Verschollen
führe!« Und schon eilte sie dem kleinen Trupp voran.
17
SIE HASTETEN DURCH DIE TUNNEL, Rani vorne weg, Martin als Schlusslicht, der sich immer wieder umsah, ob sie nicht doch verfolgt wurden. Tristan wäre gern schneller gerannt, nur raus, endlich raus aus diesen endlosen Tunneln. Doch Darius humpelte noch ein wenig und sie mussten Rücksicht auf ihn nehmen. Gesprochen wurde nicht, nur ihre Schritte und ihr Keuchen waren zu hören. Nicht nur Tristan konnte es nicht so recht fassen, dass sie es geschafft hatten. Erst die Gnome und dann Nurif und sein Rudel. Ob Anubis ihnen wohl verraten hatte, wo die Weibchen und die Welpen des Rudels waren, fragte sich Tristan.
Sie erreichten unbehelligt den nächsten Spiraltunnel und traten den Aufstieg an. Auch wenn jeder Schritt den steilen Gang hinauf mühevoll war, keimte doch die Hoffnung mehr und mehr auf, dass sie es noch schaffen könnten, diesem Labyrinth, das um ein Haar ihr aller Grab geworden wäre, zu entkommen. Nach einigen Minuten im Spiraltunnel begann eine hitzige Diskussion zwischen Jessica und Darius. Er wollte möglichst bald den Gang verlassen, in dem ihnen die Oger oder Wolfsmenschen spielend folgen konnten, Jessica hingegen so schnell wie möglich zur Oberfläche, und da war der Spiraltunnel natürlich der beste Weg. Doch ihr Disput fand ein jähes Ende, als ein rhythmisches Dröhnen durch den Tunnel hallte. Bum-Bum-Bum . Alle blieben stehen.
»Was war das?«, fragte Ilgar. »Und woher kam es?«
Bum-Bum-Bum , leiser als davor.
»Das kam von oben«, stellte Jessica fest. »Aber davor …«
Bum-Bum-Bum . Diesmal eindeutig von unten und wieder lauter, näher.
»Oger, kreisen ein, schnell!«, drängte Rani und hetzte voran nach oben.
Sie mussten es bis zur nächsten Kreuzung schaffen, ehe die Oger sie zwischen zwei Abzweigungen einschlossen. Tristan sah sich nach Martin um – und prallte plötzlich mit Tiana zusammen, die vor ihm stehen geblieben war. Beide stolperten und fielen hin. »Was ist los, bist du in …?«
Tristans Blick fiel auf eine Gestalt, die vor ihnen im Gang stand. Ein Mensch, zumindest soweit er das beurteilen konnte, denn er stand von Tristans Standort aus gesehen im Halbschatten. Doch einige der anderen schienen ihn zu erkennen, vor allem Ilgar und Katmar stand die Überraschung ins Gesicht geschrieben.
»Vater, bist du das?«, keuchte Ilgar. Er stolperte vorwärts, Katmar und Darius hielten ihn jedoch zurück. Ilgar wehrte sich und wollte ihr Hände abschütteln, aber sie hielten ihn eisern fest.
»Tritt näher, Claude«, forderte Jessica. Ihre Stimme bebte.
Claude regte sich nicht, stand einfach nur ungerührt da.
»Lasst mich!«, rief Ilgar und stieß seinem Bruder den Ellenbogen in die Rippen. Katmar stöhnte und ließ ihn los, doch der Griff von Darius blieb eisern.
»Schick das Licht zu ihm, Jessica«, verlangte er.
Sie tat es. Den Atem anhaltend verfolgten sie, wie die Kugel näher zu der Gestalt flog. Doch kurz bevor sie sein Gesicht enthüllen konnte, gab es einen Knall und die Leuchtkugel verlosch abrupt. Bum-Bum-Bum dröhnte es wieder, als ob die Dunkelheit nicht schon drohend genug gewesen wäre.
»Macht Licht«, kreische Tristan unbeherrscht. Seine Nerven waren der neuerlichen Konfrontation nicht gewachsen. »Los, schnell!«
Jessica beschwor eine neue Leuchtkugel und für einen kurzen Moment wurde es hell. Doch gerade, als sie sahen, dass Claude näher gekommen war, gab es wieder einen Knall und die Finsternis kehrte zurück.
»Weg hier«, brüllte Martin. »Lasst uns umkehren.«
»Aber dort sind die Oger, wir müssen an ihm vorbei, wer auch immer das ist«, widersprach Jessica.
Ranis Augen glommen auf, erfüllten den Tunnel mit ihrem schemenhaften Licht, doch alle waren nur als Schatten zu erkennen und Tristan hätte nicht zu sagen gewusst, wer davon Claude war. Bum-Bum-Bum hallte es wieder gefährlich laut von unten.
»Sie hat Recht, wir müssen …«, begann Darius. »Ilgar, nein, bleib stehen.«
Tristan sah nur schattenhafte Umrisse, ein kurzes Gerangel, plötzlich ein markerschütternder Schrei.
»Schildzauber!«, befahl Jessica.
Aber Tristan war hilflos, er kannte seine Male noch immer nicht gut genug, um sie im Dunkeln zu finden. So presste er sich nur an die Wand. Wieder flammte eine Leuchtkugel auf und diesmal blieb sie bestehen. Der Anblick, der sich Tristan bot, ließ ihm den Atem stocken.
»Lass ihn los«, brüllte Katmar. »Du bist nicht unser Vater, du Scheusal.« Mit
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