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Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Verschlungene Wege: Roman (German Edition)

Titel: Verschlungene Wege: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nora Roberts
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ihren Puls nehmen, oder?«
    »Nein, aber …«
    »Ich habe mir Ihre Zeugenaussage mehrfach durchgelesen. Sie sind davongerannt, haben Brody geholt und sind dann gemeinsam mit ihm zurückgelaufen. Bis Sie wieder dort waren, ist eine gute halbe Stunde vergangen. Kann es nicht sein, dass die Frau einfach wieder aufgestanden und davongegangen ist? Vielleicht immer noch wütend und mit ein paar blauen Flecken, aber gesund und munter?«
    Das Glas war weder halb leer noch halb voll, dachte Reece. Es war einfach nur ein blödes Glas, und sie hatte es mit eigenen Augen gesehen. »Sie war tot. Wenn sie weggelaufen ist – wie erklären Sie es sich dann, dass es keine Spuren gibt? Keinerlei Anzeichen dafür, dass jemand dort gewesen ist?«
    Er schwieg eine Weile, und als er wieder etwas sagte, schwang erneut diese endlose Geduld in seiner Stimme mit. Dieser Tonfall kroch ihr die Wirbelsäule hoch wie eine Spinne. »Sie sind nicht von hier und waren zum ersten Mal auf diesem Wanderweg unterwegs. Sie waren schockiert und verstört. Der Fluss ist lang, Reece. Vielleicht haben Sie sich ja vertan, was die Stelle anbelangt, als Sie mit Brody zurück sind. Meine Güte, es hätte genauso gut eine halbe Meile weiter oben sein können.«
    »So weit kann ich nicht danebenliegen.«
    »Nun, ich habe getan, was ich tun konnte, auch wenn der Fall eine Gleichung mit vielen Unbekannten ist. Ich bin drangeblieben und habe mich bei allen Krankenhäusern in der näheren Umgebung erkundigt. Und es wurde nirgendwo eine Frau eingeliefert, die wegen eines Hals- oder Kopftraumas behandelt werden musste und auf die Ihre Beschreibung passt. Ich werde morgen erneut nachfragen.«
    Sie erhob sich. »Sie glauben, ich habe rein gar nichts gesehen.«
    »Sie irren sich. Ich glaube, dass Sie sehr wohl etwas gesehen haben, das sie verängstigt und bestürzt hat. Aber ich kann nun mal keinerlei Beweise dafür finden, dass Sie Zeugin eines Mordes gewesen sind. Deshalb bitte ich Sie um Folgendes: Lassen Sie mich der Sache weiter nachgehen. Und ich verspreche Ihnen, dass ich nicht lockerlassen werde. Sie dagegen versuchen, die Sache vorläufig zu vergessen. Ich wollte gerade nach Hause zu meiner Frau und den Kindern. Ich nehm Sie mit.«
    »Ich laufe lieber, um einen klaren Kopf zu bekommen.« Sie ging zur Tür und drehte sich noch mal um. »Diese Frau war tot, Sheriff. Und das kann ich nicht einfach vergessen.«
    Als sie weg war, seufzte Mardson laut auf und schüttelte den Kopf. Er hatte getan, was er tun konnte – mehr war von einem Mann wie ihm nicht zu verlangen.
    Jetzt würde er sich seinen Hund schnappen und nach Hause fahren, um mit seiner Frau und den Kindern zu Abend zu essen.

10
     
    Brody nahm sich sein Bier und schob eine Tiefkühlpizza in den Ofen. Als er die Abruftaste seines Anrufbeantworters drückte, spuckte er eine Nachricht von seiner Agentin aus. Der Roman, der im frühen Herbst erscheinen sollte, hatte einen lukrativen Buchclubdeal erzielt. Das sprach dafür, sich zum Abendessen eventuell noch ein zweites Bier zu genehmigen.
    Vielleicht würde er sich von einem Teil des Honorars einen neuen Fernseher gönnen. So einen Plasmafernseher. Den könnte er dann über den Kamin hängen. Aber konnte man Plasmafernseher überhaupt über den Kamin hängen? Oder würde ihn die Hitze sofort zerstören?
    Nun, das ließ sich herausfinden. Es wäre einfach herrlich, sich auf der Couch auszustrecken und auf einem dieser Angeberbildschirme Sport auf ESPN zu gucken.
    Doch noch stand er in der Küchentür, trank sein Bier, sah zu, wie die Dämmerung heraufzog und die Schatten immer länger wurden.
    Die Stille tat ihm genauso gut wie ein Schluck von seinem kalten Bier.
    Er musste noch arbeiten – denn nur wer viel Zeit vor der Tastatur verbringt, kann sich auch einen Angeberplasmafernseher leisten. Er würde wahrscheinlich noch ein paar Stunden an seinem aktuellen Buch sitzen, bis er es für heute gut sein ließ. Außerdem freute er sich darauf, sich in die Arbeit zu stürzen.
    Er musste eine Frau umbringen.
    Doch während er vor seinem Bier saß und wartete, bis die Pizza fertig war, blieb ihm genügend Zeit, an eine andere Frau zu denken.
    Und die war alles andere als leicht verdaulich, denn dafür hatte Reece Gilmore viel zu viele Ecken und Kanten. Aber vielleicht fand er sie gerade deshalb so reizvoll, auch wenn er gar nicht die Absicht gehabt hatte, den Reizen einer Frau zu erliegen. Ihm gefiel ihre Widersprüchlichkeit – ihr Mut und ihre Zerbrechlichkeit,

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