Verschollen
wankte und fiel. »Elendes Sklavenpack!«, keifte Anubis laut, ohne dass Tristan erkennen konnte, wen er meinte, denn er war hinter den Ogern verborgen. »Wie könnt ihr es wagen …?«
Zischend verlosch eine weitere Fackel und nun war die in Jessicas Hand die letzte Lichtquelle im Raum. Sie tauschte einen schnellen Blick mit Darius, der nickte und sie schleuderte die Fackel kurzerhand einem in der Nähe stehenden Oger ins Gesicht. Martin und die Brüder stürzten mit erhobenen Schwertern vor, während Darius die Mädchen und Tristan hinter das Tor in Deckung drängte. Dort wählte er Zaubermale auf seinem Arm und schoss einen Eisstrahl auf den Oger ab. Sein in Flammen stehendes Haar und die Fackel erloschen und es war stockfinster – fast.
Denn überall glommen rote Augenpaare auf. Was folgte war ein wildes Durcheinander aus Gnomen-Schnaufen, Ogergrunzen, klirrenden Waffen und dem hysterischen Kreischen von Anubis. »Helft mir, Brüder, helft mir!«, rief er. Sie hörten ein Prasseln und mehrere Schreie, als Anubis seine Armbrust abfeuerte und dann zauberte der Nekromant Licht herbei.
In dem bläulichen Licht seiner Kugel sah Tristan, dass er in eine Ecke der Halle gedrängt worden war. Alle Oger lagen tot oder verwundet am Boden. Jessica, Martin und die Brüder hatten sich an eine Wand gedrückt, um im Dunkeln nicht von Freund oder Feind erschlagen zu werden. Mehrere Dutzend Gnome umringten Anubis, doch sie griffen nicht an.
Rani kam zu Jessica gerannt. »Er Schild, wir töten nicht können.«
Jessica wollte schon einen Zauber wirken, aber Darius rief »Halt!« Auf dem Boden hatte er die Armbrust entdeckt und er reichte sie Rani. »Lest ein paar Pfeile auf und beschießt ihn damit. Danach …«
Aus einem der Gänge drang plötzlich ein Heulen, eine Antwort kam aus einem der anderen Tunnel. Als sei dies ein Kommando gewesen, quollen Dutzende von Wolfsmenschen aus den Gängen und die Gnome wichen ängstlich zurück.
Auch Jessica und die Brüder hoben nur die Hände und gesellten sich zu den anderen am Tor. Die Wolfsmenschen rückten mit ausgefahrenen Krallen, gefletschten Zähnen und grollendem Knurren vor. Selbst Anubis schien beeindruckt, lächelte aber, wenn auch unsicher. Denn die Wolfsmenschen griffen die Gnome nicht an, sie trieben sie nur zurück.
Schließlich trat einer der Wolfsmenschen vor, offenbar der Anführer, denn er sah menschlicher aus als die anderen. Er hob die Hände, fuhr die Krallen ein, wohl als Geste, dass er nicht angreifen würde, und trat auf den Gnom zu, der die Armbrust hielt. Wortlos hielt er ihm die Pranke hin und der Gnom übergab ihm die Waffe. Der Wolfsmensch hielt die Armbrust so, dass sie nach oben zeigte, und deutete mit einer Klaue auf die Öffnungen, in die die Pfeile gehörten. Zögernd kamen ein paar Gnome näher und luden die Waffe.
»Was macht ihr da?«, keifte Anubis aus dem Hintergrund. »Bringt diese dreckigen kleinen Zwerge endlich zur Strecke, oder …«
Der Rudelführer knurrte laut und Anubis verstummte abrupt. Während er die geladene Waffe hob, sah der Wolfsmensch zu Jessica und Tristan herüber und zeigte auf einen der Ausgänge. »Geht, Paladine,« grollte er.
Einen Moment herrschte absolute Ruhe in der Halle. Jessica verstand als Erste und sie verneigte sich leicht. »Ich danke euch, Nurif. Ihr kümmert euch um den … Totengott?«
Nurif legte den Kopf schief und fletschte dabei die Zähne. Dann drehte er sich zu Anubis um, eine Gasse teilte sich vor ihm zwischen den Wolfsmenschen.
»Was hat das zu bedeuten?«, kreischte Anubis. »Warum lässt du sie gehen? Ergreift die Paladine oder ich werde euch lehren, was es heißt, sich einem Totengott zu widersetzen.«
»Nein«, grollte Nurif, so drohend, dass Tristan ein Schauer über den Rücken lief. »Wir dich lehren.« Er legte die Armbrust an.
»Wie kannst du es wagen, du primitive Kreatur. Das ist Verrat!«, schrie Anubis außer sich. Er schob die Ärmel seiner Kutte zurück, um seine Zaubermale erreichen zu können, doch Nurif drückte ab, ehe der Adept einen Zauber zustande brachte. Die Wucht der auftreffenden Pfeile riss Anubis von den Füßen und schleuderte ihn gegen die Wand. Achtlos warf Nurif die Armbrust zur Seite und schritt mit wieder ausgefahrenen Krallen auf Anubis zu. Die übrigen Wolfsmenschen stimmten ein wildes Geheul an.
»Kommt«, zischte Jessica und zog die anderen zu dem Ausgang, auf den Nurif gezeigt hatte. »Lasst uns verschwinden. Rani?«
Die Gnomin kam herbei. »Ich
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