind nicht von der Polizei«, murmelte Reece und sah zu Brody hinüber. »Aber es kann sein, dass es Probleme gibt. Wissen Sie zufällig, ob der Hausmeister da ist?«
»Der ist fast immer da.«
Und so war es auch. Jacob Mecklanburg war ein großer, schlanker Siebziger mit einem gepflegten Schnauzbart. Seine Wohnung, die genauso wie Marlies geschnitten war, nur spiegelverkehrt, war mit Büchern vollgestopft.
»Deena Black. Eine anstrengende Mieterin«, sagte er kopfschüttelnd. »Die hat sich ständig beschwert. Die Miete kam pünktlich – oder zumindest annähernd pünktlich. Keine besonders glückliche Frau – eher der Typ, der ständig anderen die Schuld gibt, wenn das eigene Leben nicht so ist, wie man es sich vorgestellt hat.«
»Ist das Deena?«
Reece holte eine Kopie der Zeichnung aus ihrer Handtasche.
Mecklanburg tauschte seine Brille gegen eine aus seiner Hosentasche, schürzte die Lippen und musterte die Zeichnung. »Es gibt da eine große Ähnlichkeit. Ich würde sagen Ja, oder es ist eine nahe Verwandte. Warum suchen Sie sie?«
»Sie wird vermisst«, sagte Brody und kam damit Reece zuvor. »Haben Sie vielleicht noch den Zettel, den sie dagelassen hat?«
Mecklanburg überlegte kurz, musterte erst Brody und dann Reece. »Ich lege immer alles ordentlich ab. Ich will mir schließlich nicht von ihr vorwerfen lassen, ich hätte ihr die Wohnung weggenommen und anderweitig vermietet. Ich wüsste nicht, warum ich Ihnen den Zettel nicht zeigen sollte.«
Er ging bis ans Ende eines seiner Bücherregale, zog einen Hocker auf Rollen hervor und setzte sich, um einen Aktenschrank mit Hängeregistratur durchzusehen.
»Eine stolze Sammlung«, sagte Brody beiläufig. »Ihre Bücher.«
»Ich kann mir ein Leben ohne Essen vorstellen, aber keines ohne Bücher. Ich habe fünfunddreißig Jahre lang an einer Highschool unterrichtet. Als ich pensioniert wurde, wollte ich einen Job, der mir viel Zeit zum Lesen lässt, aber nicht so viel, um einen Einsiedler aus mir zu machen. Und genau das bietet mir dieser Job. Ich bin ziemlich geschickt, was kleinere Reparaturen anbelangt, und wenn man jahrzehntelang mit Teenagern fertig wurde, ist der Umgang mit den Mietern ein Klacks dagegen. Deena gehörte eindeutig zu den schwierigsten. Sie wollte hier nicht wohnen.«
»Wie meinen Sie das?«
»In so einem kleinen, billigen Apartment am Stadtrand. Und obwohl sie Miete zahlte, hätte sie lieber gar nicht gezahlt. Sie hat mir im Gegenzug mehrmals diverse sexuelle Gefälligkeiten in Aussicht gestellt.« Er lächelte ein wenig, als er eine Mappe herauszog. »Sagen wir mal so: Sie war einfach nicht mein Typ.«
Er nahm das oberste Blatt aus der Mappe und gab es Brody.
Ihr und dieses verdammte Loch – ihr könnt mich mal! Ich hab was Besseres gefunden. Den Müll da oben könnt ihr behalten oder verbrennen – ist mir scheißegal. DB
»Kurz und bündig«, murmelte Brody. »Sieht aus, als wäre es auf einem Computer geschrieben worden. Hatte sie
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