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Verschollen im Taunus

Verschollen im Taunus

Titel: Verschollen im Taunus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frank Demant
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Auch Polizisten waren nur Menschen.
    Obwohl man seine Wünsche nur unzureichend erfüllte, gab sich Herr Schweitzer dann auch kooperativ, nachdem er den Gin mit Wasser verdünnt hatte. Er machte seine Aussage, soweit sein Erinnerungsvermögen mitspielte. Ein Aufnahmegerät zeichnete alles auf. Leise surrte die Klimaanlage. Von Zeit zu Zeit nippte der Detektiv am Glas und schenkte nach. Gegen Ende war er entspannt wie lange nicht mehr. Da der zuständige Experte heute frei hatte, sollte er morgen noch einmal erscheinen, um bei der Erstellung des Phantombilds des überlebenden Entführers behilflich zu sein.
    Alles hätte für heute gut sein können, wäre da nicht noch die Frage nach seinem Honorar aufgekommen. Wahrheitsgemäß und mechanisch hatte Herr Schweitzer „Zehntausend Euro“ geantwortet. Die ganze Wahrheit war allerdings, daß er als Anzahlung von Michailovitsch erst die Hälfte erhalten hatte, was ihm auch umgehend bewußt wurde. „Mist“, entfuhr es ihm.
    Der Beamte: „Was ist Mist?“
    „Der Schurke schuldet mir noch fünftausend Euro.“
    „Die wollen Sie sich doch nicht allen Ernstes noch abholen? Seien Sie froh, daß Sie überhaupt noch am Leben sind.“
    Das wiederum sah Herr Schweitzer völlig anders. Angesichts dessen, was ihm widerfahren war, müßte er das Honorar sogar noch verdoppeln. Mindestens. Doch um keine weitere Unruhe hier im Präsidium aufkommen zu lassen, sprach er die salbungsvollen Worte: „Bei Gott, natürlich nicht. Verzeiht ihnen ihre Sünden. Was bedeutet schon der schnöde Mammon, wenn auf unsre Seelen legt sich himmlischer Frieden?“
    Weder Schmidt-Schmitt noch der Vernehmungsbeamte konnten damit etwas anfangen. Irritiert schauten sie einander an. Sekundenlang. Bis sich die nunmehr nur noch halbvolle Ginflasche in ihrem Fokus befand. Dort fanden sie die Erklärung fast gleichzeitig. Wie Marionetten an ein und demselben Faden nickten sie.
    Der Beamte: „Gut. Das war’s. Ich denke, wir werden Sie erst morgen wieder brauchen und wenn wir den zweiten Entführer geschnappt haben. Zur Identifizierung. Sie verstehen?“ Er schaltete das Aufnahmegerät aus.
    „Okay.“ Herr Schweitzer erhob sich mit schmerzenden Gliedern. Schmidt-Schmitt reichte ihm die Krücke.
    Ein weiteres Mal erfüllte der Soundtrack zur neuen Tanzschulen-Werbung die Flure.
    Die Türen des Twingos waren geöffnet, als Maria fragte: „Was war denn das eben?“
    „Was?“
    „Mir war, als hätte ich eben ein Geräusch gehört.“
    Da war es wieder, diesmal schon lauter, so daß es auch Herr Schweitzer hörte. Er öffnete den Kofferraum, denn von dort hatte er es vernommen.
    Ein sichtlich mißgelauntes schwarzes Kätzchen mit weißen Pfoten fauchte ihn an.
    „Darf ich vorstellen?! Maria, das ist Pepsi. Pepsi, das ist Maria, meine Freundin.“
    Die Katze war wohl unbemerkt hineingesprungen, als Maria die Tüte mit Herrn Schweitzers frischen Klamotten in Oberreifenberg aus dem Kofferraum geholt hatte.
    Herr Schweitzer war ein Sturkopf. Wenn er sagte, er würde erst morgen zum Arzt gehen, dann würde er auch erst morgen zum Arzt gehen, da konnte Maria von Unverantwortlichkeit quasseln, was sie wollte. Schmidt-Schmitt war am Mühlberg ausgestiegen. Für den späteren Abend war man im Weinfaß verabredet. So, wie es sich gehörte.
    Zeit für Gedanken. Maria saß in einem Liegestuhl in ihrem Atriumsgarten und betrachtete mit einem wohligen Gefühl in der Magengegend ihren Simon, der leise schnarchend wie ein schlaffer Sandsack in der Hängematte hing. Leblos baumelte der linke Arm herab und Pepsi machte sich am Gürtel seines Bademantels zu schaffen.
    Durch die Nähe zum Frankfurter Stadtwald waren hier oben mehr Fliegen unterwegs als in anderen Wohngebieten. Einige ließen sich von Zeit zu Zeit auf Herrn Schweitzers Gesicht nieder, ohne daß es ihn zu stören schien. Durch die mehrere Tage anhaltende Enthaltsamkeit hatte der Joint, dem er kaum Tabak beigemischt hatte, ihn mit einer Wucht niedergestreckt, als wäre er direkt in einen Laster gelaufen. Maria freute sich des Lebens. Das spielende Kätzchen gab ihr das Gefühl, Bestandteil eines idyllischen Familienlebens zu sein. Eines Familienlebens, das zu erstreben nie ihr Ziel gewesen war. Und doch war sie gerade jetzt davon ziemlich angetan. Sie war nicht dumm. Sie wußte genau, daß es von der überstandenen Angst um ihren Simon herrührte. Als Momentaufnahme ließ sie es geschehen. Maria gestand sich sogar ein, daß sie es genoß, sich daran labte. Sie

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