Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Verschollen

Verschollen

Titel: Verschollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jörg Benne
Vom Netzwerk:
murmelte Martin einem der Tiere zu und es ließ sich auf die Knie nieder. Am Sattel waren zwei Schlaufen für die Füße und nach einigem guten Zureden schwang sich Tristan darauf. Der Sitz war überraschend bequem und an den Griffen hatte man einen guten Halt.
    »So, pass auf. Es gibt einen großen Unterschied zum Pferd. Der Rücken eines Nobos verläuft im Stand nicht gerade, sondern von oben nach unten. Wenn er sich hinstellt, musst du dich vorbeugen, sonst fällst du hintenüber, klar?«
    Tristan versuchte es, musste sich aber trotzdem mit aller Macht an die Griffe klammern, um nicht herunterzufallen, als der Nobo aufstand.
    Martin schwang sich auf sein Reittier, rief: »Zahi«, und die Nobos stürmten los.

 
     
     
    4
     
     
    IM DORF SCHLIEF NOCH ALLES und sie ritten zügig hindurch Richtung Osten – zumindest wenn auch hier im Osten die Sonne aufgeht, dachte Tristan. Es war nur ein breiter Pfad, aber die Nobos schritten zügig und sicher aus. Ihr wiegender Lauf war etwas ungewohnt und anfangs war Tristan ein wenig schwindlig, doch nach einiger Zeit hatte er sich daran gewöhnt und gelernt, wann er sich etwas vom Sitz hochdrücken musste, um die Pendelbewegung weniger stark ausfallen zu lassen. Sie erklommen einen kleinen Hügel, wo die Nobos auf einen »Xashu«-Ruf von Martin anhielten. Der Hügel war der letzte Ausläufer des Vulkans, an dessen Fuß das Dorf lag, und vor ihnen breitete sich eine kilometerweite, bewaldete Ebene aus. Weit im Osten, und doch schon majestätisch groß, erhob sich ein weiterer Vulkankegel in den Himmel.
    »Dorthin müssen wir«, erklärte Martin. »An der Westflanke liegt die Stadt Nephara, dort lebt Meister Johann. Das hier ist der alte Weg zur Hauptstraße, die zwischen Nephara im Osten und der Hafenstadt Dulbrin im Norden verläuft. Seit unser Bergwerk stillgelegt wurde, wird er kaum noch benutzt, also zieh den Kopf ein, der eine oder andere Ast könnte gefährlich tief hängen.«
    »Wie groß sind denn die Städte hier?«, wollte Tristan wissen.
    »Keine Ahnung, ein paar Tausend Einwohner vielleicht, so genau weiß das keiner. Hier gibt es kein Einwohnermeldeamt.« Martin grinste. »Und nun los. Zahi!«
    Mittags erreichten sie die Hauptstraße. Bis dahin hatten sie noch zweimal kurz an einem Tümpel und einem Fluss gehalten, um die Nobos zu tränken und sich abkühlen zu lassen. An der Hauptstraße fanden sich regelmäßig kleine Raststellen mit künstlich angelegten Teichen, die Tristan beinahe an die Parkplätze auf Autobahnen erinnerten. Es gab Bänke und Tische aus Holz für die Reisenden und um den Teich war ein hoher Zaun errichtet, sodass die Nobos nicht fortlaufen konnten, während die Reiter sich ausruhten.
    »Stimmt, fehlen nur noch Hinweisschilder, öffentliche Klos und ein Selbstbedienungsrestaurant«, lachte Martin, auf den Autobahncharakter angesprochen. »Die Nobos sind sehr schnell, aber sie überhitzen leicht, vor allem im Sommer, wenn es auf der Straße keinen Schatten gibt. Deshalb wurden diese Plätze angelegt, vor allem für die Soldaten, damit sie im Falle eines Falles nicht mit völlig erschöpften Reittieren den Ort einer Schlacht erreichen.«
    Tristan war überrascht, wie viel Verkehr hier herrschte. Ständig kamen ihnen Kutschen, Karren oder auch einzelne Reiter – alle mit Nobos – entgegen und sie überholten viele Wanderer, die zu Fuß unterwegs waren. Ein Großteil von ihnen waren Menschen, aber Tristan sah auch seltsame Kreaturen, erhaschte im rasenden Tempo der Nobos aber immer nur einen kurzen Blick auf sie. Er sah Vogelmenschen, die Vanamiri, wie Martin erklärte, die in den Wäldern in geheimen Dörfern wohnten und statt Mund und Nase einen Schnabel im Gesicht hatten. Auch eine Gruppe von Gnomen überholten sie, obwohl man die in Nasgareth nicht mehr oft sah, da es kaum noch Bodenschätze auszugraben gab. Einst hatte ein riesiges Gnomenreich existiert, dessen meilenweit verzweigtes und mittlerweile größtenteils verlassenes Höhlen- und Tunnelsystem man heute nur noch ehrfürchtig die Unterwelt nannte, dozierte Martin.
    Am Nachmittag nutzten sie einen der Rastplätze, um die Nobos zu tränken und ausruhen zu lassen. Tristan ächzte und hielt sich den Rücken, als er abstieg. Er war die ganze Zeit recht verkrampft geritten, immer in der Angst, von einer plötzlichen Bewegung seines Reittiers überrascht und aus dem Sattel geworfen zu werden. Die Art und Weise, wie die Nobos trotz ihres hohen Tempos mitten im Lauf die Köpfe senkten, um

Weitere Kostenlose Bücher