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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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wußte aber auch, als Dauerzustand würde es sie ziemlich langweilen. Sie war nicht der Typ dafür. Deswegen war sie auch mit Herrn Schweitzer zusammen, bei dem man nie wußte, in welches Abenteuer er sich als nächstes stürzte. Hätte sie es anders gewollt, hätte sie bloß zugreifen brauchen. 08/15-Typen mit 08/15-Jobs waren ihr zuhauf über den Weg gelaufen. Die meisten hätten sie mit Kußhand genommen. Doch was dann? Kinder, Haushalt, vielleicht eine Halbtagsstelle als Verkäuferin? Nein danke. Einige dieser frustrierten Frauen hatte sie kennengelernt. Mit keiner von ihnen hätte sie tauschen wollen. Früher oder später waren sie alle emotional am Ende und fügten sich in ihr Nicht-Leben. Und soffen heimlich, daß die Wände wackelten. Tranquilizer, daß die Leber schrie. Und selbst wenn ihnen irgendwann, oft viel zu spät, die Erkenntnis doch noch kam, erfolgte der Befreiungsschlag mit einer solchen Heftigkeit, daß er zwangsläufig in einer familiären Trümmerlandschaft münden mußte. Kaum ein Mann, der dem gewachsen war, die Monotonie der Ehe hatte auch ihn abgestumpft. Die tägliche Arbeit war sein Panzer, Karriere und Überstunden machten ihn unverwundbar. Auch blind und gefühllos. Die metaphorische Lava erwischte ihn im Tiefschlaf, kein Rauchwölkchen hatte sie angekündigt.
    So kam es, daß Maria von einer Zufriedenheit beschlichen wurde, die sie mit einer Gänsehaut versah. Ihr eigenes Leben mit all den notwendigen Auslandsreisen war aufregend, das von Simon mitunter gefährlich. Sie dankte dem Glück, denn ohne konnten Abenteuer auch in Katastrophen enden. Das hatten Abenteuer so an sich. Abenteuer und Glück – das war die Mixtur des Lebens. Die Essenz, aus der sich Momente wie dieser generierten. Die Leben bedeuteten oder zumindest suggerierten. Maria stand auf, verscheuchte die Fliege von Simons Nase und küßte ihn zart auf die Stirn.
    Auch Pepsi, die mit halbgeschlossenen Augen im Schatten der Hängematte lag, bedachte sie mit einem Streicheln, ehe sie sich auf die Wohnzimmercouch begab. Der Sonnenschirm war nicht groß genug, um beides, Hängematte und Liegestuhl, vor der immer noch brütenden Spätnachmittagssonne zu schützen.
    Er war blaßfarbig. Tut mir leid, aber wenn ein Mensch brauner Hautfarbe hierzulande als Farbiger bezeichnet wird, dann ist ein Mischlingskind aus einer Verbindung mit einer Weißen eben ein Blaßfarbiger. Demjenigen, der diesen Begriff einst kreierte, dem gehört links und rechts eins auf die Backen gehauen. Farbig sind Smarties und manche Bilder von Kandinsky, aber niemals Menschen. Clowns schon, aber da wird die Farbe nachträglich aufgetragen.
    Außer blaßfarbig war Robert Johns noch Besatzungskind und Enthüllungsjournalist von Kindesbeinen an. Sobald er im Alter von noch nicht einmal vier Jahren die ersten zusammenhängenden Sätze verständlich formulieren konnte, enthüllte er seinem leiblichen Vater Namen, Aussehen und Sexualleistung des regelmäßig in der elterlichen Wohnung verkehrenden Nebenbuhlers. Später, in der Schule dann, entwickelte er erste detektivische Ansätze, indem er den Großen nachschlich. Deren heimliche Raucherei wurde direkt bei der Klassenlehrerin enthüllt. Konsequent hatte er seinen Lebensweg fortgeschritten. Als Jugendlicher absolvierte er bei den Amis eine Ausbildung als Zollfahnder auf der Frankfurter Airbase. Die meisten der damals aus Vietnam herausgeschmuggelten Drogen wurden von ihm entdeckt. Auf Dauer wurde ihm seine Tätigkeit zu eintönig, weswegen er einundzwanzigjährig zum Journalismus wechselte. Kraft seiner ausgeprägten Spürnase gehörte er alsbald zum inneren Zirkel der Erfolgreichen. Zeit seines Lebens blieb er selbständig. Selbst für die New York Times war Robert Johns allererster Ansprechpartner, wenn es um Deutschlandreportagen ging. Daß er zweisprachig aufwuchs, war von großem Vorteil. Spezialgebiete hatte er keine. Alles, was aufgedeckt werden konnte, weckte seine Neugier.
    Der Bericht einer deutschen Presseagentur war vor einigen Minuten per Mail eingegangen. Nun hing er am Telefon und klapperte die Hotels ab. Im Namen des russischen Botschafters wünschte er, ganz dringend einen Herrn Alexander Michailovitsch zu sprechen. Die Vehemenz in seiner Stimme machte jeden Gesprächspartner gefügig. Bislang jedoch hatte er keinen Treffer verzeichnet. Sein ausgeklügeltes System der persönlichen Bewertung der in Frage kommenden Hotels war ihm zum Verhängnis geworden. Für jedes Bett hatte er den

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