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Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
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drei Brüder«, erklärte Martin, während er an der Winde des Brunnens kurbelte. »Der kleine Mond, der dicht über dem Horizont liegt, heißt Banyak. Die beiden weiter oben nennt man die Zwillinge, Vejan und Xajan. Es heißt, sie jagen einander unablässig. Im Verlaufe so einer Mondjagd holt Vejan immer weiter auf, bis er seinen Zwilling in der Mitte des Zyklus verdeckt. Danach flieht er vor ihm, bis er wieder hinter Xajan liegt und erneut zum Jäger wird. Ein Zyklus dauert etwa dreißig Tage, also wie ein Monat bei uns auf der Erde.«
    Endlich hatte Martin den Eimer hochgezogen und füllte die Schüssel. Wieder drinnen, beorderte er den Jungen auf einen Stuhl und stellte die Schüssel und einen Waschlappen vor ihm ab. »Wasch deine Arme damit, das lindert den Juckreiz. Aber nimm den Waschlappen, wenn du die Male mit den Fingern berührst, aktivierst du sie.«
    »Und woher weiß ich, was ich da aktiviere?«, fragte Tristan, während er sich vorsichtig wusch.
    »Ich kann dir nur zwei einfache Zauber beibringen«. Er krempelte die Hemdsärmel hoch und zeigte ihm seine beharrten Arme. »Wie du siehst, habe ich keine Male.«
    »Aber ich dachte, das Portal …«
    Martin schüttelte den Kopf. »Nein, nur bei den Nachkommen der Archäologen. Ich altere nur so langsam wie alle Menschen von der Erde hier und habe auch große Kräfte, so ähnlich wie du, nur dass meine in der Nähe des Portals nur ein wenig zunehmen, nicht so stark wie deine. Hat Smurk dich einen Stein zerquetschen lassen?«
    Tristan nickte.
    »Das hätte ich nicht geschafft«, fuhr Martin fort. »Und die Male bekommen auch nur die Paladine und ihre Nachkommen. Wie Jessica dir schon schrieb, sie haben das Portlet verzaubert, um niemanden außer ihren Nachkommen mehr durchzulassen. So ganz hat das nicht funktioniert, sonst wäre ich nicht hier, aber immerhin auf die Male haben sie sich ein Exklusivrecht eingeräumt. Und auf unerwünschte Besucher wartet Smurk.« Er grinste.
    »Aber wie bist du dann …«
    »Sagte ich doch schon, lange Geschichte.« Martin eilte in einen Nebenraum und kam mit Brot, einem Laib Käse und getrocknetem Fleisch zurück. Er wickelte alles in Papier. »Frischhaltefolie wäre jetzt nicht schlecht«, murmelte er. »Manchmal vermisse ich schon das eine oder andere«, fügte er an Tristan gewandt zu.
    »Wann warst du das letzte Mal auf der Erde?«
    »Gar nicht mehr, seit ich vor 60 Jahren hergekommen bin.« Er seufzte.
    Tristan wollte schon wieder nachfragen, was es damit auf sich hatte, aber Martin hatte nun oft genug zum Ausdruck gebracht, dass er darüber offenbar nicht sprechen wollte. »Zeig mir bitte die einfachen Zauber, von denen du sprachst«, bat er statt dessen.
    Martin kam um die Theke herum und forderte ihn auf die Arme auszustrecken. »Lass mal sehen. Hier, diese Gruppe von Malen bestimmt die Stärke eines Zaubers. Je größer, desto wirkungsvoller, aber auch anstrengender.« Er deutete auf einige Male auf Tristans linkem Unterarm. »Und hier«, er zeigte auf den rechten Unterarm, »die beiden gleichzeitig für den Lichtzauber. Versuch‘s mal.«
    Zögernd berührte Tristan erst ein mittelgroßes Mal links und dann mit Zeige- und Mittelfinger die beiden rechts. Sie glommen kurz auf – und dann wurde seine rechte Hand warm. Aus den Fingerkuppen ergossen sich helle Strahlen, die auf seiner Handfläche einen leuchtenden Ball formten, der den Schankraum bald hell erleuchtete. Tristans Hand wurde immer wärmer, sogar heiß, und er fing an mit den Fingern zu wedeln, schüttelte die ganze Hand und schloss schließlich unwillkürlich die Faust – das Licht erlosch.
    »Bis auf das unwürdige Gefuchtel, gar nicht übel«, grinste Martin. »Irgendwie kann man die Leuchtkugel auch schweben lassen, aber ich weiß nicht, wie das geht.« Er wurde wieder ernst. »Für den Fall, dass wir angegriffen werden, einen Verteidigungszauber kenne ich auch noch. Dafür musst du nacheinander diese drei berühren.«
    Tristan wählte das kleinste der Stärke-Male und berührte dann die drei, die Martin ihm in der Nähe des rechten Handgelenks gezeigt hatte. »Meine Hand kribbelt.«
    »Genau. Und jetzt zeigst du mit dem Finger … nicht auf mich, nicht auf … « Martin hechtete in Deckung, als ein dünner Strahl aus Tristans Zeigefinger schoss und ihn nur um wenige Zentimeter verfehlte.
    »Cool«, grinste Tristan.
    »Nix cool«, blaffte Martin und rappelte sich wieder auf. »Das war ein Lähmzauber, wenn du mich erwischt hättest, hätte ich mich

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